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17:30 Uhr - 21.07.2016

Guillaume Tetu: Der Rugbyspieler von Ralph Lauren

Entwicklungschef Guillaume Tetu soll für die Modemarke die Uhrensparte nach vorne bringen. Diese Aufgabe reizt den langjährigen Unternehmer.

Der gebürtige Franzose hatte schon früh seine Lebensberufung gefunden. Bereits im Alter von zwölf Jahren wusste Guillaume Tetu (44), dass er Industriedesigner werden wollte. Doch dass er ausgerechnet in der Uhrenbranche landen würde, damit hätte er wohl kaum gerechnet.

Guillaume Tetu Bild: ZVGSeit Februar fungiert Tetu in Genf als Entwicklungschef von Ralph Lauren Watches & Jewelry, der Uhrensparte des gleichnamigen Modeunternehmens. Seine Mission ist klar abgesteckt: Er soll Ralph Lauren als Uhrenmarke nach vorne bringen.

Aufgewachsen ist Tetu in Lyon. Später absolvierte er Hochschulstudien in Aix-en-Provence und Nîmes in Industriedesign, bevor er in seiner Geburtsstadt bei einem Autozulieferer anheuerte.

Der Start in die berufliche Laufbahn hinderte den grossgewachsenen Mann aber nicht, parallel dazu eine Karriere als halbprofessioneller Rugbyspieler zu verfolgen. Eine Passion, die ihn noch über zwanzig Jahre in Frankreich, aber auch noch sechs Jahre in der Schweiz, die US-Variante American Football inbegriffen, begleitete. Seine kräftig-sportliche Statur lässt kaum Zweifel an seinem Punch. Wobei Tetu freimütig einräumt, den Rugby-Dress längst eingemottet zu haben, aber weiterhin die gewohnten Mengen zu verspeisen.

Sein damaliger Patron spürte die Begabung des jungen Mannes und schickte ihn auf die Lern- und Wanderjahre in die Schweiz. Tetus erste Station war der Armbandhersteller Gay Frères. Als Hoflieferant von Rolex und der Schwestermarke Tudor durchlief Gay Frères 1995 eine Expansionsphase und brauchte Verstärkung. Nach zwei Jahren fand Guillaume Tetu 1997 den Weg zur TAG Heuer in La Chaux-de-Fonds. Die Marke, heute im Besitz des französischen Luxusgüterriesen LVMH (MC 152.6 0.33%), erlebte unter der Regie von Christian Viros einen stürmischen Aufschwung und kam nicht nach mit der Produktion.

Tetu schaffte es, die Zeit von der Produktentwicklung bis zur Produktion entscheidend von 24 auf sechs Monate zu verkürzen. In dem Unternehmen lernte er auch Luc Perramond kennen. Perramond ist der heutige Uhrenchef von Ralph Lauren. Nach sieben Jahren für TAG Heuer suchte der Produktspezialist Tetu jedoch die Selbständigkeit. Zusammen mit Renaud de Retz (der heute bei der Manufaktur Ernest Borel tätig ist) und Sandro Reginelli, seinem Nachfolger, gründete er 2004 das eigene Uhrenatelier Hautlence mitten in der Horlogeriestadt La Chaux-de-Fonds.

Zeitweise hob Hautlence mit dem eigenwilligen Design und den mechanischen Extravaganzen als Unternehmen ab. 2008 las sich die Erfolgsrechnung sehr erfreulich. Aber in den Jahren von 2009 bis 2011 hagelte es umso heftiger. Die Rettung kam, als der frühere Audemars-Piguet-Patron Georges Henri Meylan einstieg. Er brachte der Nischenmarke mehr als nur Geld. Er spielte seine bei Audemars Piguet aufgebauten Kundenbeziehungen aus. Tetu blieb an Bord.

Erst als sein alter Weggefährte Luc Perramond anrief, überlegte sich Tetu eine alternative Zukunft. Ralph Lauren bot sie ihm – mit einer reizvollen Aufgabe. Dafür nimmt Guillaume Tetu auch in Kauf, seine schöne Heimatstilvilla in Baule mit Blick auf den Neuenburgersee aufzugeben und nach Genf zu ziehen. So ganz selbstverständlich ist dies nicht. Seine Familie ist jung, und die beiden kleinen Kinder sind auf dem Land sicher am besten aufgehoben.

Weiterer Verzicht ist aber nicht angesagt. Guillaume Tetu bekennt sich ohne Umschweife als Epikureer mit einer besonderen Liebe zum Essen, zu einem ordentlichen Wein und zu guten Zigarren. Er steht selbst am Herd, und seit er die thailändische Küche entdeckt hat, räumt er ihr einen bevorzugten Platz auf seinem Menüzettel ein. Sonst pflegt er die Küche Escoffiers. Önologisch liegen seine Präferenzen bei der Côte du Rhône. Seine bevorzugte Rebsorte ist die Grenache. Solange der Preis stimmt, sagt er aber auch bei einer guten Flasche Bordeaux nicht «non». Weine dürfen bei ihm von 15 bis 50 Fr. kosten. Prestigeetiketten kann er keinen Geschmack abgewinnen. Da bleibt nur zu wünschen, dass ihm seine Nase für ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis auch bei Ralph Lauren treu bleibt.

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