Zurück zur Übersicht
00:50 Uhr - 07.01.2016

Zinsentscheid war eine Zitterpartie

Die Unterlagen zur letzten Sitzung der US-Notenbank zeigen, dass der Entscheid zur Zinserhöhung nur knapp ausgefallen ist. An Wallstreet setzten sich die Kursabgaben am Mittwoch fort.

Nach langem Zaudern hat sich das Federal Reserve Mitte Dezember zur ersten Zinserhöhung seit der Finanzkrise durchgerungen. Den historischen Entscheid hat das Stimmgremium im Vorsitz der US-Notenbank einheitlich gefällt. Wie am Mittwoch veröffentlichte Unterlagen zur damaligen Sitzung offen legen, war der Beschluss jedoch viel weniger klar, als es den Anschein machte.

Grund dafür war primär die tiefe Inflation. «Einige Mitglieder sagten, dass ihr Entscheid zur Erhöhung der Zielrate eine knappe Sache war», halten die sogenannten FOMC Minutes fest. «Das, speziell mit Blick auf die Unsicherheit um die Inflationsentwicklung», heisst es in den Sitzungsunterlagen weiter. Umso genauer müsse die US-Notenbank deshalb nun beobachten, wie sich die Teuerung weiter entwickle.

Inflation bewegt sich kaum

Obschon sich der Arbeitsmarkt seit der Rezession deutlich erholt hat, gibt es bei der Inflation bislang kaum Bewegung. Gemäss aktuellster Lesung ist der Kernpreisindex der Konsumentenausgaben –  das vom Fed bevorzugte Messinstrument – im November lediglich 1,3% gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen. Er bewegt sich damit seit mehr als dreieinhalb Jahren unter der Zielrate von 2%.

Die Entscheidungsträger der US-Notenbank stimmten am vergangenen Treffen zwar darin überein, dass «vorübergehende» Faktoren wie tiefe Energie- und Rohstoffpreise für die geringe Inflation verantwortlich seien. «Viele» Mitglieder meinten aber auch, «dass die anhaltende Schwäche in diesen Preisen die Unsicherheit verstärkt oder ein zentrales Risiko für den Ausblick zur Inflation darstellt».

Sorgen um China

Ausser Inflation sorgten an der Zinssitzung noch andere Aspekte für Bedenken. «Dazu zählte die Möglichkeit, dass sich der Dollar weiter aufwerten könnte und die schwachen Rohstoffpreise den Druck auf die aufstrebenden Märkte erhöhen.» Zudem könne es für China schwierig werden, «sich durch die zyklischen und strukturellen Veränderung der Wirtschaft  zu manövrieren», heisst es in den Fed-Unterlagen.

Trotz dieser Vorbehalte waren die Währungshüter der Ansicht, dass die amerikanische Wirtschaft robust genug für eine leichte Zinserhöhung sei. Sie erhöhten das Zielband für die Federal Funds Rate deshalb um 25 Basispunkte auf 0,25 bis 0,5%. Ein wichtiger Test steht damit am Freitag an, wenn die Arbeitsmarktdaten für Dezember veröffentlicht werden. Ökonomen prognostizieren rund 200’000 zusätzliche Jobs und eine unveränderte Arbeitslosenquote von 5%.

Nervosität an Wallstreet

Fed-Chefin Janet Yellen und ihre Kollegen im Fed-Vorsitz haben den Finanzmärkten im Zug ihres Beschlusses versichert, dass sie mit weiteren Zinserhöhungen «graduell» vorgehen werden. Im Schnitt rechnen sie mit vier weiteren Schritten in diesem Jahr. Viele Investoren erachten das jedoch als ein zu aggressives Tempo. Neue Anhaltspunkte zu diesem Schlüsselthema finden sich in den FOMC Minutes kaum.

Die Börsen in New York eröffneten am Mittwoch erneut mit Verlusten. Nach der Publikation der Fed-Unterlagen nahm der Druck zunächst sogar noch weiter zu. Zu Handelsschluss erholten sich die Kurse dann allerdings etwas. Insgesamt gab der Leitindex S&P 500 im Tagesverlauf 1,3% auf 1990,26 nach. Der Dow Jones Industrial büsste 1,7% ein und der Technologie-Index Nasdaq Composite verlor 1,1%.

Ausser dem Sitzungsprotokoll der US-Notenbank gaben an Wallstreet vor allem China, der Nuklearwaffentest Nordkoreas und der Crash am Ölmarkt zu reden. Der Preis für ein Fass der US-Referenzsorte WTI fiel 5,6% auf 33.97 $, was dem tiefsten Stand seit Dezember 2008 entspricht. Aktien aus dem Energiesektor gaben durchschnittlich 3,6% nach.

Das nächste Treffen hält das Federal Reserve vom 26. bis 27. Januar ab.

Hat Ihnen der Artikel gefallen? Lösen Sie für 4 Wochen ein FuW-Testabo und lesen Sie auf www.fuw.ch Artikel, die nur unseren Abonnenten zugänglich sind.

Seite empfehlen



Kopieren Sie den Link [ctrl + c] und fügen Sie ihn in ein E-Mail ein [ctrl + v]. Aus Sicherheitsgründen ist kein Versand von E-Mails direkt vom VZ Finanzportal möglich.