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15:45 Uhr - 19.09.2014

SAP knüpft für viel Geld am Netz der Netzwerke

Der Softwarekonzern schluckt für 8,3 Mrd. $ den Reiseabrechnungsanbieter Concur. Die Aktien verlieren.

Der Softwareriese SAP (SAP 57.84 -3.42%) versteht sich mehr und mehr als Unternehmensnetzwerkmanager und stärkt das Geschäft in der Datenwolke Cloud weiter. Rund 8,3 Mrd. $ legt er nun für den Reiseabrechnungsanbieter Concur Technologies (USA) auf den Tisch, was einen Aufschlag von gut 20% auf den Schlusskurs von Concur am Donnerstag bedeutet. Die Transaktion ist die grösste in der Geschichte des Walldorfer Konzerns. In Frankfurt büssten die SAP-Valoren bis Freitagmittag 3,6% ein.

Über 50 Mio. Cloud-Nutzer

In einer Telefonkonferenz in der Nacht auf Freitag sagte SAP-Chef Bill McDermott, für das «grösste Geschäftsnetzwerk der Welt», also SAP, sei dies ein grosser Schritt vorwärts. Der Konzern komme nun auf über 50 Mio. Cloud-Nutzer und ein jährliches Transaktionsvolumen von 600 Mrd. $ – mehr als Amazon (AMZN 327.8 0.86%), eBay und Alibaba zusammen, so McDermott. Es sei ein unnachgiebiges Bekenntnis dazu, die Art und Weise, wie Unternehmen zusammenarbeiten und ihre Geschäfte abwickeln, zu «transformieren». Abgeschlossen werden soll die Transaktion spätestens im ersten Quartal 2015.

Gemäss SAP soll Concur erstmals 2016 einen gewinnmehrenden Beitrag liefern. Zu den 23 000 Concur-Kunden zählen rasch wachsende Online-Anbieter wie der Zimmervermittler Airbnb oder der Taxikonkurrent Uber. Die Commerzbank (CBK 12.96 1.13%) bezeichnet die Bewertung von Concur mit dem 9,7-fachen Umsatz (Schätzung 2015) als sehr hoch. Auch sei fraglich, ob es sich um die richtige Wahl handle.

Da das Cloud-Geschäft zumindest in den ersten Jahren niedrigere Margen abwirft als das traditionelle Lizenzgeschäft, könnte auch das Ziel der Ebit-Marge von 35% (Non IFRS) per 2017 wackeln, das SAP ausgegeben hat. Zudem engt sich der finanzielle Spielraum für weitere Akquisitionen ein, SAP muss nun Wachstumsziele mehr aus eigener Kraft erreichen.

Finanzieren wird SAP den Kauf durch 7 Mrd. € neue Kredite. Die Ratingagentur S&P stufte die Langfristkreditwürdigkeit von SAP am Freitag mit A und stabilem Ausblick ein. Im Vergleich zu Wettbewerbern wie Oracle (ORCL 39.71 -4.43%) liege sie niedriger, weil die operativen Margen tiefer und keine hohen Barmittelüberschüsse vorhanden seien. Seit 2012 hat SAP bereits den Personalmanagementsoftware-Anbieter Successfactors (3,4 Mrd. $), die Handelsplattform Ariba (4,3 Mrd. $), den E-Commerce-Spezialisten Hybris sowie den Personalvermittlungssoftware-Anbieter Fieldglass (inoffiziell für rund 1,1 Mrd. $) geschluckt.

Potenzial eher unterschätzt

SAP ist offenkundig in einem fundamentalen Wandel. Abgesehen von der Konzentration auf Netzwerkeffekte spielt auch die Benutzerfreundlichkeit eine grössere Rolle. Der Einsatz ist hoch. Ob aus dem Netz der Netzwerke wirklich dauerhaft ein profitables Geschäft erwächst, das die hohen Investitionen rechtfertigt, ist noch offen. Allerdings unterschätzt der Aktienmarkt das Potenzial derzeit eher. Für defensive Investoren mit langem Anlagehorizont sind die mit einem KGV von 16 (2015) bewerteten Titel reizvoll. Mittelfristig dürften die Aktien von Wettbewerber Oracle (KGV 13) besser abschneiden.

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