Während die USA chinesischen Unternehmen den Zugang zum US-Kapitalmarkt einschränken wollen, stellt Peking eine beschleunigte Öffnung des Finanzsektors in Aussicht.
Nur wenige Tage vor der Wiederaufnahme der chinesisch-amerikanischen Gespräche zur Beilegung des Handelsstreits ist der gegenseitige Zugang zu den Finanzmärkten zu einem weiteren zentralen Streitpunkt geworden. US-Medien habe Ende vergangener Woche gemeldet, dass Präsident Trump die Begrenzung amerikanischer Kapitalströme nach China in Erwägung zieht.
Eine verbale Eskalation
So hiess es mit Bezug auf ungenannte Quellen innerhalb der US-Regierung, dass künftig der Handel mit chinesischen Aktien an amerikanischen Börsen ausgesetzt werden könnte oder chinesische Titel aus internationalen Aktien- und Anleihenindizes ausgeschlossen werden könnten.
Die staatlich kontrollierten chinesischen Medien haben daraufhin Gegenmassnahmen angedroht. Die von der herrschenden Kommunistischen Partei herausgegebene Online-Publikation «Global Times» liess am Montag wissen, dass sich die aussenpolitischen Falken der USA besser die Stärke der chinesischen Wirtschaft von Nahem ansehen sollten, als sich «verrückte Ideen einer Abkoppelung der USA von China auszudenken».
Technologiebörse Nasdaq schaut genauer hin
Mittlerweile hat das amerikanische Schatzamt die vom Datendienstleister Bloomberg verbreitete Meldung über den Einbezug des Finanzsektors in den Handelsstreit abgeschwächt. Gemäss einer Verlautbarung vom Samstag werden chinesische Unternehmen an den US-Börsen weiterhin zugelassen.
Allerdings meldete die Nachrichtenagentur Reuters Anfang Woche, dass die New Yorker Technologiebörse die Publikumsöffnung chinesischer Gesellschaften zukünftig restriktiver handhaben werde. So soll unter anderem die Zulassung an eine weitere Streuung der Aktien gebunden sein.
Peking ruft zur Besonnenheit auf
Die dreizehnte Runde der chinesisch-amerikanischen Handelsgespräche soll kommende Woche in Washington stattfinden. Die chinesische Delegation wird vom stellvertretenden Premierminister Liu He angeführt, einem engen Vertrauten von Staatspräsident Xi Jinping.
Bereits in der Vorwoche haben in der US-Hauptstadt auf technischer Ebene vorbereitende Gespräche stattgefunden. Nach Angaben des stellvertretenden chinesischen Handelsministers Wang Shouwen sind sie konstruktiv verlaufen. Wang rief dazu auf, die Verhandlungen mit Ruhe und gegenseitigem Respekt zu führen.
Wohl als Antwort auf die Drohungen der USA, die Finanzflüsse nach China einzuschränken, verkündete Peking am Sonntag, dass die Liberalisierung des heimischen Finanzmarktes weiter vorangetrieben werde. «Wir nehmen weitere Schritte zur Öffnung des gegenseitigen Kapitalverkehrs und zur Schaffung eines wettbewerbsfähigen und dynamischen Finanzsystems», heisst es in einer auf der Webseite des staatlichen Komitees für Finanzstabilität und Entwicklung veröffentlichten Verlautbarung.
Ein asymmetrisches Verhältnis
Das angedrohte Vorgehen gegen die bilateralen Finanzflüsse ist nach Meinung von Experten lediglich ein Druckmittel in den nur zäh verlaufenden Handelsgesprächen. Allerdings kritisiert Washington Peking schon seit langem wegen der zu zögerlichen Öffnung des Finanzmarktes und der daraus resultierenden Verzerrungen in den bilateralen Kapitalflüssen.
Die kombinierte Marktkapitalisierung der an den amerikanischen Börsen kotierten chinesischen Aktien beläuft sich auf rund 1,2 Bio. $. Das Volumen der von amerikanischen Investoren gehaltenen chinesischen langlaufenden Wertpapiere beträgt nur rund 200 Mrd. $. Allerdings hält der chinesische Staat US-Schatzbriefe im Wert von 1,1 Bio. $
Das Volumen der gegenseitigen Kapitalflüsse könnte sich allerdings abgesehen vom Ausgang des Handelsstreits schon bald ändern. China wird wahrscheinlich bereits dieses Jahr zum ersten Mal seit vielen Jahren zu einem Nettokapitalimporteur werden. Diese Tatsache dürfte mehr noch als die verbalen Drohungen Washingtons die treibende Kraft hinter der Öffnung des chinesischen Finanzmarktes sein.
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