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19:50 Uhr - 22.07.2015

Schindler meidet Konfrontation mit der UEK

Der Aufzugshersteller will den Entscheid der Übernahmekommission nicht anfechten. Die Behörde hatte die Einführung einer Angebotspflicht in den Statuten untersagt. Schindler sagt die a.o. GV ab.

Der Verwaltungsrat von Schindler (SCHN 153.5 -1.6%) hat am Mittwoch entschieden, einer Konfrontation mit der Übernahmekommission (UEK) aus dem Weg zu gehen. Die Behörde hatte am Vortag das Vorhaben der Aufzugs- und Fahrtreppenherstellers, in seinen Statuten eine sogenannte Opting-in-Klausel zum Schutz der Minderheitseigner zu verankern, mit Verweis auf das Börsengesetz untersagt.

“Wir haben eine konstruktive und innovative Lösung vorgeschlagen”, betonte Chefjurist und Verwaltungsrat Karl Hofstetter auf Anfrage von “Finanz und Wirtschaft”. Aber Schindler wolle sich nicht mit der UEK anlegen, man suche nicht die Auseinandersetzung. Der UEK-Entscheid wird nicht angefochten, die für den 11. August geplante ausserordentliche Generalversammlung abgesagt.

Der Verwaltungsrat habe aus rein ökonomischer Warte entschieden, ergänzte Hofstetter, eine Anfechtung des Entscheids bei der Finanzmarktaufsicht (Finma) wäre langwierig und kostspielig gewesen. Stattdessen wolle sich die Unternehmensführung auf die operativen Herausforderungen konzentrieren.

Das Wort Schindlers gilt trotzdem

Und vor allem, unterstrich der Titularprofessor für Privat- und Wirtschaftsrecht der Universität Zürich, bleibe die Zusage von Alfred N. Schindler bestehen, dass im Fall eines Verkaufs einer Stimmenmehrheit der Übernehmende freiwillig sämtlichen Inhabern von Namenaktien und Partizipationsscheinen (PS) ein öffentliches Kaufangebot unterbreiten müsse. Nur werde dieses Versprechen jetzt nicht wasserdicht in den Statuten verankert.

“Wir wurden vom UEK-Entscheid absolut überrascht und sind sehr enttäuscht”, sagte der Jurist. Man könne den Entscheid nicht nachvollziehen, da ja die Minderheitsaktionäre besser hätten geschützt werden sollen. Laut Hofstetter hat Schindler eine rein aktienrechtliche Lösung vorgeschlagen, was ein Hauptgutachten von Professor Peter Forstmoser bestätigt habe. Auch die Ethos-Stiftung, die die Interessen vieler Pensionskassen vertritt, hatte sich für ein Ja zum Opting-in an der a.o. GV ausgesprochen.

Anfang Juli hatte Hofstetter mit seinem Auftraggeber, Alfred N. Schindler, Verwaltungsratspräsident des gleichnamigen Aufzugs- und Fahrtreppenherstellers, die rechtliche «Innovation» namens Opting-in vorgestellt: eine Klausel, die die Pflicht für ein öffentliches Übernahmeangebot unter gewissen Bedingungen (wenn ein Dritter 50% oder mehr der Aktien hält) wiederaufleben lassen soll.

Schindler im ClinchDie Übernahmekommission untersagt die vorgesehene Opting-in-Klausel des Aufzugs- und Fahrtreppenherstellers. Die Statutenänderung verstosse gegen das Börsengesetz und sei «systemfremd». Lesen Sie hier mehr.An der ausserordentlichen Generalversammlung wollte Schindler die Klausel in die Statuten einbringen. Dort ist bereits die Opting-out-Klausel verankert, die ­einem Unternehmen erlaubt, die gesetzlich festgelegte Angebotspflicht, die ab einem Aktienanteil von einem Drittel gilt, für sich auszuschliessen.

«Lex Schindler» gemäss UEK nicht gesetzeskonform

Ein fünfköpfiger Ausschuss der Übernahmekommission unter dem Vorsitz von Präsident Luc Thévenoz hat nun der «Lex Schindler» einen Riegel geschoben. In einer fünfzehnseitigen Verfügung stellt sie fest, dass die von Schindler beabsichtigte Statutenänderung gegen das Börsengesetz verstosse und folglich in ihre Entscheidungskompetenz falle.

Die Absicht des Konzerns sei zwar «redlich und grundsätzlich begrüssenswert, geht sie doch in Richtung des Schutzes von Minderheiten». Doch die vorgeschlagene Lösung sei «systemfremd» und würde jeder Gesellschaft in einer ähnlichen Situation die Möglichkeit geben, sich ihr eigenes massgeschneidertes System zu schaffen.

Das Gesetz erlaube kotierten Gesellschaften zwar, einige Vorschriften zu modifizieren oder, eben mit dem Opting-out, völlig wegzubedingen. Doch es erlaube «keine massgeschneiderten Lösungen ausserhalb des recht­lichen Rahmens».

Der Industriekonzern hatte Anfang Juli mit Blick auf den «Fall Sika» angekündigt, die Statuten mit der massgeschneiderten Klausel zu ergänzen. Geplant war, dass ein Aktionär, der 50% oder mehr des Aktienkapitals erwirbt, allen Aktionären und Inhabern von Partizipationsscheinen ein freiwilliges öffentliches Kaufangebot unterbreiten muss. Sonst könne er nicht als Aktionär mit Stimmrecht im Aktienbuch eingetragen werden.

Hehre Absichten

Mit den Änderungen wollte der Verwaltungsrat von Schindler sicherstellen, dass Veränderungen im Aktionärspool der Familien nicht zur Folgen haben, dass für alle kotierten Titel eine öffentliche Kaufofferte unterbreitet werden muss. Und zweitens, falls es zum Verkauf einer Mehrheitsbeteiligung kommt, dass alle Inhaber von Aktien und Partizipationsscheinen (PS) ihre Anteile verkaufen können.

Alfred N. Schindler betonte an einer Pressekonferenz Anfang Juli, das Opting-in diene dazu, eine Sippenhaft mit Sika (SIK 3381 -1.11%) zu vermeiden. Ausserdem sollte die neue Regelung die nachfolgenden Familiengenerationen “disziplinieren”. Eine Aufhebung der Klauseln wäre nur mit einem Mehr von drei Vierteln aller Aktienstimmen möglich gewesen.

Schindler ist wie Sika in Familienhand: Die Familien Schindler und Bonnard sowie Nahestehende halten mit 42% des Kapitals rund 70% der Stimmen. Der «Fall Sika» machte Schlagzeilen, weil die Familienaktionäre ihre Kontrollmehrheit Ende 2014 an Saint-Gobain (SGO 42.92 -0.35%) verkauften. Dabei liessen sie sich ihr Aktienpaket (16% des Kapitals, 53% der Stimmen) mit einer satten Prämie abgelten, während die Drittaktionäre leer ausgingen.

An der Börse schlossen die Schindler-Papiere am Mittwoch mit 1,7% im Minus auf 152,70 Fr. während der Gesamtmarkt um rund 1% nachgab.

Die komplette Historie zu Schindler finden Sie hier. »

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