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17:34 Uhr - 01.09.2022

Europas Wirtschaft schrumpft weiter

Die US-Konjunktur bleibt gemäss Einkaufsmanagerindex robust. In den asiatischen Exportnationen gibt es einen Produktionseinbruch.

Dass die globale Wirtschaft noch wächst, ist den USA zu verdanken. Denn die Wirtschaft der Eurozone schrumpft. Das zeigt zumindest ein wichtiger Frühindikator der Konjunktur an: Der Einkaufsmanagerindex (Purchasing Managers Index, PMI) für die Eurozone liegt den zweiten Monat in Folge unter der Wachstumsmarke von 50. Immerhin zeigt der Wert von 49,6 keinen dramatischen Absturz an – wenn es auch der tiefste Indexstand seit mehr als zwei Jahren ist.

Der Wert für die grösste Volkswirtschaft der Region, Deutschland, hält sich trotz allen Unsicherheiten noch über 49 Punkte. Und die französische Industrie zeigt sich mit einem PMI gar in einer besseren Stimmung als im Juli. Er ist über die Schwelle von 50 geklettert. Auch die Niederlande und Irland befinden sich in der Wachstumszone. Spanien steht kurz davor. Schlusslicht ist Italien mit einem Indexwert von 48.

Weniger Neuaufträge in der Eurozone

Verantwortlich für die sinkende Industrieproduktion in der Eurozone sei der Auftragseingang, der den vierten Monat in Folge gefallen sei, erklärt Datenanbieter S&P Global. Die Auslandsbestellungen seien so stark gesunken wie seit Juni 2020 nicht mehr. «Die hohen Preise, überfüllte Lager auf Kundenseite und die Verschiebung von Aufträgen infolge der wirtschaftlichen Unsicherheit trugen allesamt mit zum Auftragsminus bei», heisst es von S&P Global. Einige Firmen klagten auch über Engpässe bei den Inputgütern.

Die Unternehmen geben an, dass ihre Einkaufs- und Verkaufspreise weiterhin steigen – doch der Preisdruck hat nachgelassen. Chris Williamson, Ökonom bei S&P Global, kommentiert, dass die Teuerung besonders durch die Energie getrieben wird: «Die Kosten und das Angebot von Energie stellt eine grosse Unbekannte für die Produktions- und Inflationsaussichten in den kommenden Monaten dar.»

Gemäss PMI scheint die Situation in der Schweiz besser zu sein als in der Eurozone. Der Index ist zwar im Abwärtstrend, mit 54,6 Punkten liegt die helvetische Industrie aber noch deutlich auf Expansionskurs. «Der Auftragsbestand nimmt derweil ebenfalls weiterhin zu», beobachtet Credit Suisse. Als vorausschauender Indikator gibt das Hoffnung, dass das Wachstum sich als robust erweisen wird.

Auch dass 23% der befragten Betriebe neues Personal einstellen und nur 7% Stellen abbauen, wertet Credit Suisse positiv. Während die Lieferzeiten weniger stark ansteigen, spüren wieder mehr Unternehmen den Teuerungsdruck. «Der am häufigsten genannte Grund für höhere Einkaufspreise ist Energie, insbesondere die Stromkosten», heisst es von Credit Suisse.

Keine Anzeichen einer US-Rezession

Die US-Wirtschaft war im ersten Halbjahr gemäss einer technischen Definition in eine Rezession geschlittert – das Bruttoinlandprodukt schrumpfte zwei Quartale hintereinander. Doch der viel beachtete Einkaufsmanagerindex des Institute of Supply Management (ISM) hat seit Mai 2020 nicht mehr die Wachstumsmarke nach unten durchbrochen. Der Index notiert wie im Juli auf einem Wert von 52,8. Damit ist kein Konjunktureinbruch zu erkennen.

Timothy Fiore vom ISM kommentiert: «Die Neuaufträge expandieren wieder, die Lieferzeiten sind in einem angemessenen Rahmen, und die Preise haben sich weiter abgeschwächt.» Das weise darauf hin, dass sich die Wirtschaft in Richtung eines Gleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage bewege. Gleichzeitig würden die meisten Unternehmen weiterhin neue Arbeitskräfte einstellen.

Ganz anders sieht es für die britische Wirtschaft aus. Die muss einen massiven Einbruch der Produktion verkraften. Der PMI ist von 52,1 auf 47,3 abgerutscht – so stark ist der Index seit Mai 2020 nicht mehr eingebrochen. «Die Nachfrage von inländischen und ausländischen Kunden ist drastisch zurückgegangen», kommentiert S&P Global. Es würden kaum noch neue Stellen geschaffen, der Ausblick der Unternehmen habe sich verdüstert.

Der vom Wirtschaftsmagazin «Caixin» erhobene chinesische PMI ist überraschend unter die Wachstumsschwelle gesunken. Und das, obwohl von der Regierung der wirtschaftlichen Erholung hohe Priorität gegeben wird. «Stromausfälle und temporäre Fabrikschliessungen haben die Produktion und den Absatz belastet», kommentiert Caixin. Zum ersten Mal in fünf Monaten seien Stellen abgebaut werden. Anders als in Europa ist die Teuerung in China kein Problem: Die Inputkosten sind erstmals seit Mai 2020 gefallen.

Die exportorientierten Volkswirtschaften Taiwan und Südkorea gelten als Frühindikator der Weltwirtschaft – um diese scheint es angesichts der PMI der beiden ostasiatischen Länder nicht gut zu stehen. Die Einkaufsmanagerindizes sind stark abgerutscht, in Taiwan gar auf 42,7, den tiefsten Wert aller Länder. Besserung ist nicht in Sicht: Auch die Neuaufträge fallen deutlich ab. Wegen der Wichtigkeit des IT-Sektors ist das auch ein schlechtes Vorzeichen für die Performance von Tech-Unternehmen.

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