Den Analystenwettbewerb gewinnt das Team der Uni Lausanne. Die Studenten standen mit U-Blox vor einer Herausforderung.
Donnerstagabend auf der Terrasse der Zürcher ETH. Hoch über den bereits dunklen Gassen der Stadt tummeln sich die Studenten, an diesem Abend auch eine Gruppe aus Lausanne. Die Finance-Studenten warten mit einem Bier in der Hand auf die Siegerehrung des diesjährigen Analystenwettbewerbs. Bei ihnen steht auch Karen Cody, die alle Teams in Sachen Auftrittskompetenz gecoacht hat. Dem Team aus Lausanne sah man das Training an, während der Präsentation des einen Teammitglieds verfielen alle anderen der Fünfergruppe jeweils in von Lächeln begleitetes konstantes Kopfnicken. Ob sich auf diesen Gesichtern schon etwas Vorfreude auf die Reise nach Jordanien spiegelte?
Denn nach Jordanien wird das Schweizer Siegerteam Anfang April reisen, um sich mit den anderen Gewinnern der Region Europa, Naher Osten und Afrika (Emea) zu messen. Die zwei besten Gruppen aus Emea werden dann nach New York ans weltweite Finale weiterziehen. Etwas nüchterner ging es währenddessen bei einem weiteren Favoritenteam zu, dem der Universität Fribourg. Noch ohne Bier sitzen sie im Lichthof der Universität an einem Tisch und besprechen die Auftritte der anderen. Das Fribourger Team zeigte am meisten Empathie mit den U-Blox-Aktionären, die in den vergangenen Jahren wiederholt von nach unten revidierten Prognosen enttäuscht worden waren.
Spielfeld für Nachwuchsanalysten
Die Schweizer Niederlassung des CFA Institute (CFA: Chartered Financial Analysts) organisiert diesen Wettbewerb heuer zum elften Mal, um die Unternehmensanalyse beim Nachwuchs beliebt zu machen. Analyseobjekt war diesmal der Halbleiterproduzent U-Blox (UBXN 86.85 0.52%).
Keine einfache Aufgabe, denn das KMU mit Sitz in Thalwil ist im Kampf gegen die globale Konkurrenz ins Straucheln gekommen. Die Finanzbuchhaltung voller adjustierter Zahlen kompliziert das Unterfangen. Kein Wunder, kamen die sechs Teams, die am Nachmittag vor einer Jury an der Universität Zürich ihre Analyse präsentiert hatten, zu ganz unterschiedlichen Schlussfolgerungen. Vom Team der Universität Lugano kam eine Kaufempfehlung, die Studenten der Universität Zürich rieten zum Halten. Alle anderen Teams der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften sowie der Universitäten Fribourg, Lausanne und Basel waren sich einig: Sell!
Schwer erfassbare U-Blox
Erschwerend kam für die Studenten hinzu, dass sie mit bloss einem Treffen mit dem Finanzchef von U-Blox, Roland Jud, und einem längeren Telefongespräch wenig Gelegenheit hatten, dem Unternehmen Fragen zu stellen. So fiel es dem einen oder anderen Team schwer, sich überhaupt eine konkrete Vorstellung zu machen, was U-Blox genau verkauft.
In der Analyse hatten alle Teams einiges zu bieten mit allerlei Finanzkennzahlen in Balkendiagrammen und Liniencharts. Die teilweise knallharten Fragen der Jury zu den Annahmen dahinter konnten hingegen nicht alle Gruppen beantworten. Mehr oder weniger geschickt wichen alle Teams Fragen nach der Corporate Governance des Unternehmens aus – offenbar ein Aspekt, der im Finance-Studium nicht erste Priorität hat.
U-Blox selbst war an der öffentlichen Siegerehrung nicht vor Ort. CFO Jud liess ein Statement vorlesen, in dem er die Qualität der Analysen lobte, die neben der Präsentation einen Bericht umfassten: «Einige sind gar besser als Berufsanalysten.»
Erfolgsgeheimnis am Genfersee
Und dann stand der Sieger endlich fest: Das Team aus Zürich hatte den besten Report geschrieben, Gesamtsieger hingegen war das Team aus Lausanne. Nicht ganz überraschend, denn bereits 2018 und 2019 räumte die Haute Ecole Commercial (HEC Lausanne) an der CFA Challenge ab. 2018 avancierte das damalige Team gar zum weltweiten Sieger, 2019 scheiterten die Lausanner im Finale in New York.
Das Geheimnis der Studenten vom Genfersee? Florian Esterer, der die Challenge zusammen mit Olivier Müller für den Swiss CFA managt: «In Lausanne ist der Kurs obligatorisch. Das führt dazu, dass vom HEC jedes Jahr viele Teams antreten. Dieses Jahr hatten wir zu Beginn insgesamt 23, davon 13 aus Lausanne. Zudem spornt ihr Professor Norman Schürhoff die Studenten zu Höchstleistungen an.» Über 600 Stunden hätten seit September an der Analyse gearbeitet, hatte ein Lausanner Teammitglied auf der ETH-Terrasse berichtet. Da darf das Ergebnis ruhig besser sein als die Analyse des einen oder anderen Profis.
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