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16:00 Uhr - 07.03.2022

Kryptos entziehen sich zunächst dem Abwärtsdruck

Digitale Währungen spielen eine kontroverse Rolle im Krieg. Zinsängste und Corona geraten mit dem Ukraine-Krieg in den Hintergrund.

Die Ukraine-Krise hält die Finanzmärkte in Atem. Die vom Westen implementierten Sanktionen wie dem Ausschluss der meisten russischen Banken vom Kapitalmarkt und Zahlungsverkehr (Swift), dem Einfrieren sämtlicher Transaktionen der russischen Zentralbank sowie dem Exportverbot diverser Güter werden mittel- und langfristig eine schwere Rezession in Russland zur Folge haben.

An den europäischen Aktienmärkten brechen die Kurse erneut ein. Seitdem Wladimir Putin am 22. Februar die beiden Separatistengebiete in der Ostukraine Luhansk und Donezk als souveräne und unabhängige Staaten anerkannt hat, ist der Dax-Index um weitere 11% gesunken, der Nasdaq-Index verliert nur –0,5%. Indes legen Bitcoin und Ethereum um 5% bzw. 2% zu.

Der Preis für Bitcoin ist in den ersten Tagen der russischen Invasion von 34’300 auf zwischenzeitlich 45’300 $ gestiegen. Seit Anfang März jedoch handeln Kryptowährungen wieder hochkorreliert mit den Risikomärkten und haben somit wieder einen Teil der vorangegangenen Gewinne aufgrund der dramatischen Zustände in der Ukraine abgeben müssen.

Bitcoin durchbrach erneut die Marke von 40’000 $ nach unten und handelt aktuell bei 38’100. Im Durchschnitt haben die zehn grössten Kryptowährungen in den vergangenen zwei Wochen Kursgewinne in Höhe von 3% erzielt. Die Gesamtmarktkapitalisierung aller Kryptowährungen liegt bei 1,7 Bio.

Hohe Krypto-Adoption in Russland und in der Ukraine

Innerhalb der vergangenen zwei Wochen hat der russische Rubel aufgrund der verhängten Sanktionen über 30% an Wert gegenüber dem US-Dollar verloren. Auch der ukrainische Hrywnja brach seit der russischen Invasion um mehr als 8% ein. Laut eines Berichts der Analyseplattform Chainanalysis sind Kryptowährungen in Russland und der Ukraine weit verbreitet. Demnach liegt die Ukraine auf Rang vier des globalen Krypto-Adoption-Index.

In Russland wird die Anzahl digitaler Währungskonten auf über 12 Millionen geschätzt, mit einem Gesamtwert von etwa 20 Mrd. $. Schon vor dem Krieg stand Russland an dritter Stelle der Länder, die den grössten Anteil an Krypto-Transaktionen ins Ausland schickten, nach der Türkei und der Ukraine.

Bevölkerung sucht Zuflucht bei Bitcoin & Co.

Um das private Geldvermögen vor einer weiteren Abwertung der heimischen Währung zu schützen, hat ein Teil der russischen und ukrainischen Bevölkerung ihre Rubel- und Hrywnja- Bestände in Bitcoin getauscht. So wurden in der vergangenen Woche pro Tag etwa 160 in Rubel denominierte Bitcoin gekauft und damit dreimal so viel wie in den Wochen zuvor.

Bei einem aktuellen Kurs von 38’100 $ entspricht das einem täglichen Wert von 6,1 Mio. Gemessen am gesamthaften täglichen Handelsvolumen von knapp 35 Mrd. liefern die Transaktionen dennoch nur einen geringen Beitrag.

Kryptos keine Alternative zu Swift

Neben Privatpersonen sind vor allem Unternehmen von dem Ausschluss russischer Banken aus dem internationalen Transaktionsnetzwerk Swift stark betroffen. In den Medien kursiert die Meinung, dass Kryptowährungen, welche von den verhängten Sanktionen nicht direkt betroffen sind, ein alternatives Zahlungsmittel für international agierende Unternehmen bieten.

Jedoch entkräften diverse Argumente diese These entscheidend. Das Swift-Netzwerk verbindet über 11’000 Finanzinstitute in über 200 Ländern und verarbeitet knapp 42 Millionen Transaktionen tagtäglich. Schätzungen zufolge werden allein in Russland jeden Tag Währungstransaktionen in der Höhe von 50 Mrd. $ getätigt. Dies würde das weltweite tägliche Transaktionsvolumen von Bitcoin sogar übersteigen. Damit steht die noch zu niedrige Liquidität des Kryptomarkts klar im Widerspruch zur oben genannten These.

Die Nutzung sogenannter Altcoins wie beispielsweise Ethereum stellt derzeit aufgrund der hohen Transaktionskosten (Gas Fees) auch keine geeignete Alternative zu Bitcoin dar.

Sanktionen betreffen auch Kryptobörsen

Schliesslich sind auch in den USA ansässige Kryptowährungsbörsen wie Kraken und Coinbase dazu verpflichtet, Transaktionen von sanktionierten Nutzern zu blockieren. Damit soll russischen Oligarchen und Politikern die Möglichkeit entzogen werden, ihr Vermögen in Bitcoin & Co. zu konvertieren oder Transaktionen ausserhalb des Swift-Netzwerks auszuführen.

Während die ukrainische Regierung ein generelles Handelsverbot für russische Nutzer fordert, sehen die grossen Kryptowährungsbörsen ohne rechtliche Anordnungen bisweilen davon ab.

Spenden über Kryptowährungen

Der ukrainische Vizepremierminister teilte am 26. Februar über Twitter (TWTR 32.87 -1.56%) mit, Spenden auch über Kryptowährungen zu akzeptieren.

Der Grossteil der Spenden wurde mit Ethereum, Bitcoin, Polkadot und über den Verkauf von NFT (Non-Fungible Tokens) gesammelt und summiert sich jetzt schon auf über 50 Mio. $ von über 100’000 Spendern. Die Erlöse sollen nach Angaben der ukrainischen Regierung dem Militär für Ausrüstung und Ausbildung dienen.

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