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16:15 Uhr - 23.07.2015

Roche will bei Multipler Sklerose vorwärtskommen

Der Pharmakonzern will stärker im Markt für Multiple Sklerose Tritt fassen. Dort warten Unternehmen wie Biogen. Das Halbjahresresultat darf als solid bezeichnet werden.

Der Pharmakonzern Roche (ROG 278.3 1.13%) (RO 272.25 0.93%) ist bekannt für seine Innovationskraft in der Onkologie. Auch jetzt ist die Pipeline mit aussichtsreichen neuen Präparaten gefüllt. Atezolizumab, ein Wirkstoff, der das Immunsystem im Kampf gegen Krebs mobilisiert, ist auf Kurs für die Zulassung in den wichtigsten Märkten USA und EU. Für einmal standen an der Bilanzmedienkonferenz zu den Halbjahreszahlen (vgl. Textkasten rechts) Roche mit solidem ErgebnisDer Umsatz des Pharmakonzerns Roche ist im ersten Halbjahr währungsbereinigt 6% auf 23,6 Mrd. Fr. gestiegen. Der um Sondereffekte bereinigte Gewinn legte 2% auf 9,2 Mrd. Fr. zu. Dass der Gewinn weniger stark wuchs als die Einnahmen, lag daran, dass Roche in der Vorjahresperiode einen ausserordentlichen Gewinn aus der Rückgabe der Vertriebsrechte am Neutropenie-Medikament Filgrastim an die US-Biotechgesellschaft Amgen erzielt hat. Ohne sie hätte der Profit 7% zugelegt. Das Halbjahresresultat darf als solid bezeichnet werden. Mit den Zahlen hat das Unternehmen die Basis gelegt, um die Zielvorgaben für 2015 zu erfüllen. Es rechnet mit einem Umsatzwachstum zu konstanten Wechselkursen im unteren bis mittleren einstelligen Prozentbereich, der Zuwachs beim Gewinn soll darüber liegen. Wie erwartet wurde der Ausblick beibehalten. Zum Wachstum beigetragen haben vor allem die Brustkrebsprodukte Herceptin, Perjeta und Kadcyla, das Leukämiemedikament Rituxan und das gegen diverse Krebsarten einsetzbare Avastin. Das durch den Kauf der US-Biotechgesellschaft InterMune erworbene Esbriet erzielte einen Erlös von 229 Mio. Fr. Damit steuerte es alleine fast 40% zum Wachstum von Roche bei. «Der Umsatz des Medikaments entwickelte sich besser als erwartet», sagte CEO Severin Schwan an der Bilanzmedienkonferenz. Insgesamt legte die Pharmasparte währungsbereinigt 5% zu. Die Diagnostik entwickelte sich mit einem Zuwachs von 7% auf 5,2 Mrd. Fr. ebenfalls erfreulich. Die Sparte profitierte vom Bedarf nach Diagnostiklösungen in den Schwellenländern. Zudem hat sie Marktanteile in der Molekular- und Gewebediagnostik gewonnen. aber weniger die Krebsprodukte im Vordergrund. Vielmehr ging es um die Fortschritte, die Roche in der Entwicklung von Präparaten ausserhalb der Onkologie gemacht hat.

Zu reden gab mitunter das Medikament Ocrelizumab gegen Multiple Sklerose (MS). Bereits im Juni präsentierte die Gesellschaft positive zulassungsrelevante klinische Eckdaten zum Präparat. Noch sind die detaillierten Werte nicht bekannt. Sie werden im Oktober publiziert und werden weitere Anhaltspunkte geben, ob das Produkt im grossen aber stark umkämpften Markt für Mittel gegen MS mithalten kann. CEO Severin Schwan verrät zwar noch keine Details. Seine Aussage, er freue sich darauf, sie in drei Monaten präsentieren zu können, lässt aber positive Nachrichten erwarten.

Roche wird sich bei einer allfälligen Zulassung mit der US-Biotechgesellschaft Biogen (BIIB 393.64 0.48%) messen müssen. Sie ist mit ihrem Medikament Tecfidera auf Erfolgskurs. Das Präparat erzielte zwei Jahre nach Einführung bereits einen Umsatz von 2,9 Mrd. $. In diesem Jahr sind es nach Ansicht der Analysten nochmals eine Milliarde mehr. Auch andere Pharmaunternehmen wie Sanofi aus Frankreich oder das Schweizer Biotech-Aushängeschild Actelion (ATLN 143.9 0.28%) haben Produkte in der Pipeline. Weltweit leiden rund 2,3 Mio. Menschen an Multiple Sklerose.

Ein weiteres Gebiet, auf dem Roche neben der Onkologie gerne die Führungsrolle einnehmen würde ist Alzheimer. Der Markt für Medikamente zur Behandlung der Krankheit ist gross. 44 Mio. Menschen leiden an Demenz. Jedes Jahr werden 7,7 Mio. Personen diagnostiziert, Alzheimer ist dabei die häufigste Form. Wie viele andere Pharmahersteller, scheiterte aber auch Roche bis anhin mit der Entwicklung neuer Wirkstoffe.

Bei den zwei, in bisherigen klinischen Tests wenig wirkungsvollen Alzheimerwirkstoffen, hat Roche nun nochmals Mut geschöpft. Nachdem sie die  Daten aus den gescheiterten Studien ausgewertet hat, will sie nun die Präparate erneut auf ihren Effekt überprüfen. «Wir sind vorsichtig optimistisch, dass die beiden Medikamente trotz misslungener Tests dennoch zu einer Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten bei Alzheimer-Patienten beitragen», begründete Schwan den Entscheid. «Wir werden die dafür notwendigen Gelder aber sehr vorsichtig einsetzen», sagte er angesprochen auf die hohen Risiken auf dem Gebiet.

Rund die Hälfte des Umsatzes erzielt der Pharmakonzern in der Onkologie. Der Markt für Präparate zur Behandlung von Krebs ist zwar margenträchtig. 2014 erzielte die Gesellschaft eine Profitabilität von 37% und liegt damit deutlich über dem Branchenschnitt von 32%. Der Markt ist allerdings auch entsprechend umkämpft. Der wissenschaftliche Fortschritt und die hohen Gewinnaussichten treibt viele Biotechgesellschaften und Pharmakonzerne in die bis anhin unbestrittene Domäne von Roche. Die Konkurrenz wird grösser.

Ein stärkerer Umsatzanteil von Wirkstoffen ausserhalb der Onkologie, könnte damit das Profil der Gesellschaft stärken und damit für Auftrieb in den Genussscheinen sorgen. Sie sind auf Basis der Fuw-Gewinnschätzung für 2016 zu einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 18 bewertet und liegen damit im Schnitt europäischer Pharmatitel. Ein Mix aus bereits zugelassenen Wachstumsprodukten und potenziell umsatzstarken Präparaten in der Entwicklung, machen die Valoren zu einem attraktiven Investment.

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