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11:47 Uhr - 29.12.2014

Nationalbank hat Devisen gekauft

Die Intervention zeigt sich in den Guthaben der Banken bei der SNB. Der Leitzins sinkt weiter ins Negative, und der Franken-Euro-Kurs notiert knapp über der Untergrenze. Die Vermutung, der Mindestkurs sei unterschritten worden, hat die SNB zurückgewiesen.

«Der Franken stand in den letzten Tagen erneut unter Aufwertungsdruck, in diesem Umfeld mussten wir den Mindestkurs mit Devisenmarktinterventionen sicherstellen», hatte Nationalbankpräsident Thomas Jordan am 18. Dezember erklärt, als er den Negativzins ankündigte (vgl. hier). Die rasch zunehmende Unsicherheit an den Finanzmärkten habe zu einer deutlich erhöhten Nachfrage nach sicheren Anlagen geführt.

In welchem Umfang die SNB interveniert hat, wollte Jordan nicht sagen. Aufschluss geben sollten die jeweils am Montag von der Nationalbank publizierten Giroguthaben – die Summe dieser Guthaben, die die SNB den Banken gewährt, war in der Vergangenheit ein guter Indikator für Interventionen am Devisenmarkt.

Doch am 22. Dezember gaben die Zahlen ein Rätsel auf. Der Bestand der Giroguthaben blieb von Freitag, dem 12., bis Freitag, dem 19. Dezember, unverändert auf 316 Mrd. Fr. Immerhin nahmen die Giroguthaben im Wochendurchschnitt um 3 Mrd. Fr. zu.

Die Giroguthaben spiegeln den Devisenkauf

Nun haben die Giroguthaben deutlich zugenommen. Der Bestand stieg von Freitag, dem 19., bis Freitag, dem 26. Dezember, um 10,8 Mrd. auf 326,9 Mrd. Fr. Um den gleichen Betrag stieg auch der Wochendurchschnitt der Guthaben.

Schon Ende November hatten die Guthaben einen Sprung nach oben von 9 Mrd. Fr. gemacht. «In den vergangenen Wochen sind die Giroguthaben gestiegen, und auch die Währungsreserven der SNB haben zugenommen», erklärte damals Nannette Hechler-Fayd’herbe, Leiterin Investment Strategy der Credit Suisse. «Diese Konstellation deutete in der Vergangenheit oft darauf hin, dass die Nationalbank am Devisenmarkt interveniert hatte.»

Erste Interventionsphase seit Sommer 2012

Die neue Interventionsphase begann sachte. Die Daten legen nahe, dass die Nationalbank im November nicht in grossem Mass intervenierte (vgl. hier), und auch der Eingriff im Dezember war vergleichsweise moderat, wie jetzt aufgrund des nicht allzu grossen Anstiegs der Giroguthaben zu vermuten ist. Dies sind die ersten Devisenkäufe seit Sommer 2012. Damals kaufte die SNB monatelang für insgesamt 190 Mrd. Fr. Fremdwährungen, um dem Zustrom in den Franken während der Eurokrise entgegenzutreten.

Die Giroguthaben werden nicht nur vom Devisenkauf der SNB beeinflusst. Gerade in der Vorweihnachtszeit mit einem hohen Umsatz im Detailhandel wäre es möglich, dass die Banken bei der SNB mehr Bargeld beziehen und dafür Giroguthaben abbauen. Und im Juni 2013 stiegen die Giroguthaben um 13 Mrd. Fr., als PostFinance eine Banklizenz erhielt und ihre Einlagen deshalb aus den übrigen Guthaben umgebucht wurden.

Derzeit muss die SNB nicht intervenieren

Nach der Ankündigung der Negativzinsen von –0,25% auf den Giroguthaben am 18. Dezember sprang der Franken-Euro-Wechselkurs von 1.2009 auf 1.2068 Fr./€. Seither hat sich das Währungspaar dem Mindestkurs erneut angenähert, der Kurs hat sich um 1.2030 Fr./€ stabilisiert. Damit ist der Abstand zur Untergrenze zwar gering, aber immerhin ausreichend, sodass die Nationalbank derzeit nicht intervenieren muss.

Mindestkurs unterschritten?(AWP) Der Franken bleibt an den Devisenmärkten trotz Einführung von Negativzinsen durch die Nationalbank (SNB) unter starkem Aufwertungsdruck. Am Weihnachtstag rutschte der Kurs des Euros kurzzeitig knapp unter die Untergrenze von 1.20 Fr. Die SNB spricht von unverbindlichen Preisindikationen einzelner Banken – der Mindestkurs sei zu keiner Zeit verletzt worden.

Gemäss Marktdaten hat der Kurs des Euros am frühen Nachmittag des 25. Dezember Notierungen von 1.1989 Fr. erreicht. Danach stieg er wieder auf 1.2024 Fr. und hält sich seither über 1.2020 Fr. Am Freitagnachmittag notiert der Euro bei 1.2029 Fr. und damit wieder mit einem gewissen Abstand zu dem im Jahr 2011 eingeführten Mindestkurs.

Die SNB reagierte am späteren Freitagnachmittag und relativierte den Kurs. «Bei den in den Medien gemeldeten Kursen handelt es sich um unverbindliche Preisindikationen, die einzelne Banken ihren Kunden offerieren», heisst es in der SNB-Mitteilung. Die zitierten Daten zeigten daher in keiner Weise an, dass im Interbankenmarkt Transaktionen unter 1.20 Fr. pro Euro stattgefunden hätten.

Der Mindestkurs sei zu keiner Zeit verletzt worden – vielmehr sei der Mindestkurs von 1.20 Fr. pro Euro auch über die Festtage «jederzeit sichergestellt».
Am 25. Dezember sank der Wechselkurs gemäss der Agentur Bloomberg auf das Tief von 1.2004 Fr./€. Die Vermutung kursierte, der Mindestkurs sei unterschritten worden. Die Nationalbank dementierte (vgl. Textkasten).

Der Leitzins rutscht weiter in den negativen Bereich

Mit der Ankündigung des Negativzinses auf den Giroguthaben am 18. Dezember ist der Dreimonatszins Libor und damit der Leitzins erstmals in den negativen Bereich gerutscht. Die SNB hatte gleichzeitig das Zielband für den Leitzins von zuvor 0 bis 0,25% nach unten erweitert, auf –0,75 bis 0,25%. Der Libor sank zuerst von 0,004 auf –0,046%. Danach ist er weiter gefallen, zuletzt wurde der Referenzzins in London auf –0,061% fixiert. Mit einem negativen Leitzins betritt die SNB Neuland (vgl. hier).

Auf die Frage eines Journalisten, ob Hausbesitzer mit Libor-Hypotheken künftig der Bank eine Rechnung schicken können, scherzte Jordan: «Sie können es ja versuchen.» Er gehe allerdings davon aus, dass die Banken die Bedingungen so anpassen, dass der Zins für Libor-Hypotheken nicht negativ werde.

Wie wirkt der Negativzins?

Welche Auswirkungen Negativzinsen hätten, sei unklar, sagt William White, ehemaliger Chefökonom der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), im FuW-Interview. «Die Zero Lower Bound könnte die Quantenmechanik der Geldpolitik sein. Die Dinge funktionieren nicht wie gewöhnlich.» Viele Kommentatoren halten die direkten Auswirkungen der Negativzinsen für gering. Der Effekt sei kaum spürbar, sagt etwa Martin Neff, Chefökonom von Raiffeisen Schweiz, im FuW-Interview.

Im Gegensatz dazu erklärte Jordan am 18. Dezember, vielen Marktteilnehmern sei noch nicht genau klar, wie stark der Negativzins wirken werde, wie einschneidend und belastend er sein werde für grosse Kontoinhaber. «Der Preis für überschüssige Liquidität im Markt wird in Richtung der Kosten gehen, die die Nationalbank belastet.» Zudem könne die SNB künftig den Negativzins herabsetzen und den Freibetrag, der nicht vom negativen Zins betroffen ist, verkleinern.

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