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11:11 Uhr - 24.12.2014

«Liquide, wach und reaktionsschnell sein»

Daumen hoch für Aktien auch im neuen Jahr, sagen unsere Panelisten: Fondsmanagerin Meret Gaugler von Lombard Odier und die Chefstrategen Christophe Bernard von Vontobel und André Kistler von Albin Kistler Vermögensverwaltung.

Die Spannung ist gross, denn im neuen Jahr wird einiges anders sein. An der Zinsfront kündigen sich Veränderungen an. Wann, wenn nicht jetzt, heisst es für Europa, wo die Wirtschaft wachsen und die Politik Reformen anpacken muss. Hält die Eurountergrenze zum Franken, ist eine der Fragen, die die Schweiz beschäftigen. Gibt es ein weiteres gutes Börsenjahr, und wohin steuern die Anleihenmärkte? Im traditionellen FuW-Anlagepanel stellen eine Fondsmanagerin und zwei Chefstrategen ihr Szenario vor und nennen ihre Anlagefavoriten.

Das zu Ende gehende Jahr war konjunkturell und geopolitisch schwierig. Trotzdem haben sich die Märkte gut gehalten. Frau Gaugler, was nehmen Sie davon mit ins neue Jahr?
Meret Gaugler: Das neue Jahr könnte ähnlich aussehen wie das alte. Geopolitisch bleibt das Bild gemischt oder sogar eher negativ, doch wie 2014 könnten die Märkte wenig darauf reagieren. Es gilt auch,  dass Aktien kaum Alternativen haben, und viele Anleger sind noch wenig engagiert –  ein gutes Vorzeichen für weiteres Aufwärtspotenzial an den Börsen. Es wird wohl wie im alten Jahr immer wieder Phasen von Nervosität geben, aber davon sollte man sich nicht allzu sehr abschrecken lassen.

«Large Caps würden wir aus Liquiditätsgründen vorziehen.» Christophe Bernard, Chefstratege, Vontobel Asset Management zoomIhre Sicht, Herr Bernard?
Christophe Bernard: Die Geldpolitik bleibt locker, ausser in den USA. Die Frage ist: Gerät Europa nochmals in die Rezession? Das ist extrem unwahrscheinlich. Aber die Unternehmensgewinne müssen wachsen, wonach es in den meisten Fällen auch aussieht. Die Kombination von expansiver Geldpolitik und steigenden Unternehmensgewinnen – selbst wenn das Tempo etwas nachlassen sollte – spricht für risikoreichere Anlagen und besonders für Aktien. Zu beachten ist, was passiert, wenn die US-Notenbank an der Zinsschraube dreht, und das möglicherweise stärker, als man heute meint. Das könnte für gewisse Sektoren und Länder, vor allem Schwellenländer, Konsequenzen haben.

Wie sehen Sie die Vorzeichen für 2015, Herr Kistler?
André Kistler: Sie sind sehr gut, wir freuen uns aufs kommende Jahr. Es gibt kaum Inflation, wir stehen im sechsten Jahr des wirtschaftlichen Aufwärtszyklus, und wir sind überzeugt, dass es nächstes und übernächstes Jahr keine globale Rezession geben wird. Zugegeben, das Wachstum ist schwach. Doch das hat seine Vorteile: Weit und breit ist keine Sättigung oder wirtschaftliche Übertreibung zu erkennen, die sonst immer Vorbote eines Abschwungs sind.

Die konjunkturellen und monetären Ungleichgewichte werden mit der erwarteten Zinswende in den USA und der weiterhin stark expansiven Geldpolitik in Europa und in Japan grösser. Wo zeigen sich die Auswirkungen am stärksten?
Kistler: Ich sage Ihnen, wo nicht: bei den Aktien. Aktien sind weiterhin klar zu günstig; die Risikoprämie – die Bewertungsdifferenz zu Anleihen – bewegt sich in der Schweiz um ausserordentlich hohe 6%, historisch sind es 3%.

Bernard: Die Divergenz wird sich eindeutig in den Währungen zeigen. Wir erwarten einen weiteren Anstieg des Dollars. Eine Steigerung um 10 bis 15% ist durchaus denkbar.

Eine weitere Erstarkung des Dollars ist mittlerweile Konsens. Stört das nicht?
Gaugler: Wir setzen ebenfalls auf einen stärkeren Dollar, was generell für den US-Markt positiv sein sollte. Jedoch stellt sich dann die Frage, inwieweit gewisse amerikanische Firmen im Auslandgeschäft leiden. Wir würden deshalb zunächst eher auf US-zentrische Unternehmen setzen, jedenfalls solange in Europa die Konjunktur nicht anspringt. Umgekehrt hier: Für europäische Unternehmen mit grossem US-Geschäft ist ein steigender Dollar günstig.

Die Aktienkurse sind 2014 im dritten Jahr in Folge stärker gestiegen als die Unternehmensgewinne – ein Alarmzeichen?
Gaugler: Es kommt sehr auf den jeweiligen Markt an. In den USA haben sich die Kurse seit 2009 im Durchschnitt verdreifacht, ohne eine einzige grosse Korrektur. Da könnte man schon etwas auf Selbstgefälligkeit schliessen. Doch unter anderem ein absehbar anziehendes Umsatzwachstum sowie die niedrigeren Energie- und Rohstoffpreise sollten gewinntreibend wirken. Die Zeichen stehen gut, wobei wir in Einzeltitel und nicht in den Gesamtmarkt investieren.

Kistler: Auch wir sind aktive Investoren, und trotzdem – die Bewertungsexpansion der letzten Jahre war nur eine Teilkorrektur der Unterbewertung in den davorliegenden Jahren. Seit der Krise 2007/2008 schneiden viele Unternehmen besser ab, als es die Kurse zum Ausdruck bringen.

Das Shiller-KGV – mit den Unternehmensgewinnen der vergangenen zehn Jahre als Basis – ist historisch hoch, während an der Risikoprämie gemessen Aktien günstig sind. Was gilt jetzt?
Kistler: Das sage ich Ihnen gerne: Aktienkurse hängen langfristig immer von zwei Grössen ab – den Unternehmensgewinnen und den Zinsen. Jetzt wissen wir, dass die Gewinne in den nächsten zwei Jahren stabil sein werden oder wahrscheinlich steigen und die Zinsen niedrig bleiben. Das bedeutet, Aktien sind im Verhältnis zu Zinsanlagen massiv unterbewertet.

Woran orientiert sich Vontobel, ob der Aktienmarkt niedrig oder hoch bewertet ist?
Bernard: Schon auch an der Risikoprämie. Aufschluss gibt ebenfalls die Dividendenrendite. Bei vielen Unternehmen ist sie höher als die Rendite der eigenen Obligation. Auch das weist auf eine günstige Bewertung von Aktien hin.

Die Zinsen werden künstlich niedrig gehalten. Verzerrt das nicht auch die Risikoprämie?
Bernard: Vielleicht sind die niedrigen Zinsen gar nicht so aussergewöhnlich. Betrachtet man die Verschuldung verschiedener Staaten, so liegen höhere Zinsen ganz einfach nicht drin. Für Japan, für Italien oder auch für Frankreich sind nachhaltig höhere Finanzierungskosten nicht mehr tragbar. Schon jetzt macht ihr Zinsdienst einen nicht unerheblichen Teil des Haushalts aus, und Schuldenschnitte sind kein Thema.

Gaugler: Ob künstlich oder nicht, Fakt ist, dass die Politik des billigen Geldes in Europa wohl weiter fortgeführt wird, auch um die drohende Deflation zu bekämpfen. In den USA ist die Lage anders, da werden die Zinsen möglicherweise bereits ab Mitte 2015 moderat heraufgefahren, bleiben im historischen Kontext aber weiter bescheiden.

Kistler: Wo es keine Inflation gibt, da ist auch die Gefahr steigender Zinsen klein. Die Dividendenrendite ist mit durchschnittlich 3% rund doppelt so hoch wie vor zehn Jahren, das gewährt Aktien ein starkes Fundament.

Gibt es eine Blase an den Zinsmärkten?
Kistler: Nein, zumindest nicht generell. Unsere Franken-Unternehmensobligationen rentieren auf Verfall rund 1%. Bei Nullinflation bedeutet das immer noch eine Realrendite. Eine riesige Blase gibt es hingegen bei den Staatsanleihen von finanziell schwachen Ländern. Diese sollten viel höhere Zinsen zahlen müssen.

Bernard: Die Europäische Zentralbank wird wohl im ersten Quartal 2015 mit dem Kauf von Staatsanleihen beginnen. Daher werden die Zinsen für Anleihen der Peripheriestaaten 2015 nicht steigen.

Wie stehen Sie zum Gold, das kaum noch Sympathien geniesst, auch wenn die Welt – Stichwort Russland und Rubel-Crash – nicht sicherer geworden ist?
Gaugler: Gold (Gold 1178.885 0.03%) ist historisch invers korreliert mit dem Dollar, und die US-Währung sehen wir höher tendieren.  Daher dürfte der Druck auf den Goldpreis anhalten.

Bernard: Die Goldproduktion ist zu hoch. Nach jahrelang massiven Investitionen in den Ausbau von  Minen und in neue Fördergebiete besteht nun, wie bei Erdöl und Eisenerz, ein klares Überangebot.

Kistler: Das gibt es in vielen Märkten, und es wird sich fortsetzen. Es illustriert die neue Epoche, in der wir uns befinden. Die Nachfrage ist zyklisch unter Druck, wegen der verlangsamten Weltwirtschaft, aber auch strukturell. Grossbezüger China wandelt sich von einer investitionsgetriebenen zu einer konsumorientierten Wirtschaft, was den Bedarf an Rohstoffen schwächt. Mich interessiert und beschäftigt etwas ganz anderes.

Verraten Sie es uns.
Kistler: Die Eurountergrenze zum Franken. Es ist unverständlich, wie man im Kern der Wirtschaft derart manipulierend eingreift und ein gewaltiges Risiko eingeht. Wenn der Euro weiter schwächelt und der Franken zwangsweise mitmacht, riskieren wir, wichtige Vorteile des Wirtschaftsstandorts Schweiz zu verlieren, wie die Preis-, die Kosten- und die Zinsstabilität.

Würde die Schweizer Wirtschaft einen frei schwankenden Franken verkraften?
Bernard: Es ist höchst unwahrscheinlich, dass 2015 der Franken-Peg aufgehoben wird. Die Kaufkraftparität liegt noch immer über dem jetzigen Kurs, bei etwa 1.27 Fr./€. Der Franken ist weiterhin überbewertet. Doch Herr Kistler hat recht, die grösste Gefahr für den Euro droht von politischer Seite. Sollte in einem Land eine Gruppierung, die zu Brüssel und anderen führenden EU-Ländern in Opposition steht, an die Macht kommen, oder falls «Euro-Austritt-Themen» wieder akut werden, löst das an den Märkten erneut Turbulenzen aus.

Kistler: Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Schweizerische Nationalbank am Peg noch jahrelang unverändert festhält. Mit einer schwachen Währung werden schwächere Wirtschaftssektoren  subventioniert und am Leben erhalten. Marktkräfte werden ausgeschaltet, notwendige Strukturbereinigungen bleiben aus – das ist langfristig fatal.

«Wir mögen Schweizer Unternehmen, weil sie global orientiert und damit stabiler sind.» Meret Gaugler, Co-Managerin Golden Age und Swiss Leaders Fund, Lombard Odier zoomDie SNB kämpft mit Negativzinsen gegen die Frankenstärke. Was bedeutet das für die Kapitalströme?
Gaugler:  Wiederum – Aktien sind relativ gesehen attraktiver, besonders die dividendenstarken. Zusätzlich sollte ein gegenüber dem Dollar schwächerer Franken Schweizer Unternehmen mit US-Umsatz Rückenwind verleihen.

Kistler: Die Negativzinsen sind reine Symptombekämpfung und werden nur kurzfristig Erleichterung verschaffen. Das Grundübel ist, dass die EU ihre Hausaufgaben nicht macht: Entschuldung, Reformen, Dezentralisierung. Der Euro wird in Bedrängnis bleiben.

Bernard: Für ein Urteil ist es etwas früh, auch wenn der Markt schon gesprochen hat und bezweifelt, dass die Senkung des Einlagensatzes auf –0,25% für Einlagen über 10 Mio. Fr. ausreicht, um den Aufwertungsdruck auf den Franken zu dämpfen. Allerdings wurden weitere Massnahmen, falls notwendig, in Aussicht gestellt. Ab einem bestimmten Niveau dürften Negativzinsen schon abschrecken. Aber an dieses Niveau wird sich die SNB (SNBN 1050 -1.04%) wohl herantasten müssen.

Die Macht des Faktischen macht auch vor Notenbanken nicht halt. Im Euroraum ist die Europäische Zentralbank Geisel derjenigen Länder, die immer mehr Schulden machen. Wie kommt sie, wie kommt Europa aus dieser Situation heraus?
Kistler: Die Einheitswährung ist die Ursache für die Probleme in der Eurozone. Die Länder mit schwacher Wirtschaft und Struktur können nicht abwerten, weil sie im Euro gefangen sind. Sie müssten intern über niedrigere Löhne und Kosten ihre Wettbewerbsposition stärken, doch dem sind soziale und politische Grenzen gesetzt. Unter den jetzigen Umständen können diese Länder nicht gesunden.

Bernard: Muss es wirklich so kommen? Kann man sich nicht auch ein positiveres Szenario vorstellen? Die USA wachsen schneller als erwartet, Hinweise darauf gibt es. In Deutschland gewinnt die Wirtschaft auch dank dem Export wieder an Fahrt. Frankreich und Italien packen allmählich die lang ersehnten Reformen an. Zu guter Letzt wird Wladimir Putin noch vernünftig. Ich weiss, das mögen Wunschträume sein. Aber die EZB versucht ein solches Szenario anzuschieben. Daraus resultiert zumindest ein Zeitgewinn, was nicht zu unterschätzen ist. Schauen wir Irland oder Spanien an, dort sind Zeichen der Besserung offensichtlich.

Gaugler: Wir beurteilen das politische Risiko als relativ hoch. Dass zum Beispiel Frankreich die Krise erst jetzt, sechs Jahre nach allen andern, durchlebt, lässt wenig Hoffnung auf eine rasche strukturelle Besserung zu. Falls andererseits Europa zu mehr Wachstum zurückfindet, haben die Unternehmensgewinne enormes Steigerungspotenzial. Die Gewinnmargen liegen heute rund 25% tiefer als zu den besten Zeiten.

Was gehört vor diesem Hintergrund, in diesem Umfeld, ins Aktienportfolio 2015?
Gaugler: Übergewichtet bleiben wir in den USA und erst einmal eher neutral in Europa – mit einer Präferenz für Schweizer Aktien. Zu Jahresanfang sollte das Portfolio, in Europa zumindest, eher defensive Züge haben, ausgestattet mit attraktiven Titeln aus Konsum und Gesundheit. Wir rechnen aber nicht damit, dass Europa in eine Rezession kippt, und auch eine Zinserhöhung in den USA dürfte ziemlich unspektakulär verlaufen. Wir können uns deshalb gut vorstellen, dass sich, je näher das zweite Halbjahr rückt, auch in Europa eine Verlagerung zu einer wieder mehr zyklischeren Ausrichtung aufdrängt.

Kistler: In einem deflationären Umfeld ist es enorm wichtig, dass nachhaltige Erträge erwirtschaftet werden. Wir sind in Aktien nach strengen Qualitätskriterien übergewichtet, in den USA und in der Schweiz. Uns gefallen vor allem Unternehmen der  Sektoren Konsum, Nahrungsmittel, Pharma und Versicherungen.

Ein paar Namen?
Kistler: Nestlé (NESN 73 0.48%), Bell (BELN 2297 0.26%), Coca-Cola (KO 42.97 1.46%) und McDonald’s, auch Richemont (CFR 89.5 0.73%) und Jungfraubahnen (JFN 77 -1.16%) aus dem Konsum- und dem Freizeitbereich. Im Finanzsektor favorisieren wir Titel wie Zurich Insurance (ZURN 313.6 0.32%), State Street (STT 80.33 0.84%) und Vaudoise.

Was steht auf der Empfehlungsliste von Vontobel?
Bernard: Wir empfehlen ein Übergewicht in Aktien, können uns allerdings vorstellen, dass der US-Markt die Führung verliert, die er seit 2009 innehat – wegen der Dollarhausse und weil die Luft punkto Bewertung und Gewinnmomentum doch dünner wird. Generell sind wir überzeugt, dass auf Sicht von drei bis fünf Jahren die globalen Marktleader Performancespitzenreiter  bleiben. Die Nestlés, die Disneys dieser Welt sind vielseitig und flexibel, aber auch Finanzunternehmen wie Prudential UK und Visa wissen das fast inflationsfreie Umfeld und die enorm expansive Geldpolitik zu ihren Gunsten zu nutzen.

Welchen Einfluss hat die Ölpreisbaisse?
Bernard: Die Verlierer sind einfach zu identifizieren:  Fördergesellschaften wie Exxon und Zulieferer wie Schlumberger und Transocean (RIG 19.04 1.87%). Bei den Gewinnern ist es schwieriger. Die Airlines zum Beispiel, doch sie haben strukturelle Probleme, die schwerer wiegen. Insgesamt ist der niedrige Ölpreis positiv für Aktien, denn die Mehrheit der Unternehmen profitiert davon, sei es durch günstigere Energiekosten und/oder eine geringere Inflation.

Gaugler: Unter den Top Five im globalen Fonds halten wir zum Beispiel Royal Caribbean aus den USA.  Kreuzfahrtunternehmen haben den Ölpreis nur teilweise abgesichert und profitieren stark von der Preiserosion. Als Verlierer sehen wir andererseits im Schweizer Fonds unter anderem ABB (ABBN 21.25 1.19%) und haben die Position reduziert, da der Druck für Investitionen in Alternativenergien und generell ins Energiesparen  mit den tieferen Kosten für Öl und Gas nachlässt.

Dieses Jahr hatten Aktien von zyklischeren Unternehmen gegenüber Konsum, Pharma und Finanzen das Nachsehen. Kommt es zum Favoritenwechsel, auch in Bezug auf Large versus Small und Mid Caps?
Bernard: Eine etwas stärkere zyklische Ausrichtung dürfte sich auszahlen. Nehmen wir Holcim (HOLN 71.55 0.99%) als Beispiel. Die Aktie hat gelitten: wenig wirtschaftliches Wachstum und Probleme in gewissen Märkten. Aber Holcim ist Weltmarktführer und ist stark in den USA, in Indien und Indonesien vertreten  – daher gebührt dem Titel Aufwärtspotenzial. Auf ein Jahr hinaus wären wir nicht überrascht, wenn Holcim eine der besten Aktien im Swiss Markt Index wird. Large Caps würden wir aus Liquiditätsgründen allgemein vorziehen.

Gaugler: Wenn Europa wieder zu Wachstum kommt, gibt’s wenig Zweifel, dass zyklische Werte in Front liegen, nur – ob und wann, ist vorderhand offen. In den USA haben wir eine Wende zu zyklischeren Werten bereits mitgemacht. Wie gesagt finden wir auch da weiterhin attraktiv bewertete, gute Unternehmen in vielen Sektoren, beispielsweise den Generikahersteller Actavis (ACT 255.88 -2.21%), die zum Teil unter Konsumgütern klassifizierte Apothekenkette CVS Health und den Altersheimbetreiber Brookdale Senior Living.

«Die Negativzinsen der Nationalbank sind reine Symptombekämpfung.» André Kistler, Chefstratege und VR-Mitglied, Albin Kistler zoomKistler: Auch die gute Börse ist dem Konsum zuträglich, ebenso wie die Entspannung am US-Arbeitsmarkt. So ist einer unserer Favoriten Wal-Mart. Grundsätzlich tendieren wir zu Unternehmen, die global aktiv sind. Ob eine Währung steigt oder fällt, ist  für multinationale Konsumkonzerne wie Coca-Cola und Nestlé unbedeutend, Plus und Minus gleichen sich über die Zeit aus. Unter den Zyklikern sind solch globale Anbieter Fuchs Petrolub, der österreichische Verpackungskonzern Mayr Melnhof und der Landmaschinenhersteller Deere aus den USA – starke Marken, solid geführt und finanziell robust. Wir leben weiterhin in einer globalisierten Welt,  massgeblich getrieben von den Schwellenländern.

Sind Emerging Markets für Sie eine Überlegung wert?
Kistler: Die grössten Schwellenmärkte sind China und Indien. Die Millionen neuer Konsumenten geben weiter Schub und machen Aktienanlagen  – nicht in lokale, sondern in führende globale Konzerne – reizvoll.

Gaugler: Wir sehen das genauso, und nicht zuletzt deshalb mögen wir Schweizer Unternehmen, weil sie global orientiert und weniger abhängig von einzelnen Märkten sind, was sie stabiler macht.

Sie sind alle positiv gestimmt. Ein Grund zur Vorsicht?
Kistler: Ich hatte schon letztes Jahr eine positive Sicht und halte daran fest.

Gaugler: Wichtig ist Bewertungsdisziplin – im Aufschwung muss man auch verkaufen können, um dann in nervösen Phasen, die es vermutlich vermehrt geben wird, handlungsfähig zu sein.

Spricht das für eine hohe Cash-Quote?
Gaugler: Nicht zwingend, lieber investiert sein, sonst lässt man Geld liegen. Aber es spricht dafür, in liquiden Titeln investiert zu sein und wach und reaktionsschnell zu bleiben.

Kistler: Die Liquidität ist bei uns hoch, rund 10% verglichen mit durchschnittlich 5%. Selbst wenn wir für Aktien positiv gestimmt sind, halten wir ein Polster, um Korrekturen für Käufe nutzen zu können.

Bernard: Es kann immer etwas passieren, auch geopolitisch. Wir kaufen Puts, wenn die Volatilität in Richtung 12% sinkt. Die zweite Versicherung sind langlaufende US-Staatsanleihen. Und wer weiss, vielleicht hält China seinen Soft-Landing-Kurs nicht durch, landet hart und wertet den Renminbi ab. Eine Deflationswelle wäre die Folge, und für die Richemonts, Swatchs und Daimlers gäbe es einen Nachfrageschock. Ausserdem dürfen wir die Obligationenmärkte nicht vergessen. Es ist in den letzten Jahren viel Geld in Unternehmensanleihen auch minderer Qualität geflossen. Da haben sich schon Blasen gebildet, die man beachten sollte.

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