Das starke Halbjahresergebnis ist eine Bestätigung der Erfolgsgeschichte des Altdorfer Unternehmens. Der Aktienkurs ist ein Signal grosser Erwartungen.
Für die meisten ist Altdorf nur ein Ort vor dem Gotthard auf dem Weg in den Süden. Dabei lohnt sich ein Stopp, selbst wenn man ihn nur virtuell macht und sich ein paar Aktien des Industriezulieferers Dätwyler (DAE 340.00 +1.34%) kauft. Der produziert Gummistöpsel für Coronaimpfdosen und Kapseln für Nespresso. Die aktuellen Halbjahreszahlen des Unternehmens bewegten an der Börse nicht sehr viel. Allerdings haben die Aktien seit Jahresbeginn auch schon über 30 Prozent gewonnen.
Dätwyler nutzte das schlechte Jahr 2020, um eine strategische Neuorientierung durchzuführen. Dazu wurden einige Aktivitäten verkauft, was zu einem hohen Verlust führte. Für die Interpretation der aktuellen Zahlen dienen deshalb die Eckdaten des «fortgeführten Geschäfts» als Vergleichsbasis, da sonst eine massive Verzerrung eintreten würde.
Kurz gefasst steigerte das Unternehmen im ersten Halbjahr 2021 seinen Umsatz um rund 21 Prozent auf 590 Mio. Fr., und der Betriebsgewinn (Ebit) legte um 53 Prozent auf gut 99 Mio. Fr. zu. Damit ist die Ebit-Marge wieder auf dem 2019er-Niveau angekommen. Dank der rasanten Erholung und der guten Entwicklung im laufenden Jahr erhöht das Unternehmen seinen Jahresausblick. Insgesamt will man 2021 jetzt mehr als 1,15 Mrd. Fr. Umsatz einfahren und eine Ebit-Marge von mehr als 16 Prozent erzielen.
Am Webcall zum Halbjahresergebnis stellte Dätwyler-CEO Dirk Lambrecht fest, dass die Pandemie massiv weniger Einfluss auf das Geschäft genommen habe als im ersten Halbjahr 2020. Die strategische Neuausrichtung und Fokussierung auf die Sparten Healthcare sowie Industrial Solutions habe sich bereits bewährt.
Der Geschäftsbereich Healthcare Solutions darf mittlerweile BioNTech (BNTX 392.57 -5.74%) und das Serum Institute of India zu seinen Kunden zählen. Der Umsatz legte rund 20 Prozent zu, doch der Betriebsgewinn der Sparte wuchs um über 60 Prozent. Das bedeutet eine erstaunliche Marge von fast 25 Prozent. Laut Lambrecht ist absehbar, dass die im Rahmen der Pandemie geknüpften neuen Kundenbeziehungen dem Unternehmen langfristig neue Umsätze bescheren. Deshalb werden allein im laufenden Jahr bis zu 85 Mio. Fr. in die Produktionskapazitäten investiert, was die Nettoliquidität der Gruppe ein wenig mindert.
Mit Blick auf die Sparte Industrial Solutions berichtete Lambrecht von einer Normalisierung der Marktbedingungen und einer signifikanten Erholung der Nachfrage. Während die Umsätze um mehr als 20 Prozent stiegen, liegt die Ebit-Marge dieses Geschäftsbereichs mit 12,8 Prozent deutlich unter der Healthcare-Profitabilität. Die Verknappung von IT-Komponenten verlangsamt den Angaben zufolge die weltweite Automobilproduktion, was auch den Geschäftsgang der Sparte bremst.
Schliesslich gehört noch der Onlinehändler Reichelt zur Firmengruppe. Dieser hat seinen Marktanteil ausgebaut und erstmals mehr als 100 Mio. Franken Halbjahresumsatz erzielt. Hier ist mittelfristig ein Verkauf denkbar. Man spreche gern mit Interessenten, habe aber keinen formellen Verkaufsprozess eingeleitet, stellte Lambrecht fest.
Dem Unternehmen geht es gut, und es hat mit seinen Gummistöpseln richtig Glück gehabt. Das Management ist nun gefordert, das sehr gute Momentum über die nächsten Jahre auszunutzen. Für 2022 ist absehbar, dass hinsichtlich Umsatz und Gewinn neue Höchstwerte erreicht werden, auch wenn das Management derzeit keine Finanzprognosen über das Jahresende 2021 hinaus machen will.
Dätwyler-Aktien haben Anlegern massive Kursgewinne beschert. Die derzeit hohe Bewertung der Aktie reflektiert die grossen Hoffnungen. An der Börse liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis bei etwa 38, eine Aktie kostet also das 38-Fache ihres Anteils am jährlichen Unternehmensgewinn. Das drängt zwar nicht zum Kauf, doch bei durch eventuelle Marktkorrekturen verursachten Rückschlägen sollte man in den kommenden Monaten zugreifen.
Die komplette Historie zu Dätwyler finden Sie hier.»
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