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16:23 Uhr - 24.01.2020

Wirtschaft im Euroraum wartet weiterhin auf Entwarnung

Die Einkaufsmanagerumfrage in Deutschland sendet positive Signale. Ihr steht allerdings eine Eintrübung im Rest der Eurozone gegenüber.

Europas Firmenchefs sind besorgt. Das geht aus der neusten Geschäftseinschätzung von Managern aus der Industrie und von Dienstleistern im Euroraum hervor.  Dies zeigt die viel beachtete Umfrage des Markit-Instituts unter Einkaufsmanagern; die vorläufigen Ergebnisse für Januar wurden am Freitag veröffentlicht.

Auch die von der Europäischen Zentralbank (EZB) befragten professionellen Prognostiker aus Wirtschaft und Forschung bleiben skeptisch. Ihre Wachstumsprognose für dieses Jahr im Euroraum ist im Schnitt von 1 auf 1,1% gestiegen, für nächstes aber von 1,3 auf 1,2% gesunken – jeweils im Vergleich zur Umfrage im vierten Quartal 2019. Zuvor hatte die EZB-Kreditumfrage bereits eine sinkende Nachfrage der Unternehmen ergeben.

Stagnation zum Jahresanfang

Auf der Markit-Einkaufsmanagerumfrage basieren die ersten weichen Konjunkturindikatoren in jedem Monat, die tatsächlich auf Einschätzungen aus den Unternehmen beruhen. Dabei gab es im Januar positive Signale aus den beiden grössten Volkswirtschaften des Währungsraums, während sich der Rest abschwächte. In Deutschland stieg der Index für Industrie und Dienstleister zusammen kräftig, von 50,2 auf 51,1 Punkte. Werte von mehr als 50 Zählern bedeuten Wachstum. In Frankreich lief es in der Industrie besser (von 50,4 auf 51 Punkte), dafür trübte sich die Lage bei den Serviceunternehmen ein (von 52,4 auf 51,7 Zähler).

Mit dem schwächeren Rest der Eurozone blieb der Gesamtindex im Währungsraum wie im Dezember bei 50,9 Punkten. Dies würde ein stagnierendes Bruttoinlandprodukt bedeuten, das gerade einmal um 0,1% wächst, hiess es bei Markit. Erfreulich ist aber, dass besonders die deutschen Exportaufträge sich der Expansionsschwelle annähern.

Der EZB-Rat reagierte am Donnerstag nach seiner Sitzung auf die schwachen Umfrageergebnisse zum Kreditgeschäft. So stellte Notenbankchefin Christine Lagarde auf der Pressekonferenz fest, dass zwar das Wachstum der Kredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften von 3,8% im Oktober auf 3,4% im November zurückgegangen sei. «Grund für diese Abschwächung dürfte eine verzögerte Reaktion auf die vorangegangene Konjunkturabkühlung sein», sagte sie aber.

Dies habe sich auch in der Umfrage zum Kreditgeschäft im Januar gezeigt. Demnach meldeten die befragten Banken erstmals seit Anfang 2014 eine rückläufige Nachfrage der Unternehmen nach Krediten. Verschlechtert hat sie sich besonders in Frankreich und Spanien, während sie in Italien besser geworden ist. Für die gesamte Eurozone gilt aber: Der Investitionsbedarf der Unternehmen hat keinen Beitrag mehr zur Kreditnachfrage geleistet, was auf eine erneute Investitionsschwäche hindeuten könnte.

In Deutschland ist der positive Saldo von Banken, die von steigender Nachfrage berichten, und Häusern, die eine sinkende Nachfrage melden, von 9% im dritten Quartal auf 6% im vierten Quartal allerdings nur geringfügig gesunken. Auf den zweiten Blick fällt aber auf, dass der Saldo für die Grossunternehmen heftig eingebrochen ist: von +10 auf –7%. Eine erhebliche Mehrheit der Kreditinstitute berichtet also von einer nachlassender Nachfrage nach Darlehen. Ebenso alarmierend ist der Saldo der Erwartungen der Banken, der sich für alle Unternehmen von –6 auf –9% verschlechtert hat. Bei den Grossunternehmen blieben die Erwartungen unter dem Strich mit –10% konstant negativ.

Inflationsausblick schwach

Die EZB-Umfrage der professionellen Prognostiker wiederum zeigt, dass sich die Inflationsvorhersagen im Median bei 1,7% eingependelt haben – zuletzt mit Blick auf das Jahr 2024. Sie waren im Dezember auf den niedrigsten Wert seit Umfragebeginn gesunken.

Der EZB-Rat hatte erst im September beschlossen, seine vorausschauende Zinsrichtlinie (Forward Guidance) an die Inflationsaussichten zu knüpfen. Dabei spielen auch die Vorhersagen der Fachleute ausserhalb der Notenbank eine wichtige Rolle. Demnach sollen die Leitzinsen so lange auf ihrem aktuellen oder einem niedrigeren Niveau bleiben, bis sich die Inflationsaussichten dem Ziel von knapp 2% annähern. Diese Aussage hat der EZB-Rat am Donnerstag bestätigt.

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