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10:55 Uhr - 22.12.2014

Nationalbank hat Devisen gekauft

Der Umfang der Intervention der SNB im Devisenmarkt ist unklar. Der Franken-Euro-Kurs notiert nicht weit über der Untergrenze, und der Leitzins ist zum ersten Mal negativ.

«Der Franken stand in den letzten Tagen erneut unter Aufwertungsdruck», erklärte Nationalbankpräsident Thomas Jordan am vergangenen Donnerstag, als er den Negativzins ankündigte (vgl. hier). Die rasch zunehmende Unsicherheit an den Finanzmärkten habe zu einer deutlich erhöhten Nachfrage nach sicheren Anlagen geführt. «In diesem Umfeld mussten wir den Mindestkurs mit Devisenmarktinterventionen sicherstellen.» In welchem Umfang die SNB interveniert hat, wollte Jordan nicht sagen.

Am Montagmorgen hat die Nationalbank nun wie üblich die Höhe der Giroguthaben bekanntgegeben – die Summe dieser Guthaben, die die SNB den Banken gewährt, war in der Vergangenheit ein guter Indikator für Interventionen am Devisenmarkt. Diesmal geben die Zahlen ein Rätsel auf. Der Bestand der Giroguthaben blieb von Freitag 12. bis Freitag 19. Dezember unverändert auf 316 Mrd. Fr.

Immerhin meldet die SNB einen Anstieg der gesamten Sichtguthaben im Wochendurchschnitt: Die Giroguthaben inländischer Banken stiegen von 313 auf 316 Mrd. Fr., und die übrigen Guthaben auf Sicht von 55,6 auf 58,5 Mrd. Fr. Die gesamten Sichtguthaben nahmen somit von 368,6 auf 374,6 Mrd. Fr. zu.

Erste Interventionsphase seit Sommer 2012

Vor einem Monat hatten die Guthaben einen Sprung nach oben von 9 Mrd. Fr. gemacht.  «In den vergangenen Wochen sind die Giroguthaben gestiegen, und auch die Währungsreserven der SNB haben zugenommen», erklärte damals Nannette Hechler-Fayd’herbe, Leiterin Investment Strategy der Credit Suisse. «Diese Konstellation deutete in der Vergangenheit oft darauf hin, dass die Nationalbank am Devisenmarkt interveniert hatte.»

Die neue Interventionsphase begann vermutlich sachte. Die Daten legten nahe, dass die Nationalbank im November bloss in geringem Mass Franken verkauft hatte, um den Aufwertungsdruck zu parieren (vgl. hier). Das war der erste direkte Eingriff am Devisenmarkt seit Sommer 2012. Damals kaufte die SNB monatelang in grossem Stil Fremdwährungen, um dem Zustrom in den Franken während der Eurokrise entgegenzutreten.

Die Giroguthaben werden nicht nur von Devisenkäufen der SNB beeinflusst. Gerade in der Vorweihnachtszeit mit einem hohen Umsatz im Detailhandel wäre es möglich, dass die Banken bei der SNB mehr Bargeld beziehen und dafür Giroguthaben abbauen. Und im Juni 2013 stiegen die Giroguthaben um 13 Mrd. Fr., als Postfinance eine Banklizenz erhielt und ihre Einlagen deshalb aus den übrigen Guthaben umgebucht wurden.

Der Frankenkurs notiert weit unten, und der Leitzins ist negativ

Nach der Ankündigung der Negativzinsen von –0,25% auf den Giroguthaben am vergangenen Donnerstag sprang der Franken-Euro-Wechselkurs von 1.2009 auf 1.2068 Fr./€. Seither hat sich das Währungspaar dem Mindestkurs erneut angenähert. Am Montagvormittag handelte es auf 1.2030 Fr./€. Damit ist der Abstand zur Untergrenze zwar gering, aber immerhin ausreichend, so dass die Nationalbank derzeit nicht intervenieren muss.

Der Dreimonatszins Libor und damit der Leitzins ist vergangene Woche erstmals in den negativen Bereich gerutscht. Er sank von 0,004% am Mittwoch auf –0,046% am Donnerstag. Am Freitag wurde der Referenzzins in London auf –0,047% fixiert. Die SNB hat am Donnerstag das Zielband für den Leitzins von zuvor 0 bis 0,25% nach unten erweitert, auf –0,75 bis 0,25%.

Wie wirkt der Negativzins?

Welche Auswirkungen Negativzinsen hätten, sei unklar, sagt William White, ehemaliger Chefökonom der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), im FuW-Interview. «Die Zero Lower Bound könnte die Quantenmechanik der Geldpolitik sein. Die Dinge funktionieren nicht wie gewöhnlich.» Viele Kommentatoren halten die direkten Auswirkungen der Negativzinsen für gering. Der Effekt sei kaum spürbar, sagt etwa Martin Neff, Chefökonom von Raiffeisen Schweiz, im FuW-Interview.

Im Gegensatz dazu erklärte Jordan am vergangenen Donnerstag, vielen Marktteilnehmern sei noch nicht genau klar, wie stark der Negativzins wirken werde; wie einschneidend und belastend er sein werde für grosse Kontoinhaber. «Der Preis für überschüssige Liquidität im Markt wird in Richtung der Kosten gehen, die die Nationalbank belastet.» Zudem könne die SNB den Negativzins herabsetzen und den Freibetrag, der nicht vom negativen Zins betroffen ist, verkleinern.

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