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00:25 Uhr - 30.12.2014

2015 beginnt mit Feuerprobe

Bereits in wenigen Tagen stehen in den USA die ersten Unternehmensabschlüsse zum vierten Quartal an. Der Ölpreiszerfall, der harte Dollar und die schwache Weltwirtschaft erhöhen das Risiko von Enttäuschungen.

Wer 2014 auf amerikanische Aktien gesetzt hat, bereut es nicht. Zwar durchlebten Investoren auch an den US-Börsen mehrere Phasen mit grösseren Turbulenzen. Der US-Leitindex S&P 500 ist nach einer berauschenden Performance von fast 30% im Vorjahr aber nochmals rund 13% vorgeprescht und bewegt sich Ende Dezember auf Rekordniveau. Nur Mumbai und Schanghai haben unter den international bedeutenden Börsenplätzen dieses Jahr besser abgeschnitten.

Überaus ansprechend entwickelten sich ebenso das Blue-Chip-Barometer Dow Jones Industrial und der Technologieindex Nasdaq 100 mit einem Plus von knapp 9 respektive 20%. Nach Branchen lief es in den Sektoren Versorger (+28%), Gesundheit (+25%) und IT (+21%) am besten. Die schwächste Performance verzeichneten hingegen Aktien aus den Bereichen Energie (–9%), Werkstoffe (+6%) und zyklischer Konsum (+8%).

Quelle: S&P Capital IQ

2015 wird es für US-Aktien damit nicht einfach, an die fulminante Performance der letzten beiden Jahre anzuknüpfen. Gleich zu Beginn kommt es dabei mit den Abschlüssen für das vierte Quartal zu einem entscheidenden Härtetest. Am 12. Januar eröffnet der Aluminiumriese Alcoa traditionsgemäss die Berichtssaison. In den Tagen darauf folgen die Grossbanken J.P. Morgan Chase, Bank of America und Citigroup. Ebenso präsentieren erste Schwergewichte aus dem IT-Sektor wie Intel, IBM und Google ihre Zahlen.

Unternehmen dämpfen Ausblick

Im Vergleich zur Champagnerlaune an Wallstreet geben die Vorzeichen für die Berichtssaison wenig Grund zum Feiern. Annähernd 110 Unternehmen aus dem S&P 500 haben bisher eine Prognose für das vierte Quartal publiziert. 81% davon haben den Gewinnausblick gedämpft. Gemäss dem Datendienst FactSet sind das deutlich mehr als im Durchschnitt der letzten fünf Jahre (67%).

Entsprechend mussten Analysten ihre Schätzungen in den vergangenen Wochen zusammenstreichen. Für die Konzerne aus dem S&P 500 rechnen sie mit einer durchschnittlichen Gewinnsteigerung von nur noch 2,6% pro Aktie. Ende September hatten sie noch eine Verbesserung von 8,4% erwartet. In den ersten drei Quartalen betrug das Gewinnwachstum rund 5, 10 und 11% gegenüber der Vorjahresperiode.

Quelle: FactSet

Für den trüben Ausblick sind drei Hauptfaktoren verantwortlich. Die grösste Rolle spielt der Crash am Ölmarkt. Der Preis für ein Fass der US-Referenzsorte WTI ist im Verlauf des vierten Quartals um 40% auf weniger als 54 $ eingebrochen, was Unternehmen aus dem Energiesektor hart trifft. Im Fall von Branchenleader ExxonMobil zum Beispiel wird mit einem Gewinnrückgang von 1.91 auf 1.44 $ je Titel gerechnet. Vor drei Monaten prognostizierten Analysten noch ein Ergebnis von 1.87 $.

Noch stärker unter dem rückläufigen Ölpreis leiden unabhängige Förderunternehmen wie Occidental Petroleum, Apache oder Anadarko Petroleum. Einen herben Rückschlag müssen ebenso Servicegesellschaften wie Schlumberger wegstecken. Im Fall des Marktführers haben Analysten die Ergebnisprognose seit Ende September von 1.59 auf 1.48 $ pro Aktie reduziert. Da Energiekonzerne überdurchschnittlich im S&P 500 vertreten sind, würde es nicht überraschen, wenn die schwachen Resultate aus diesem Sektor die Stimmung am Gesamtmarkt trüben.

Dollar wird zur Belastung

Der zweite Schlüsselfaktor ist der festere Dollar. Gemessen an einem Korb der international wichtigsten Währungen hat sich der Greenback in den letzten drei Monaten um 5% verteuert. Das macht speziell der IT-Branche zu schaffen, die rund 60% der Einnahmen in Übersee erwirtschaftet. Notieren dort die Währungen schwächer, belastet das Umsatz und Gewinn bei der Umrechnung in Dollar. IBM zum Beispiel erzielt nur rund 35% der Einnahmen im Heimmarkt. Einen überdurchschnittlichen Anteil im internationalen Geschäft weisen ebenso Industrieunternehmen wie General Electric aus.

Quelle: Bank of America Merrill Lynch

Als dritter Belastungsfaktor kommt die durchwachsene Konjunkturlage hinzu. Die amerikanische Wirtschaft ist im dritten Quartal zwar um satte 5% gewachsen. Ausschlaggebend waren dafür jedoch primär höhere Konsumausgaben wegen der Gesundheitsreform Obamacare sowie einmalige Investitionen im Rüstungswesen. Die Konjunkturforschungsstelle Conference Board rechnet deshalb damit, dass sich die Expansion im letzten Jahresviertel auf 2% verlangsamt hat. Zudem stagniert die Konjunktur in Europa sowie Japan, während für China eine Wachstumsrate von 7% immer anspruchsvoller erscheint.

Der schleppende Verlauf der Weltwirtschaft wird sich vor allem in den Einnahmen niederschlagen. Gemäss FactSet haben Analysten die Schätzungen für das Umsatzwachstum der S&P-500-Konzerne seit Ende September von 3,8 auf lediglich 1,2% reduziert. Das ist selbst dann eine ausserordentlich geringe Rate, wenn man sie mit dem bereits mageren Durchschnitt von 3,5% über die letzten drei Jahre vergleicht. Auch hier sind primär Unternehmen aus dem Energiesektor betroffen. Für die Bereiche IT, Konsum und Industrie sind die Wachstumsprognosen aber ebenfalls deutlich gesenkt worden.

Trüber Ausblick für 2015

Ebenso wichtig wie die Resultate zum vierten Quartal wird sein, wie Corporate America die Aussichten für das neue Jahr beurteilt. Gemäss Standard & Poor’s ist der S&P 500 auf Basis der Analystenschätzungen für die nächsten zwölf Monate zu einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von rund 16 bewertet. US-Aktien sind damit nicht günstig, zumal das durchschnittliche KGV über die letzten zehn Jahre 14 bis 15 beträgt.

«Damit US-Aktien 2015 eine anständige Performance erzielen können, ohne sich dabei in völlig überbewertetes Terrain zu begeben, braucht es solide Gewinne», denkt Marktstratege Jim Bianco. Wie die Analystenerwartungen jedoch zeigen, stehen die Chancen dafür schlecht. «Wegen der negativen Revisionen im Energiesektor und wegen des starken Dollars sind die Gewinnprognosen für das vierte Quartal 2014 und für das Gesamtjahr 2015 kollabiert», hält er fest.

Bis Herbst hatten Analysten damit gerechnet, dass die Unternehmen aus dem S&P 500 den Gewinn pro Aktie im Jahr 2015 um gut 11% steigern werden. Mittlerweile sind es weniger als 7%. «Das sind mit Abstand die tiefsten Gewinnerwartungen seit dem Ende der Rezession», konstatiert Bianco. Bemerkenswert sei das auch deshalb, weil Analysten meist überoptimistisch seien und am Anfang eines Jahres in der Regel mit einer Gewinnsteigerung von jeweils 10 bis 12% kalkulieren würden. «Das stimmt nicht gerade enthusiastisch, was die anstehende Berichtssaison betrifft», resümiert der Anlagespezialist.

Quelle: Bianco Research

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