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07:28 Uhr - 14.01.2015

Kuoni will kein Reiseveranstalter mehr sein

Der grösste Schweizer Reisekonzern baut sich radikal um. Er will reiner Dienstleister für die globale Reiseindustrie sein. Das Veranstaltergeschäft soll verkauft werden.

Paukenschlag in der Reisebranche. Kuoni (KUNN 332.5 6.57%) mit einem Umsatz von 5,5 Mrd. Fr. will sein Tour Operating Geschäft veräussern. Künftig will sich der Konzern auf Geschäftskunden (B2B) und die Visaverarbeitung konzentrieren. Das traditionelle Reiseveranstaltergeschäft mit Reisebüros will Kuoni verkaufen. «Der Entscheid ist im Verwaltungsrat und in der Geschäftsleitung einstimmig gefallen», erklärt Verwaltungsratspräsident Heinz Karrer. Im Gremium sitzt mit David Schnell auch ein Mitglied des Stiftungsrates der Kuoni- und Hugentobler-Stiftung, dem massgeblichen Investor mit 25% der Stimmen und 6,25% des Kapitals.

In der neuen Struktur besteht der Konzern aus drei Divisionen: Global Travel Distribution (GDT), Global Travel Services (GTS) und VFS Global. GDT ist Grossist und Anbieter von Hotelübernachtungen für andere Reiseunternehmen. Dieses B2B-Geschäft generiert 43% des Umsatzes in den Quellenmärkten Asien, Mittleren Osten und Afrika. GTS bietet Dienstleistungen für Veranstalter von Gruppenreisen an. 60% des Umsatzes stammt aus dem asiatisch-pazifischen Raum. VFS Global betreibt für 45 Regierungen 1400 Visa-Antragszentren in 117 Ländern und besitzt einen Marktanteil von 50%.

Visa-Perle

Das Visaverarbeitungsgeschäft erzielt beinahe 70% des Umsatzes mit Reisenden aus dem asiatisch-pazifischen Raum. VFS Global ist die Perle des Unternehmens. Die kleine Division mit einem Umsatzanteil von 5% trug bisher 67% zum Betriebsergebnis bei. In der neuen Struktur wird das Visageschäft 8% zum Umsatz beitragen. Die grösste Division wird GTD mit 56% sein. Zusammen haben diese drei Divisionen 2014 mit 8000 Mitarbeitenden einen Erlös von 3,4 Mrd. erwirtschaftet, was 60 % des Gesamtumsatzes des Reisekonzerns ausmacht. In allen diesen drei Divisionen gehört Kuoni global zu den Marktführern und will dort auch über dem Markt wachsen, dessen Jahreswachstum auf 3,8% prognostiziert wird. Kuoni Group soll das neue Unternehmen heissen.

Ausstieg richtig

Das traditionelle Reiseveranstaltergeschäft ist stark im Umbruch auch wegen des stark wachsenden Onlinegeschäfts. Skaleneffekte sind hier entscheidend. Kuoni konnte in diesem Geschäft seit längerem nicht mehr gut mithalten und ist deshalb bereits 2013 aus dem unprofitablen Tour Operating Geschäft in Europa ausgestiegen.

Vergangenes Jahr hat vor allem das Reiseveranstaltergeschäft in Skandinavien mit Verlust auf Kuoni gedrückt. Der Umsatz von Outbound Nordic fiel 14,1%. Meier glaubt, dass dies ein einmaliges Ereignis gewesen sei, da zu schönes Sommerwetter die Reiselust der Nordeuropäer dämpfte. Doch dass dieses Geschäft mit 771 Mitarbeitenden veräussert werden soll, erstaunt nicht. Die Chancen für einen schnellen Turnaround unter dem Kuoni Dach sind gering. Keine roten Zahlen soll Kuoni Schweiz schreiben. Vergangenes Jahr hat Kuoni Schweiz 679 Mio. Fr. umgesetzt und 1051 Personen  beschäftigt.

Neben dem Reiseveranstaltergeschäft in der Schweiz und Skandinavien/Finnland gehören auch Tour Operatings in Grossbritannien, Benelux, Hongkong/China und Indien zu Kuoni. Insgesamt arbeiten 3800 Mitarbeitende im traditionellen Veranstaltergeschäft, die 2014 einen Umsatz von 2,2 Mrd. Fr. erwirtschaftet haben.

Im vergangenen Jahr sank der Umsatz des Reisekonzerns 2,8% auf 5,5 Mrd. Fr. Für 2014 erwartet Kuoni ein Betriebsergebnis von 85 Mio. Fr. und einen Gewinn von 66 Mio. Fr. was an der unteren Bandbreite von Kuonis früheren Prognose liegt. Genauere Angaben werden erst am 17. März veröffentlicht.

Als Käufer für das Tour Operating Geschäft kommen Konkurrenten, aber auch Private Equity (PEHN 64 0.79%) Gesellschaften in Frage, wie CEO Peter Meier erklärt. Dabei soll das Reiseveranstaltergeschäft als ganzes oder pro Land verkauft werden. Einzelne Filetstücke sind nicht zu haben.

Meier will den Wert des Verkaufs nicht beziffern. Marktbeobachter schätzen ihn auf 300 bis 500 Mio. Fr.  Ein Buchverlust soll beim Verkauf nicht resultieren. Käufer können auch die Marke Kuoni erwerben.

Tui, Thomas Cook oder Migros?

Der grösste europäische Reisekonzern Tui will auf Anfrage von FuW strategische Entscheidungen von Mitbewerbern nicht kommentieren. Auch der zweitgrösste Reisekonzern Thomas Cook (TCG 128.7 -1.83%), an dessen Spitze mit Peter Fankhauser ein Ex-Kuoni-Mann steht, bezieht zu einem Kauf nicht Stellung. Allerdings betont der Sprecher von Thomas Cook: «Wir sind gut aufgestellt mit unserem Produktportfolio. Im Dezember haben wir in UK unser Premium- und Luxusangebot relauncht und können so auch Premiumkunden ein attraktives Angebot machen.» Diese Aussage spricht eher gegen einen Kauf von Kuoni.

In der Schweiz hat Kuoni bereits in früheren Jahren Gespräche mit Migros Hotelplan und Tui Schweiz geführt, die aber zu keinen Ergebnissen führten. Nun ist die Ausgangssituation aber neu: Hotelplan Sprecherin Prisca Huguenin-dit-Lenoir erklärt: «Zu strategischen Belangen geben wir keine Auskunft.»

Kein Plan B

Kuoni-CEO Meier erklärt der FuW: «Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir bis Ende Jahr das Reiseveranstaltergeschäft verkaufen können.» Bis jetzt seien noch keine Verkaufsgespräche geführt worden. Falls ein Verkauf misslingt, hat Meier keinen Plan B im Sack. Das Konzernergebnis 2015 wird voraussichtlich mit 25 Mio. Fr. Kosten aus dem Verkaufsprozess belastet, während die Erlöse aus dem Verkauf eher im Jahr 2016 erwartet werden. Die Dividendenpolitik soll unverändert bleiben. Weiterhin sollen 40 bis 45% des Gewinns ausgeschüttet werden.

Der Entscheid sich als Dienstleister für die globale Reiseindustrie zu konzentrieren ist sinnvoll. Denn hier liegen für Kuoni Wachstumschancen und Profitabilität. Im traditionellen Reiseveranstaltergeschäft konnte Kuoni bereits seit längerem nicht mehr mithalten. Ein Verkauf ist richtig, aber es wird schwierig werden in einer gebeutelten Reisebranche Käufer zu finden.

Der Markt hat auf die neue Strategie von Kuoni sehr positiv reagiert. Mit einem geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2015 von 14 sind die Titel attraktiv.

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