Weder China noch die Schweiz werden von den USA der Währungsmanipulation bezichtigt. Das Verfahren ist allerdings überholt. Im USMCA-Vertrag lancieren die USA eine Alternative.
China und die Schweiz sind keine Währungsmanipulatoren. Das US-Finanzministerium teilt dies in seinem halbjährlichen Aussenwirtschaftsbericht mit. Beide Staaten bleiben aber auf der Überprüfungsliste. Ausser ihnen sind dort auch Japan, Deutschland, Korea und Indien aufgeführt. Kommt das Schatzamt zum Schluss, dass ein Land den Wechselkurs manipuliert, um sich einen Konkurrenzvorteil im Handel zu verschaffen, muss die US-Regierung handeln. Sie erhält zwölf Monate Zeit, den Partner davon zu überzeugen, die Währungspolitik zu ändern.
Als Ultima Ratio kann sie Sanktionen beschliessen, zum Beispiel aus bilateralen Programmen politischer Zusammenarbeit aussteigen. Strafzölle dürfen nicht verhängt werden. Wenngleich im Falle des amtierenden Präsidenten anzunehmen ist, dass er genau das ins Auge fasst, sollte ein US-Handelspartner nicht einlenken.
Nicht alle Kriterien erfüllt
Drei makroökonomische Kriterien müssen erfüllt sein, um Manipulation nachzuweisen. Erstens ein Handelsüberschuss von mindestens 20 Mrd. $ im Warenverkehr mit den USA. Zweitens ein Leistungsbilanzüberschuss von mindestens 3% des nationalen Bruttoinlandprodukts. Und drittens Devisenkäufe im Umfang von 2% des nationalen BIP in acht von zwölf Monaten.
Kein Land verstösst derzeit gegen alle drei Auflagen. Die Schweiz rettete sich im Frühjahr vor einer Verurteilung, weil der Handelssaldo unter 20 Mrd. $ blieb. Leistungsbilanzplus und Devisenkäufe fielen für den US-Massstab damals hingegen zu hoch aus. In seinem neuesten Bericht weist das Treasury darauf hin, dass die Nationalbank seit Sommer 2017 auch nicht mehr am Devisenmarkt interveniert.
Es fordert die Schweizer Behörden allerdings dazu auf, in Sachen Deviseninterventionen transparenter zu werden. Um die hohen Überschüsse in der Handels- und der Leistungsbilanz abzubauen, sollte die Schweiz ausserdem ihre Wirtschaftspolitik anpassen. Die binnenwirtschaftlichen Kräfte sollten stärker unterstützt werden.
Der Fall China ist heikler. So stösst den Amerikanern auf, dass sich der Renminbi dieses Jahr mehr als 6% abgewertet hat. Peking hält sich aber mit Devisenkäufen zurück. Das Treasury schreibt, es sei über die Abwertung besorgt und werde die weitere Entwicklung in den kommenden sechs Monaten genau beobachten. Darüber hinaus teilt das US-Ministerium erstmals mit, dass es mit der chinesischen Zentralbank Kontakt aufnehmen will, um die Frage zu erörtern.
China der Währungsmanipulation zu überführen, bleibt trotzdem schwierig. Dazu ist der Leistungsbilanzüberschuss zu klein. Finanzminister Steven Mnuchin hat sich durchgesetzt. Er hat nicht, wie befürchtet, dem politischen Druck aus dem Weissen Haus nachgegeben und China angeklagt.
Seit 1994 ist es nicht mehr dazu gekommen. Das Regelwerk ist denn auch überholt. Künftig könnte sich ein alternativer Weg durchsetzen.
Währungskapitel im USMCA
Der Grundstein wird im Nafta-Nachfolgeabkommen USMCA zwischen den USA, Kanada und Mexiko derzeit gelegt. Erstmals wird das Thema Währungsmanipulation in einem Handelsabkommen geregelt. Die Parteien erklären, dass sie nicht «den Wechselkurs oder das internationale Währungssystem manipulieren, um Anpassungen in der Zahlungsbilanz zu verhindern oder einen unfairen Wettbewerbsvorteil zu erlangen». Sie stimmen zu, dass der Wechselkurs ausschliesslich den Marktkräften folgend frei schwankt und dass sie «von kompetitiven Abwertungen Abstand nehmen».
Sollte ein Partner doch am Devisenmarkt aktiv werden, muss er sich mit den übrigen Partnern darüber beraten. Darüber hinaus muss jedes Land monatlich seine Interventionsvolumen und den Umfang der Währungsreserven veröffentlichen. De facto müssen sie die Offenlegungsstandards des Internationalen Währungsfonds übernehmen.
Das Abkommen sieht auch ein Verfahren vor, um allfällige Dispute beizulegen. Es soll ein Makroökonomischer Ausschuss gebildet werden, in dem jeder Vertragspartner vertreten ist. Er tagt mindestens einmal pro Jahr und analysiert die Währungspolitik der Mitglieder oder erörtert die Datentransparenz. Ausserdem diskutiert er, ob allfällige inhaltliche Änderungen im Vertrag notwendig werden, um der Geldpolitik und der Lage an den Finanzmärkten besser gerecht zu werden. Solche Anpassungen müssen einstimmig beschlossen werden.
Diplomatischer Durchbruch
C. Fred Bergsten, Gründungsdirektor des einflussreichen Think Tank PIIE, bewertet das Währungskapitel als Schritt vorwärts. Die optimalen Verhaltensnormen für Staaten in der Währungspolitik würden gefestigt. Für die Vertragspartner – und sogar darüber hinaus – werde es daraufhin schwieriger, sich anders zu verhalten. Solche härteren internationalen Normen könnten künftig in Abkommen mit Korea, Japan oder China wichtig werden.
Donald Trumps Konfrontationskurs hat damit unverhofft die internationale Währungsdiplomatie vorangebracht. Der Präsident hat das selbst wohl nicht so geplant. Bereits die 2015 vom Kongress erlassene Trade Promotion Authority sieht vor, dass die Vermeidung von Wechselkursmanipulationen ein primäres Verhandlungsziel künftiger Handelsabkommen der USA sein soll. Schon das von der Obama-Regierung ausgehandelte TPP-Abkommen umfasste ein Nebenabkommen zur Währungspolitik. Trump liess die TPP allerdings 2017 platzen.
Das USMCA muss noch im Kongress beraten werden. Politische Analysten schliessen nicht aus, dass die Demokraten sich sperren, zuzustimmen, sollten sie im November die Mehrheit in einem oder gar beiden Häusern gewinnen. Nicht weil sie dem Abkommen widersprechen, sondern weil sie den diplomatischen Durchbruch ausgerechnet Donald Trump nicht zugestehen wollen.
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