FuW berichtet aus New York. Heute: Konservative Investoren wähnen einen Linksrutsch an Wallstreet und schlagen zurück – mit Fonds.
Dan Grant hat die «Wokeness» satt. Der Ex-JPMorgan-Banker sagt, viele Unternehmen hätten heute den Drang zum politisch Überkorrekten. Alles müsse geschlechter- und sozialgerecht, klima- und umweltfreundlich sein. Grant, CEO der Investmentgesellschaft 2ndVote Advisers, meinte jüngst zur Nachrichtenagentur Bloomberg, zu viele kotierte Gesellschaften würden heute ihren Aktivismus über die Pflicht stellen, Profit für ihre Aktionäre zu erwirtschaften. Dieser vermeintlich linke Zeitgeist habe Grants Meinung nach längst die Wiege der einst apolitischen Gier – Wallstreet – infiziert. Dagegen sehen sich Grant und Co. als Retter eines konservativen Investmentamerikas.
Grant wähnt die 74 Mio. Wähler, die wie er einst Ex-Präsident Donald Trump gewählt haben, auf seiner Seite. Und er wittert ein Geschäft. 2ndVote Advisers haben eine Reihe börsengehandelter Fonds (ETF) aufgesetzt, die ausschliesslich in Unternehmen investieren, die gemäss Grant nicht dieser «Wokeness» frönen. Sie schliessen zum Beispiel die Aktien von Facebook (FB 341.01 -1.24%), Google und Twitter (TWTR 47.31 -2.25%) aus, denen Trump Zensur vorwirft. Der Sportartikelhersteller Nike (NKE 174.24 -0.37%) würde die US-Flagge verunglimpfen. Walt Disney (DIS 154.16 +0.1%) würde Kinder in ihrem Geschlechterverständnis verwirren.
Allein ist Grant mit seinem Ansatz nicht. Seit 2017 gibt es bereits den GOP Stock Tracker ETF der Gesellschaft Point Bridge Capital von Hal Lambert. Auch der American Conservative Values ETF von Ridgeline Research, der vergangenes Jahr an den Start ging, macht praktisch das Gleiche wie Grant. Bisher hält sich die Begeisterung des konservativen Amerikas für diese Anlagen jedoch in Grenzen. Keiner der Fonds konnte bisher mehr als 35 Mio. $ an Kundengeldern anziehen. Mit 0,75% jährlichen Gebühren auf die verwalteten Vermögen sind zumindest die ETF von Grant aber auch um einiges teurer als Produkte auf den S&P 500 und haben diesen innerhalb des einen Jahres am Markt auch nur teilweise knapp geschlagen. Das liegt vor allem an der guten Performance der Aktien der Investmentbank Goldman Sachs (GS 396.16 +2.26%) und des Detailhändlers Costco in den Fonds.
Grant weibelt nun bei republikanischen Regierungschefs in den Bundesstaaten mit dem Ziel, dass staatliche Pensionskassen Gelder in seine ETF stecken. Es wird interessant sein zu sehen, wie sich sein Ansatz langfristig schlägt. Der Ex-Banker wettet hier schliesslich gegen einen Markttrend, der von vielen als neues Normal angesehen wird. Kleine und grosse Investoren legen vermehrt höhere Massstäbe für Nachhaltigkeit an.
Gemäss Bloomberg sind von den mehr als 720 Mrd. $, die in diesem Jahr in ETF geflossen sind, 27 Mrd. $ in Fonds mit dem Label ESG (Environmental, Social, Governance) gegangen. Auch Banken machen die Finanzierung via Kredit oder Anleihe für die Unternehmen, die ESG-Ziele nicht erreichen, schwieriger oder verlangen von ihnen Anstrengungen, sich zu bessern. Das spricht tendenziell gegen Aktien von Unternehmen, die sich diesem Megatrend verweigern. Sie drohen langfristig zu gestrandeten Assets und Grants Fonds damit zu Resterampen zu werden.
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