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09:31 Uhr - 16.07.2015

Givaudan muss eine zentrale Erwartung erfüllen

Im Halbjahresbericht des Aroma- und Riechstoffherstellers vom Freitag richtet sich das Augenmerk auf das Wachstum. In der Marge ist ein Spitzenniveau zu erwarten.

Wachstum. Der Aroma- und Riechstoffhersteller Givaudan (GIVN 1669 0.18%) muss im Halbjahresbericht vom Freitag Wachstum vorweisen. Sonst erleidet die Kursfantasie angesichts bereits hoher Margen und einer nach oben wenig Spielraum lassenden Bewertung (Kurs-Gewinn-Verhältnis von 24 für 2016) einen Dämpfer.

Die organische (währungs- und portfoliobereinigte) Umsatzsteigerung von 1% im ersten Quartal war zu wenig. Das gilt sowohl gemessen am eigenen Anspruch, organisch 4,5 bis 5,5% pro Jahr zu wachsen (sofern der Markt 2 bis 3% expandiert), als auch im Konkurrenzvergleich.

Schnellere Konkurrenz

Ein schwieriges Konjunkturumfeld, das von einer Verlangsamung der Schwellenmärkte in Asien und Osteuropa geprägt war, sowie eine hohe Vergleichsbasis wurden als Gründe angeführt. Im ersten Quartal 2014 hatte Givaudan mit einen organischen Wachstum von knapp 6% ein hohes Niveau erreicht; die Vergleichsbasis für das zweite ist günstiger.

Die schwierigen Marktbedingungen haben aber nach wie vor Bestand. Sie galten und gelten allerdings auch für die Konkurrenz.

Trotzdem hatte der mit Givaudan gut vergleichbare US-Wettbewerber IFF den Umsatz im Auftaktquartal 2015 organisch 6% erhöht. Der deutsche Konkurrent Symrise (SY1 59.3 0.61%), dessen Aktivitäten über das klassische Aroma- und Riechstoffgeschäft hinausgehen, expandierte mit der gleichen Rate. Keiner der beiden profitierte dabei von einem besonders günstigen Basiseffekt – ihr organisches Wachstum im Vorjahresquartal war ähnlich hoch wie das von Givaudan.

Unterschiedliche Meinungen

Vom Marktführer im weltweiten Aroma- und Riechstoffgeschäft wünscht man sich am Freitag Erklärungen – direkt mit Zahlen, die auf besseres Wachstum im zweiten Quartal schliessen lassen, oder mit Worten, die darlegen, wie bald zum alten Schwung zurückgefunden werden soll.

Ob Givaudan mit Zahlen antwortet, ist unter Analysten umstritten. Daniel Bürki von der Zürcher Kantonalbank befürchtet, dass es im zweiten Quartal nicht zu einer Wachstumsbeschleunigung gekommen ist. Andreas von Arx von Baader Helvea dagegen rechnet für das erste Halbjahr mit einer organischen Umsatzsteigerung um 1,6%; daraus errechnet sich für das zweite Quartal ein Zuwachs um 2,3%.

In Franken erwarten beide wegen ungünstiger Wechselkurseinflüsse einen Halbjahresumsatz leicht unter Vorjahr (2,19 Mrd. Fr.). Die ZKB geht von 2,15 Mio. Fr. (–1,9%) aus, Baader Helvea von 2,19 Mio. Fr. (–0,2%). Gemäss dem AWP-Konsens aus acht Schätzungen wird von 2,18 Mio. Fr. ausgegangen.

Keine Sorgen um die Rentabilität

Im Gegensatz zum Wachstum bereitet die Rentabilität keine Sorgen. Tendenziell dürfte die am Betriebsgewinn vor Abschreibungen und Amortisation (Ebitda) gemessene Marge – unter Ausklammerung des im Vorjahr verbuchten Einmalertrags von 42 Mio. Fr. aus einem Landverkauf – sogar weiter auf einen neuen Bestwert gestiegen sein.

Zu dieser Einschätzung verleiten unter anderem Grössenvorteile und niedrigere Betriebskosten im Zusammenhang mit der neuen Aromafabrik in Makò, Ungarn. Sie würden die Rechnung des laufenden Jahres um rund 20 Mio. Fr. entlasten, sagte CEO Gilles Andrier Ende Januar. Dazu kommen Effizienzgewinne in den Lieferketten.

Die ZKB geht von einem Halbjahres-Ebitda von 527 Mio. Fr. aus, Baader Helvea prognostiziert 564 Mio. Daraus ergeben sich Margen von 24,5 und 25,7%. In der Vorjahresperiode wurden ein Ebitda von 562 respektive von bereinigten 520 Mio. Fr. sowie eine marktführende Marge von 25,6 respektive 23,9% erzielt. Gemäss AWP-Konsens sollen es 535 Mio. Fr. werden, entsprechend einer Marge von 24,6%.

IFF und Symrise publizieren ihren jeweiligen Zwischenbericht später als Givaudan, Symrise am 6. August, IFF voraussichtlich drei Tage früher.

Konjunkturresistenz ist relativ

Die Aroma- und Riechstoffbranche gilt generell als konjunkturresistent. Einzig das Geschäft mit der Luxusparfümerie unterliege spürbaren Schwankungen, heisst es jeweils. Im Fall von Givaudan betrifft das rund ein Zehntel des Umsatzes. Weshalb also verwies das Genfer Unternehmen in der Umsatzmeldung zum ersten Quartal auf ein schwieriges Konjunkturumfeld?

Dass der Geschäftsgang sehr wohl ein wenig mit der Konjunktur schwankt, liegt auf der Hand: Verlangsamt sich das Wachstum, geht das nicht spurlos an der Nachfrage nach Produkten vorbei, die Aromen und Riechstoffe enthalten. Nur ist die Reaktion weit verhaltener als bei Produkten zyklischer Branchen, in denen sich wirtschaftliche Schwankungen im Geschäftsgang potenzieren.

Denkbar ist zudem, dass das Geschäft in Schwellenländern konjunkturell anfälliger ist als in reifen Märkten. Ihre Bevölkerung umfasst mehr «Grenzgänger» – Menschen, die sich in guten Zeiten vermehrt Konsumgüter und abgepackte Lebensmittel leisten, in schlechteren aber darauf verzichten und zu den alten Umständen zurückkehren. In reifen Märkten sind solche Grenzgängerbewegungen weniger ausgeprägt. Hier wird allenfalls auf günstigere Eigenmarken gewechselt – die ebenfalls Aromen und Riechstoffe enthalten. Doch ein Verzicht steht in der Regel nicht an erster Stelle.

Das Gespenst verjagen

Von all dem sind aber auch IFF und Symrise sowie andere global aufgestellte Aroma- und Riechstoffhersteller wie die private Firmenich betroffen. Sie erwirtschaften ebenfalls rund die Hälfte ihres Umsatzes in Schwellenländern, wenn auch nicht zwingend mit dem gleichen Ländermix.

So gibt es am Freitag einiges zu klären und zu erklären, um die gespenstartig auftauchenden Befürchtungen über eine Wachstumsschwäche der zäheren Art – schon das Schlussquartal 2014 war mager – zu zerstreuen. Halbjahreszahlen, die eine Wachstumsbeschleunigung anzeigen, wären Anlegern die liebste Antwort. Reichen die Zahlen allein nicht, würden Worte immerhin Orientierung geben und helfen, die Zusammenhänge besser zu verstehen.

Die komplette Historie zu Givaudan finden Sie hier. »

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