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17:30 Uhr - 19.04.2016

Mieten in der Schweiz stagnieren

Das Ende des jahrelangen Booms am Schweizer Wohnungsmarkt scheint nahe. Gemäss dem Immobilien-Monitoring von Wüest & Partner werden die Preise 2016 höchstens moderat steigen.

Die Preise am Schweizer Wohnungsmarkt haben sich vergangenes Jahr stabil entwickelt, wie aus dem Monitoring des Immobilienberatungsunternehmens Wüest & Partner hervorgeht. Der hohen Nachfrage stehePreisveränderungen nach Segmentzoom in den meisten Regionen mittlerweile ein stabiles Angebot gegenüber. Das Risiko einer starken Preiskorrektur bleibe aber weiterhin klein. Bei den Geschäftsflächen sei 2015 die Vermietung aufgrund des stagnierenden Bedarfs hingegen erneut schwieriger geworden.

Die Wohnungsmieten stiegen 2015 erstmals seit über zehn Jahren nicht weiter, und auch die Zunahme der Angebotspreise bei den Eigentumswohnungen hat sich abgeschwächt. Im laufenden Jahr dürften sich die Angebotsmieten gemäss Wüest & Partner gesamtschweizerisch gar rückläufig entwickeln, während die Kaufpreise für Wohnungen und Einfamilienhäuser noch Potenzial nach oben hätten. Gestützt wird diese Entwicklung durch die rekordtiefen Hypothekarzinsen, die die Finanzierung von Wohneigentum vergünstigen.

Mieten stagnieren

Der jahrelange Boom im Mietsegment ist im vergangenen Jahr gesamtschweizerisch betrachtet wie erwartet zu Ende gegangen. Die hohe Nachfrage nach Mietwohnungen wurde durch den Bau neuer Mehrfamilienhäuser mehr als befriedigt. Dank der Angebotsausdehnung dürften die Preise je nach Region auch im laufenden Jahr stagnieren oder bis zu 0,8% zurückgehen.

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Insbesondere ausserhalb der städtischen Zentren und ihrer Agglomerationen könnte das schnell wachsende Angebot zu einem Preisrückgang führen. Demgegenüber bleibt die Situation am Wohnungsmarkt in der Stadt Zürich weiterhin angespannt. 2015 sind die Mieten erneut 1,2% gestiegen. Das ist zwar deutlich weniger als der jährliche Anstieg von 3,3%  zwischen 2005 und 2015, aber der hohe Bedarf dürfte die Preise auch im laufenden Jahr nach oben treiben.

Region Genfersee als Blasenindikator? Ein besonderes Augenmerk legen die Immobilienberater auf die Region um den Genfersee. Dort fielen im vergangenen Jahr die Preise in den Wohnsegmenten mehr als 5%. Die jüngste Entwicklung wecke Erinnerungen an das Ende des Immobilienbooms Anfang der Neunzigerjahre. Damals sanken zunächst die Kauf- und die Mietpreise für Häuser und Wohnungen am Genfersee, bevor der ganze Schweizer Immobilienmarkt in eine Krise schlitterte.

Trotz dieser Parallelen, die auf ein abruptes Ende der Preisrally hindeuten, sei momentan eine moderate Korrektur wahrscheinlicher als eine schweizweite Krise. Der Immobilienmarkt rund um den Genfersee unterscheide sich in wesentlichen Punkten von damals.

So sind die Preise in dieser Region zwischen 2005 und 2015 überdurchschnittlich stark gestiegen, während sie vor der Krise in den Neunzigerjahren hinter dem Schweizer Schnitt zurückblieben. Die Korrekturen seien damit eher als Folge von lokalen Übertreibungen zu interpretieren. Zudem gebe es keine Indizien für spekulative Transaktionen.
Der durchschnittliche Preis für Wohneigentum ist im vergangenen Jahr mehr als 1,5% gestiegen. Bei den Einfamilienhäusern sorgte die rückläufige Neubautätigkeit schweizweit für eine Angebotsverknappung. Dies hatte insbesondere in den Agglomerationen der Deutschschweizer Städte deutlich höhere Preise zur Folge. Dieser Trend dürfte auch im laufenden Jahr anhalten.

Ebenfalls zugelegt haben die Preise für Eigentumswohnungen, wenngleich nicht so kräftig. Zudem beschränke sich die Nachfrage gemäss Wüest & Partner zunehmend auf Objekte der tieferen und der mittleren Preissegmente, wo die Preise 2016 noch leicht anziehen dürften. Im gehobenen Segment dagegen sind die Preise im vergangenen Jahr 1,5% gesunken.

Hypothekarzinsen auf Rekordtief

Begünstigt wird die anhaltend hohe Nachfrage nach Wohneigentum durch die tiefen Finanzierungskosten. Mitte April sind die durchschnittlichen Zinsen für siebenjährige Festhypotheken gemäss einer Erhebung des Hypo- und Vorsorgeberaters Moneypark auf ein Rekordtief von 1,3% gefallen. Festhypotheken mit zehnjähriger Laufzeit werden im Schnitt mit 1,55% verzinst.

Gemäss den Analysten der Credit Suisse dürften die Zinsen aufgrund des unveränderten geldpolitischen Kurses der Schweizerischen Nationalbank (SNB) auch in den kommenden zwölf Monaten tief bleiben. Sie hingen weiterhin von den Absicherungskosten ab, die Banken und Versicherern infolge der Negativzinsen entstünden.

Schwindende Nachfrage nach Geschäftsflächen

Eingetrübte Konjunkturaussichten und strukturelle Veränderungen am Arbeitsmarkt dämpften auch im vergangenen Jahr die Nachfrage nach Geschäftsflächen. Einerseits drückte der stagnierende Umsatz die Preise der Verkaufsflächen, sodass die Mieten im Schnitt um mehr als 5% sanken. Andererseits wuchs aufgrund der Stellenverlagerung ins Gesundheits- und Sozialwesen der Bedarf an privaten Büroflächen weniger schnell als das Angebot. Es resultierte eine leichte Preiszunahme.

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Gemäss Wüest & Partner werde die Vermietung von Büro- und Verkaufsflächen auch im laufenden Jahr schwierig bleiben. Das Überangebot dürfte demnach 2016 zu einem deutlichen Mietpreisrückgang führen. Zudem wirkten auch hier regionale Unterschiede.

Während die Preise für Ladenflächen in den städtischen Zentren unterdurchschnittlich stark sinken werden, könnte die Angebotsausdehnung in den Agglomerationen zu stärkeren Mietpreiskorrekturen führen.

Das Angebot an Büroflächen dürfte dagegen die Nachfrage insbesondere in den Städten und ihren Agglomerationen deutlich übertreffen und dort auf die Mieten drücken.

Langfristige Aussichten

Mittel- und langfristig bestimmen gemäss Wüest & Partner verschiedene Faktoren die Nachfrage und damit die Preise am Wohnungsmarkt.

Neben steuerlichen Anreizen stehe dabei die Erreichbarkeit im Vordergrund. Sie gewinnt einerseits immer mehr an Bedeutung, da die Pendlerströme in den vergangenen Jahren aus verschiedenen Gründen deutlich zugenommen haben. So sind Arbeitsnehmer aufgrund hoher Miet- und Erwerbskosten bzw. eines chronischen Unterangebots von Wohnraum in den Zentren öfter gezwungen, in die umliegende Gebiete auszuweichen.

Andererseits ist die Attraktivität der Agglomeration insbesondere um die urbanen Zentren Zürich und Genf dank Investitionen in die öffentliche Verkehrsinfrastruktur weiter gestiegen. In diesen Regionen schaffe das grössere Wohnungsangebot eine höhere Nachfrage.

Veränderungen am Arbeitsmarkt würden zudem die Bedeutung der Mobilität tendenziell noch verstärken. Der Strukturwandel weg vom industriellen Sektor und die fortschreitende Automatisierung insbesondere in der Landwirtschaft erhöhen das Stellenangebot in den und um die städtischen Zentren. Derweil geht der Beschäftigungsrückgang in den ländlichen Gebieten vor allem im Alpenraum weiter.

Insgesamt würden Wohngebiete mit Neubaupotenzial, die durch den öffentlichen Verkehr besser erschlossen werden, in Zukunft attraktiver. Dort dürfte die Nachfrage eher noch zunehmen und die Preise hoch halten.

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