Zurück zur Übersicht
15:51 Uhr - 08.12.2014

Auch Saint-Gobain ist «überrascht»

Das Management des französischen Bauzulieferkonzerns wurde von der ablehnenden Haltung der Sika-Führungsgremien überrascht. Sie sei nicht im Interesse der Aktionäre.

Auch Saint-Gobain (SGO 34.82 -6.49%) zählt sich zu den Überraschten. Man habe am Samstagmorgen den Verwaltungsratspräsidenten und das Management von Sika (SIK 3045 -21.64%) getroffen, und dabei hätten «gute und konstruktive Gespräche stattgefunden», betonte Pierre-André de Chalendar, CEO des französischen Baustoffkonzerns.

Umso erstaunter sei er über das «komplett veränderte Verhalten» einen Tag später gewesen. Die Führungsleute von Sika hätten nicht gut reagiert, meinte de Chalendar im Gespräch mit «Finanz und Wirtschaft», das sei doch nicht im Interesse der Gesellschaft und der Aktionäre.

Es droht ein Substanzverlust im Management

Er deutete an, bis zum Abschluss der Transaktion offen für weitere Gespräche zu sein; doch die Situation ist verfahren, die Gefahr eines erheblichen Substanzverlusts gross.

Saint-Gobain zählt mit einem Umsatz von über 40 Mrd. € zu den zehn grössten Unternehmen in Frankreich und ist seit 1937 in der Schweiz präsent. Vor zehn Jahren erwarb das Unternehmen den Badezimmerausstatter Sanitas Troesch, ebenfalls aus einem Familienbesitz. Das Management blieb.

Der heutige CEO, Michael Schumacher, bestätigte gegenüber FuW, Saint-Gobain habe in der Tat einen langfristigen und dezentralen Ansatz. Bei Sika ist man anderer Meinung.

Es ging ziemlich schnell über die Bühne

Die Franzosen kommen einfach zu ihrer Kontrollmehrheit. Die bisherige Besitzerfamilie sei «vor einigen Wochen» auf sie zugekommen. Saint-Gobain beabsichtigt laut dem CEO nicht, den Kapital- und Stimmenanteil zu erhöhen, geschweige denn, sämtlichen Sika-Aktionären ein Übernahmeangebot zu unterbreiten.

Für den Konzern sei die Übernahme der Kontrolle von Sika «ein bedeutender strategischer Schritt», sagte de Chalendar an einer Präsentation in Zürich. Ziel von Saint-Gobain sei, das organische Wachstum zu beschleunigen, die Kapitalintensität zu verringern und mehr wertschöpfungsintensive, höhermargige Produkte im Angebot zu führen – all das werde mit Sika, einem «fantastischen Unternehmen mit einer sehr starken Marke», erreicht.

Saint-Gobain ist bereit, der Besitzerfamilie für die Kontrolle einen happigen Paketaufschlag von 80% auf dem Börsenkurs vom Freitag zu bezahlen. Die Mehrheit ermögliche es, Synergien bzw. Einsparungen im Einkauf, in der Administration und im Kapitaleinsatz zu realisieren, unterstrich der CEO.

Bedeutende Synergien – oder doch nicht?

Die Synergien werden im Zeitraum bis 2019 auf 180 Mio. € vor Steuern beziffert, davon 70 Mio. € für Sika. Das entspricht 16% des Betriebsergebnisses 2013 des Schweizer Unternehmens. Das Management von Sika selbst glaubt nicht an grosse Synergien.

Weil Saint-Gobain die Kontrolle erwirbt, wird Sika gemäss IRFS-Rechnungslegungsregeln voll konsolidiert. Das steigert die Rate des organischen Wachstums und die operative Marge des französischen Gesellschaft.

In der untersten Zeile der Erfolgsrechnung bleiben allerdings nur 16% Gewinnanteil. Dieser übertreffe die Finanzierungskosten bereits im ersten Jahr, sagte Finanzchef Laurent Guillot gegenüber FuW. 2016 bringe der Deal einen positiven Cashflow.

Aktionäre von Saint-Gobain auch nicht begeistert

Aktionärswert wird mit der Akquisition allerdings erst im vierten Jahr geschaffen – sofern die erwarteten Synergien gehoben werden. Die Begeisterung der Saint-Gobain-Aktionäre hielt sich am Montag denn auch in Grenzen. Die Titel büssten über 6% ein und notieren ein Viertel unter dem Jahreshöchstkurs. 2007 wurden die Aktien zu einem doppelt so hohen Wert gehandelt.

Hat Ihnen der Artikel gefallen? Lösen Sie für 4 Wochen ein FuW-Testabo und lesen Sie auf www.fuw.ch Artikel, die nur unseren Abonnenten zugänglich sind.

Seite empfehlen



Kopieren Sie den Link [ctrl + c] und fügen Sie ihn in ein E-Mail ein [ctrl + v]. Aus Sicherheitsgründen ist kein Versand von E-Mails direkt vom VZ Finanzportal möglich.