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07:04 Uhr - 05.02.2019

Für die Börse sind hohe PMI mehr Fluch als Segen

Der Anstieg des US-Einkaufsmanagerindex (PMI) zerstreut die Ängste vor einem Abschwung. Doch historisch gesehen zählen die Börsenmonate nach so hohen PMI-Werten nicht zu den besten.

Wer wissen will, wie die Wirtschaft läuft, aber nicht warten möchte, bis die Statistiker die Zahlen des letzten Quartals geschätzt haben, ist mit einem Blick auf die Einkaufsmanagerindizes (Purchasing Managers Indices, PMI) gut beraten. Diese umfragebasierten Indikatoren sind verlässliche und zeitnahe Barometer der Konjunktur. Da an der Börse die Erwartungen die Kurse bestimmen, werden die  Konjunkturindikatoren auch von den Investoren mit Argusaugen beobachtet.

Intuitiv würde man davon ausgehen, dass ein hoher oder steigender PMI gut ist für die Aktienmärkte, weil die Unternehmen im Aufschwung mehr verdienen. PMI-Werte in der Kontraktionszone nehmen hingegen einen Abschwung vorweg, Verluste an der Börse scheinen programmiert. Doch so einfach ist es nicht, denn sehr oft sind die guten wie die schlechten Nachrichten bereits in den Preisen an den Finanzmärkten eskomptiert.

Märkte nehmen viel vorweg

Das bestätigt eine historische Auswertung der Grossbank Morgan Stanley (MS 42.46 1.53%) zum amerikanischen ISM-Industrie-PMI. Die Analysten haben untersucht, welches PMI-Szenario für Aktie und Anleihen das beste war. Dazu teilten sie die PMI-Werte in die drei Kategorien niedrig (unter 50), mittel (zwischen 50 und 55) und hoch (über 55), wobei sie innerhalb der Kategorien noch in steigend und fallend unterschieden. Mit Blick auf die aktuelle Entwicklung haben sie ausserdem nachgeschaut, was an den Finanzmärkten passierte, wenn der amerikanische Industrie-PMI seinen Zenit überschritten hatte.

Guter PMI, schlechte Börse

Die Ergebnisse sind überraschend: Am besten liefen die Börsen nicht etwa dann, wenn der Einkaufsmanagerindex über 55 war und weiter nach oben kletterte, sondern wenn er unter der Wachstumsschwelle von 50 notierte, aber wieder nach oben tendierte. Das ist die Phase, in der es weniger schnell abwärts- geht und die Anleger wieder Vertrauen fassen. Besonders kräftig erholen sich in diesem Szenario die Aktien der Schwellenländer, die als riskant gelten. Begleitet wird diese Phase – auch das ein Resultat der Studie – von einem schwächeren Dollar.

Das Ergebnis gilt auch auf Sektorebene. Wenn der Einkaufsmanagerindex niedrig  ist, aber steigt, schneiden zyklische Aktien besser ab als Titel aus defensiven Sektoren wie Gesundheit, Telecom oder Versorger. Auch für die Unternehmensanleihen ist ein niedriger, aber steigender PMI das beste Szenario, zumindest relativ zu sicheren US-Staatsanleihen.

Am ausgeprägtesten waren die Kursverluste im Mittel dagegen nach einem steilen Anstieg des Einkaufsmanagerindex auf über 55. Selbst wenn der Index noch höher kletterte, verzeichnete der S&P 500 (SP500 2724.87 0.68%) in den drei Folgemonaten eine statistisch signifikant schwächere Performance als in einem durchschnittlichen Quartal. Auch die relative Performance der Zykliker litt, wenn die Konjunktur anzog und der PMI über 55 notierte.

Damit steht der jüngste Anstieg des ISM-PMI nicht unter einem guten Stern. Ein unerwarteter Anstieg über 55 werde das Thema Zinserhöhungen wieder auf das Tapet bringen, warnt Morgan Stanley in der Studie. Für die meisten Aktienmärkte wäre ein weiteres Abrutschen auf einen Wert zwischen 50 und 54, in der die Wirtschaft nicht zu heiss und nicht zu kalt läuft, günstiger gewesen.

Nicht zu heiss, nicht zu kalt

Die US-Börse schneidet in solchen Phasen historisch gesehen nur leicht schlechter ab als sonst, europäische Aktien sogar besser. Nur Schwellenländeraktien spüren dann deutlichen Gegenwind. Wenn der PMI zwischen 50 und 55 liegt und im Trend weiter sinkt, gehen zudem die Renditeaufschläge (Spreads) von Unternehmensanleihen zu US-Treasuries auseinander. «Wenn der Zyklus dreht, zeigen sich die Risse zuerst am Kreditmarkt»,  erklären die Analysten von Morgan Stanley. Sichere Staatsanleihen haben bei fallenden PMI über 50 die besseren Ertragsaussichten.

Eine weitere Erkenntnis der Morgan-Stanley-Analyse ist, dass es mehrere Abschwünge im PMI braucht, bis die US-Wirtschaft in eine Rezession rutscht (vgl. Grafik 2). Zudem zeigt der historische Vergleich, dass der letztjährige Kurseinbruch an den Börsen sehr ausgeprägt war gegenüber vergangenen Phasen, in denen der Industrie-PMI den Höhepunkt überschritten hatte (vgl. Grafik 1).

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