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10:06 Uhr - 10.04.2015

Von Ruhestand kann keine Rede sein

Der ehemalige Chef der Generaldirektion der SBB macht als Publizist Furore. Er ist darüber hinaus noch in verschiedenen Funktionen aktiv und ist voller Tatendrang.

Nein, Benedikt Weibel (Jahrgang 1946) sieht wahrlich nicht aus wie ein bald siebzigjähriger Rentner. Er strahlt wie eh und je eine grosse Dynamik aus, ist voller Tatendrang und wirkt sehr sportlich. Entsprechend oft ist er denn auch unterwegs, er ist ein gefragter Redner geworden. So tritt er am SAP-Forum am 21. April als einer der Keynote-Referenten auf und spricht über sein Buch «Simplicity – die Kunst, die Komplexität zu reduzieren». Das ist sein bisher grösster Erfolg als Publizist. Da ist es auch nicht verwunderlich, dass ihm das Verfassen des Buches «grössten Spass» gemacht hat. Er sei bisweilen fast in einen «Flow» geraten – ein grossartiges Gefühl.

Der Grundgedanke des Buches ist – wie könnte es anders sein – einfach. Nur mit einer Reduktion auf das Wesentliche lässt sich die Komplexität der heutigen Welt auch nur einigermassen in der Griff bekommen. Dabei ist für Weibel die «Fähigkeit zur Mustererkennung» ganz zentral. Umgekehrt sieht er ausufernde Bürokratien, seien sie nun privaten oder staatlichen Ursprungs, als «Killer der Einfachheit». Zudem habe die Bürokratie die fatale Tendenz, stets weiter zu wachsen. Diese Eigendynamik sei nur sehr schwer zu bremsen.

Das sind auch Themen, die er als Honorarprofessor für Praktisches Management an der Uni Bern seinen Studenten näherbringen will. Mit seinen Vorlesungen sieht er sich in der Tradition von Peter Drucker, dem amerikanischen Ökonomen, der als einer der Pioniere der modernen Managementlehre gilt. Hinzu kommt der Praxisbezug aus seiner eigenen Erfahrung. Offenbar kommt der Mix bei den Studenten sehr gut an. Die Honorarprofessur an der Uni Bern ist für ihn auch eine Rückkehr zu seinen akademischen Wurzeln. Er studierte in Bern Betriebswirtschaftslehre und war einige Jahre als Assistent am betriebswirtschaftlichen Institut tätig. Nach seinem Doktorat trat er 1978 als Sekretär des Präsidenten der Generaldirektion in die SBB ein. Er kletterte kontinuierlich die interne Karriereleiter hoch: 1983 wurde er zum Generalsekretär berufen und 1990 zum Generaldirektor im Departement Verkehr. Anfang 1993 avancierte er zum Chef der Generaldirektion.

Im Alter von sechzig Jahren verliess er die Bundesbahnen mit der Absicht, «bis siebzig noch voll aktiv zu sein, aber ich werde es wohl noch länger bleiben», wie er freimütig bekennt. Da ist in der Tat einiges an Engagements zusammengekommen: Er ist Präsident des Aufsichtsrats der privaten Westbahn in Österreich, VR-Präsident der Schweizerischen Rheinhäfen und sitzt im Stiftungsrat des Aletsch-Weltkulturerbes. Das ist nur eine Auswahl seiner Tätigkeiten, die vollständige Liste würde zu lang.

Ein Amt allerdings verdient noch Erwähnung: Er war vom Bundesrat zum Delegierten für die Fussball-Europameisterschaft 2008 in der Schweiz und in Österreich ernannt worden. Der Koordinationsjob war sehr aufwendig, hat Weibel aber fasziniert. Obwohl er nie ernsthaft Fussball gespielt hat – über die Berner Unimeisterschaften hinaus kam er nicht –, hat er eine sportliche Ader.

Noch während des Studiums erwarb er das Bergführerdiplom. Es erlaubte ihm, einen Teil des Studiums zu finanzieren. Das Diplom hat er nicht mehr, er geht aber immer noch oft in die Berge. Damit nicht genug: Er fühlt sich auch auf dem Velo sehr wohl. Vor vier Jahren ist er mit seiner Frau in 36 Tagen von Istanbul nach Bern geradelt. In diesem Jahr ist eine ähnliche Tour in Westeuropa geplant. Da ist es naheliegend, dass sich Weibel auch schon als Läufer auf der Marathondistanz versucht hat.

Und so ganz nebenbei hat er auch noch Familie: Er ist Vater dreier Kinder und hat sechs Grosskinder. Man will ihm gerne glauben, dass er über seinen siebzigsten Geburtstag hinaus voll aktiv bleiben wird – das geht gar nicht anders.

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