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13:56 Uhr - 26.06.2015

Pazifischer Handelsgigant gewinnt an Fahrt

Washington erhält das Mandat für beschleunigte Verhandlungen für die geplante transpazifische Partnerschaft.

Für die Weltwirtschaft bahnt sich mit dem in einem fortgeschritten Verhandlungsstadium stehenden Trans-Pacific-Partnership-Abkommen (TPP) eines der bedeutendsten Ereignisse der vergangenen Jahrzehnte an. Nachdem der Senat in Washington der amerikanischen Delegation Mitte Woche weitgehende Verhandlungsvollmachten für das transpazifische Projekt gegeben hatte, sind jetzt auch die anderen elf Länder – unter ihnen Japan, Indonesien, Australien oder auch Mexiko – unter erhöhten Zugzwang geraten, in noch offenen Fragen Konzessionen zu machen.

Damit könnte im pazifischen Raum, der Nord- und Südamerika sowie den Fernen Osten umfasst, schon bald ein Handelsblock Wirklichkeit werden, der 40% der Weltwirtschaft ausmacht. Doch sollen mit dem TPP-Projekt nicht einfach tarifäre Hindernisse im Warenverkehr beseitigt werden, wie das etwa im Falle der Nafta – dem Freihandelsabkommen zwischen Kanada, den USA und Mexiko – der Fall ist.

Mehr als nur Freihandel

TPP will auch Arbeitsstandards harmonisieren, die Durchsetzung des Patentrechts griffiger machen und die Agrarmärkte weitgehend öffnen. Entsprechend umstritten ist das von der US-Regierung vorangetriebene Projekt denn auch in den zwölf potenziellen TPP-Staaten. So etwa in den USA, wo die Gewerkschaften den Verlust von Arbeitsplätzen befürchten. Die mächtige japanische Bauernlobby wiederum wehrt sich mit aller Kraft gegen die Öffnung des abgeschotteten heimischen Reismarkts. Nichtregierungsorganisationen in Indonesien wiederum malen das Gespenst von massiv steigenden Medikamentenpreisen an die Wand.

Interessanterweise dürften die USA, die ihren Markt bereits weitgehend geöffnet haben, vom Projekt zumindest in einer frühen Phase weniger profitieren als weniger entwickelte Länder wie Vietnam oder Peru. Gemäss Schätzungen würde TPP jährlich nur gerade 80 Mrd. $ zum Bruttoinlandprodukt der weltgrössten Volkswirtschaft beitragen. Umso bemerkenswerter ist es denn auch, dass US-Präsident Barak Obama sehr viel politisches Kapital in das angestrebte Handelsabkommen gesteckt hat.

Die Zustimmung im Senat verdankt Obama nicht seiner den Gewerkschaften oder den Umweltorganisationen nahestehenden eigenen Partei, sondern den weit unternehmensfreundlicheren Republikanern. Denn für die Regierung Obama ist die transpazifische Partnerschaft weit mehr als nur ein wirtschaftliches Projekt. Sie sieht im anscheinend unaufhaltsamen Aufstieg Chinas zu einer globalen Macht eine direkte Herausforderung für die US-Vormachtstellung im pazifischen Raum.

China bleibt aussen vor

Es ist denn auch kein Zufall, dass gerade China – anders als enge militärische Verbündete Washingtons wie Japan, Australien oder Singapur – von den TPP-Verhandlungen ausgeschlossen ist. Gleichzeitig sind die USA unter dem Motto Hinwendung nach Asien dabei, den Hauptteil ihrer Seeflotte in den pazifischen Ozean zu verlegen. Das forschere Vorgehen Pekings im Streit mit Japan, den Philippinen oder Vietnam um territoriale Ansprüche im Ost- und Südchinesischen Meer hat diesen Prozess noch beschleunigt.

Doch gerade dieser Streit hat auch TPP eine neue Dynamik verliehen, sucht doch eine ganze Reihe von chinesischen Nachbarn den Schulterschluss mit den USA. Peking hat nicht zuletzt als Antwort auf TPP eigene aussenwirtschaftliche Pläne entwickelt, so etwa mit der «neuen Seidenstrasse», mit der die südost- und zentralasiatischen Länder sowie Russland mit einer besseren grenzüberschreitenden Infrastruktur enger an China angebunden werden sollen.

Die dieser Tage aus der Taufe gehobene Asian Infrastructure Investment Bank, die diese Projekte massgeblich finanzieren soll, ist Teil dieser Strategie. Washington hat diese Initiative lange bekämpft. Dass Deutschland, Grossbritannien und die Schweiz Gründungsmitglieder dieses Instituts sind, war für die USA eine aussenpolitische Schlappe.

Dass der Westen gegenüber China keine gemeinsame Haltung einnimmt, zeigt aber auch, dass TPP oder die neue Seidenstrasse nicht der Anfang des Aufbaus unversöhnlicher Machtblöcke sein müssen. Die Regierung Obama bringt mit ihrem Verhandlungsmandat jedoch neue Dynamik in die Welthandelsordnung.

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