Für hiesige Unternehmen ist es harziger geworden, in den Emerging Markets Wachstum zu generieren. Es gibt indessen auch Reaktionsmöglichkeiten.
Die Dynamik in den Schwellenländern (Emerging Markets, EmMa) hat in den ersten Monaten des laufenden Jahres weiter nachgelassen. Das bleibt für Schweizer Unternehmen mit einem hohen EmMa-Exposure nicht ohne Folgen. Es sei für sie «deutlich harziger geworden, in Schwellenländern Wachstum zu generieren», sagt Lorenz Reinhard, Leiter Schweizer Aktien bei Pictet. Hiesige Unternehmen erzielen gemäss einer Studie von Morgan Stanley (MS 37.89 0.93%) im Durchschnitt rund einen Drittel ihres Umsatzes in Emerging Markets. Sie gehören damit in Europa zu den Gesellschaften mit einem der höchsten EmMa-Exposure.
«Das Wachstum in den Schwellenländern hat sich im ersten Quartal weiter abgeschwächt», konstatiert Beat Schumacher, Ökonom bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB). Von der Abschwächung seien speziell die Rohstoffexporteure unter den Emerging Markets betroffen, vor allem in Lateinamerika. «Brasilien ist gar in eine Rezession gerutscht», sagt Schumacher. Die Investitionen seien geschrumpft und der Privatkonsum schwäche sich ab.
Russland, ein europäischer Rohstoffexporteur, durchläuft dieses Jahr gemäss Schumacher ebenfalls eine Rezession, auch aufgrund der westlichen Sanktionen gegen das Land. Auch dort würden Investitionen und Privatkonsum sinken. Die Rohstoffexporteure leiden unter der schwächelnden Nachfrage und den niedrigen Preisen. Weil er weniger einnimmt, beginnt auch der Staat zu sparen, was die Wachstumsdynamik ebenfalls hemmt.
Indien noch am besten
Die Rohstoffimporteure unter den Emerging Markets, darunter viele asiatische Länder, halten sich dagegen gemäss Schumacher besser. «Ihre Wirtschaft profitiert von den aktuell günstigen Rohstoffpreisen», erklärt der ZKB-Ökonom. Aktiencheck von Schweizer TitelBranche Konsum und Luxus:
Nestlé, Swatch Group und Richemont
Branche Industrie:
ABB, Holcim und SchindlerVor allem für Indien sind viele Schweizer Unternehmen – etwa der Aufzughersteller Schindler (SCHN 157 0.96%) – weiterhin optimistisch. Das Land sei noch «das Intakteste unter den grossen Emerging Markets», sagt Pictet-Mann Reinhard.
Wie geht es weiter in den Schwellenländern? ZKB-Ökonom Schumacher sieht einen Silberstreif am Horizont. Angesichts der spürbaren Wachstumsabschwächung auch in China habe die dortige Regierung begonnen, die Wirtschaft wieder deutlich zu stimulieren. In anderen Emerging Markets seinen Leitzinssenkungen durchgeführt oder angekündigt worden. Diese Massnahmen würden kurzfristig zu einer Stabilisierung des Wachstums führen.
«Insgesamt gehen wir davon aus, dass es in den Schwellenländern in der zweiten Hälfte 2015 zu einer marginalen Erholung kommt», prognostiziert Schumacher. Dazu würden auch die Industrieländer beitragen. In den USA und in der Eurozone sei mehr Wachstum zu beobachten. Das erlaube es den Schwellenländern, ihre Exporte dorthin wieder zu steigern.
Trotzdem: «Schweizer Unternehmen spüren, dass in den Schwellenländern im Vergleich zur Situation vor drei, vier Jahren der Schwung fehlt», sagt Pictet-Mann Reinhard. Konzerne, die damals als Gewinner der Globalisierung und der stürmischen Entwicklung Asiens und insbesondere Chinas gefeiert worden seien, hätten heute Mühe an der Börse.
Reinhard glaubt, dass es für Schweizer Unternehmen in den Emerging Markets «noch längere Zeit schwierig» bleibt. Von den Schwellenländern werde «in nächster Zeit kein grosser Impuls» ausgehen.
Partner können helfen
Wie reagieren hiesige Konzerne auf die Wachstumsverlangsamung in den Emerging Markets? Sie machen – wie etwa der Nahrungsmittelmulti Nestlé (NESN 72.55 1.68%) – ihr Produktportfolio schwellenländertauglich, registriert Reinhard. So würden Unternehmen etwa von High-End-Produkten auf Waren im Middle- oder Low-End-Bereich ausweichen, um sich einen grösseren Markt zu erschliessen.
Zu beobachten seien auch Kooperationen mit lokalen Partnern oder Akquisitionen von lokalen Unternehmen, um einen besseren Zugang zu einem Schwellenland zu haben. So hat sich etwa der Automations- und Elektrotechnikkonzern ABB (ABBN 20.39 3.35%) im vergangenen Jahr den chinesischen Batteriehersteller BYD als Partner geangelt.
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