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11:01 Uhr - 24.09.2014

«Aktionäre werden auch in Zukunft gut bedient»

Lutz-Peter Wilke, Portfoliomanager, BlackRock Global Multi Asset Income Fund, freut sich an hohen Ausschüttungen und bevorzugt amerikanische den europäischen Aktien.

«IT, Energie und Pharma stehen in unserer Favoritenliste zuoberst.» Bild: ZVGHerr Wilke, haben Sie Verständnis dafür, dass viele Investoren hohe Cashbeträge halten, oder ist dabei sein an den Märkten alles?
Die Cashreserven sind tatsächlich hoch, und zwar weltweit. Einige dieser Gelder, gerade von Unternehmen, werden im nächsten Jahr in Bewegung kommen, wenn in den USA die Zinsen steigen. Nicht zuletzt erfährt das einfache Bankkonto dadurch eine Aufwertung. In Europa ist der hohe Cashbestand auch ein Spiegel der Angst. Als viele Anleger dachten, die Finanzkrise sei überwunden, gab es neue Probleme,  sodass sie – anders als Investoren in Regionen mit dynamischerer Wirtschaftsentwicklung – wieder vorsichtiger  geworden sind. Überhaupt sind die regionalen Unterschiede ein interessantes und vielversprechendes Thema, gerade wenn wir schauen, wie stark weiterhin die Investitionen aus Asien in europäische und in amerikanische Anleihen sind. Die regionalen Unterschiede werden sich in den kommenden Jahren noch akzentuieren, und damit entstehen neue Chancen an den Anlagenmärkten.

Muss sich beeilen, wer viel Cash besitzt? Bargeld hat immerhin den Vorteil, dass es nominal gegen Verlust geschützt ist.
Beeilen nicht unbedingt, aber Anleger sollten sich Gedanken machen, was sie mit diesem Geld anfangen wollen. Eine grössere Korrektur und damit ein wesentlich günstigeres Einstiegsniveau an den Märkten erwarten wir nicht. Denn weiterhin ist der Anlagestau gross. Viele Unternehmen investieren zwar wieder, aber die generellen Wachstumsaussichten sind nicht so, dass jetzt gleich die Schleusen für neue Projekte geöffnet werden. Das Gleiche gilt für den Konsum. Es werden weiterhin hohe Liquiditätsreserven gehalten, und die Aktionäre werden davon profitieren.

In welcher Form?
zoomNehmen wir Apple (AAPL 102.64 1.56%): gut geführt, mit neuen, sehr profitablen Produkten, die einen hohen Cashflow bringen. Der US-Technologiekonzern ist strukturell in der Lage, weiterhin  stark zu wachsen, und hat 120 Mrd. $ Cash in der Kasse. Mit einer nur kleinen Veränderung der Ausschüttung hat er es geschafft, den Aktienkurs wieder auf Touren zu bringen. Das sind Situationen, die uns als einkommensorientiertem und konservativ geführtem, global ins gesamte Anlagespektrum investierendem Fonds gefallen. Alle Statistiken belegen, dass die Ausschüttungsquote der Unternehmen durchschnittlich noch immer niedrig ist. Das heisst, die Gesellschaften haben weiterhin die Möglichkeit, die Dividende schneller zu steigern, als der Gewinn wächst. Viele von ihnen werden ihre Kapitalstruktur noch stärker optimieren und die Aktionäre vermehrt am Erfolg partizipieren lassen.

Der Multi-Asset-Strategy-Bereich von BlackRock verwaltet rund 40 Mrd. $. Anlagenot hat er nicht?
In einer Weltwirtschaft, die sich nicht schnell bewegt, aber verhältnismässig robust ist und in die richtige Richtung steuert, gibt es viele Anlagemöglichkeiten. Nicht nur bei Aktien, sondern auch bei Anleihen – zumal wenn sich die regionalen Unterschiede akzentuieren.

Dementsprechend unterscheiden sich auch die Bewertungen. Sind US-Aktien, im regionalen Vergleich am höchsten bewertet, noch attraktiv oder überteuert?
Die höhere Bewertung der US-Märkte hängt auch damit zusammen, dass sie liquider sind und die amerikanische Wirtschaft besser in Form ist als die europäische oder die Ökonomie in gewissen Schwellenländern.  Bei global unterschiedlicher Bewertung kann man ein Portfolio viel besser diversifizieren, einschliesslich der Währungen. Eine steigende Zinskurve in den USA wird den Dollar weiter stimulieren, wodurch sich vielen Investoren in Europa und in Asien eine zusätzliche Ertragsquelle erschliesst. Ein deutscher Investor zum Beispiel ist nicht an den deutschen Finanzmarkt gebunden, er kann seinen Ertrag global zusammenstellen. Diese Möglichkeit hat in den vergangenen Jahren aufgrund der synchronen Geldpolitik kaum mehr bestanden. Der Einfluss der Notenbanken bleibt gross und muss nicht schlecht sein. In Europa hat die EZB dieses Jahr zwei Mal positiv überrascht, gefolgt von guten Erträgen an den Anlagemärkten.

Anleger kaufen gerne, was sie kennen. Das ist der Heimmarkt. Sie raten davon ab?
Nicht unbedingt, aber man muss mindestens global vergleichen und die relativen Veränderungen unter den Märkten in Rechnung stellen: Spanien beispielsweise hatte vor zwei Jahren hohe Zinsen geboten, das ist inzwischen verschwunden. Der Investor aus Spanien kann heute wählen zwischen einer Anleihe am Heimmarkt und einer in den USA und stellt fest: Die US-Rendite ist höher als die spanische, bei  durchschnittlich erst noch besserer Kreditqualität.

Was favorisiert BlackRock?
zoomAls Grundstruktur haben wir in unserer Multi-Asset-Strategie drei Teile: traditionelle Anleihen, traditionelle Aktien und alles, was nicht traditionell ist – darunter Themen, mit denen sich Privatinvestoren weniger auseinandersetzen, wie zum Beispiel Master Limited Partnerships, Real Estate Investments, Emerging-Markets-Anleihen und Preferred Stocks. Das sind hybride Wertpapiere, die zwischen einer Aktie und einer Anleihe liegen, mit einer fixen Auszahlung, und auch wie Anleihen gehandelt werden. Auf der Bondseite sind das ganz interessante Werte, mehrheitlich von Banken ausgegeben, die ihre Bilanz weiter stärken müssen und dazu attraktive Konditionen bieten. Wir mögen sie, anders als Coco Bonds, die zu Aktien werden, wenn etwas schiefläuft, und damit nicht zu unterschätzende Risiken bergen. Das Portfolio teilen sich die drei  genannten Kategorien aktuell zu je rund einem Drittel, gemessen am Ertrag sind Aktien der wichtigste Teil.

Was passiert, wenn die Zinsen steigen?
Aufgrund der kurzen Laufzeiten im Bondportfolio macht uns ein Zinsanstieg keine Angst. Und was die Aktien angeht,  räumen wir ihnen weiterhin gute Ertragschancen ein. Als taktische Variante verkaufen wir auf gewissen Aktien, denen wir kurzfristig wenig Aufwärtspotenzial beimessen, Optionen und erwirtschaften damit einen nicht geringen Mehrertrag mit kontrolliertem Risiko.

Die USA versus Europa versus Emerging Markets, was kommt zuerst?
Erste Wahl sind trotz höherer Bewertung die USA. In einem zyklisch expandierenden Umfeld haben sich Aktien historisch immer gut entwickelt, das wird dieses Mal kaum anders sein. Der US-Markt ist vor allem aus taktischer Sicht, auf Sicht von sechs Monaten, interessant. Strategisch, auf zwei bis drei Jahre hinaus, schiebt sich Europa in den Vordergrund, günstig bewertet und mit strukturellen Reformen, die allmählich doch Wirkung zeigen werden. Und vergessen wir Japan nicht, das sich zu einer freundlicheren Aktionärspolitik durchringen wird. Als weniger gut beurteilen wir, zumindest kurzfristig, die  Schwellenländer. Die Dollarstärke macht einigen von ihnen Bauchweh. Ihre Währungen orientieren sich am Greenback und schmälern so die Exportchancen.

Welche Sektoren gehören ins Körbchen?
Zyklische, zumal defensive Sektoren wie Telecom und Versorger relativ teuer sind. Die Ausnahme unter den defensiven Titeln ist die Pharma. Die Stabilität, das Wachstumspotenzial, die strukturellen Veränderungen, die sich noch beschleunigen  werden, die Möglichkeit, neue Medikamente gerade am wichtigen US-Markt zu platzieren, sind starke Argumente für Pharmawerte.

Denken Sie dabei auch an die Schweiz?
Absolut. Roche (ROG 283.2 0.35%) und Novartis (NOVN 88.15 0.46%) sind kerngesunde Unternehmen mit vielversprechenden Produkten und starker Position in den USA. Zudem unterliegen die Aktien geringen Schwankungen und sind wie viele Pharmatitel attraktiv bewertet, attraktiver als die Bonds von Pharmakonzernen.

Was drängt sich unter den Zyklikern auf?
Informationstechnologie und Energie stehen zuoberst auf unserer Liste. IT-Investitionen sind zur Effizienzsteigerung für viele Unternehmen unerlässlich, was Anbietern wie beispielsweise SAP (SAP 57.33 -0.12%), die sich geschickt verstärkt haben, in die Hände spielt. Gross ist der Investitionsbedarf auch im Energiebereich, der von der Bewertung her generell vielversprechend aussieht. Einer der Schwerpunkte ist die Modernisierung der Energieinfrastruktur in den USA. Vor zwei Jahren noch war es kaum möglich, Erdöl zum Beispiel von North Dakota nach New York zu bringen. Es war billiger, Öl von Angola zu beziehen.  Auch in Europa sind Energieaktien wie auch Titel von Zulieferern günstig und kaufenswert, etwa Eni (ENI 18.345 1.13%) – nicht wegen Italien, sondern aufgrund der globalen Ausrichtung des Konzerns. Solche Möglichkeiten gibt es in der Eurolandperipherie noch mehrere.

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