Die Retailbank hat im ersten Halbjahr ein höheres Ergebnis erwirtschaftet, vermag bei der Rentabilität aber nicht zu überzeugen. FuW senkt das Rating.
Markus Gygax ist zufrieden: «Bei den Ausleihungen haben wir unser Wachstumsziel bereits im ersten Halbjahr erreicht», sagt der Verwaltungsratspräsident von Valiant (VATN 94.90 -0.63%). Die Strategie zeige Wirkung, die Bank sei gut und erfolgreich unterwegs.
Die Retailbank hat im ersten Halbjahr tatsächlich in gewohnter Manier ein solides Resultat abgeliefert. Durch aktives Bilanzmanagement sowie geschickte Refinanzierung, unter anderem durch die Emission von besicherten Covered Bonds, konnte der Zinsaufwand erneut gesenkt und der rückläufige Zins- und Diskontertrag damit aufgefangen werden.
Netto resultierte dadurch ein um 5,4% höherer Zinserfolg von 162,9 Mio. Fr. Unter dem Strich erwirtschaftete Valiant einen um 1,8% höheren Konzerngewinn von 61,2 Mio. Fr. Die Bilanz wuchs im selben Zeitraum um 6,1% auf 35,2 Mrd. Fr. Hypothekarausleihungen legten um 3,3% auf 25 Mrd. Fr. zu. Für das laufende Geschäftsjahr prognostiziert das Finanzinstitut einen Konzerngewinn im Rahmen des Vorjahres.
Fahrt aufgenommen hat auch die Expansionsstrategie der Finanzdienstleisterin. Als Teil des bis 2024 laufenden Strategiezyklus will Valiant schweizweit insgesamt vierzehn neue Geschäftsstellen eröffnen und dabei hundertsiebzig Vollzeitstellen schaffen. Bedeutsam ist vor allem die Eröffnung in Zürich Oerlikon. Damit erschliesse sich Valiant eine pulsierende Wirtschaftsregion. 44% des Wachstum steuern gemäss der Regionalbank Filialen bei, die seit 2017 eröffnet worden sind.
Mit dem Ausbau kommt Valiant laut Gygax schneller voran als geplant. Das Ziel dürfte bereits Ende 2023 erreicht sein. Grund dafür ist, dass es im Umfeld der Coronapandemie einfacher geworden ist, Geschäftsstandorte an guter Lage auch in Innenstädten zu finden.
Erwartungsgemäss hat die Eröffnung neuer Geschäftsstellen im Berichtszeitraum zum Anstieg der Kosten geführt, wobei Valiant darauf verweist, dass die Expansion Geld koste. Das hat Auswirkungen auf die Effizienz. Das Kosten-Ertrags-Verhältnis nach Abschreibungen stieg von 61,1 auf 62,6%. Eine verbesserte Effizienz verspricht sich das Finanzinstitut von einer Vereinfachung der Prozesse, etwa bei der 2020 eingeführten Kreditautobahn. Auch das historisch gewachsene Filialnetz von Valiant, das in Regionen mit einem weniger starken Immobilienwachstum wie dem Kanton Bern liegt, will sich die Bank ohne Tabu anschauen, wie es heisst.
Ob der Retailbank dies gelingen kann, ist fraglich. Bereits in der Vergangenheit hat Valiant Mühe damit bekundet, die eigene Rentabilität zu verbessern. Mit 5,2% lag die Eigenkapitalrendite im Geschäftsjahr 2020 unter dem langfristig von Valiant angestrebten Ziel von mindestens 6%. Für das erste Semester weist Valiant den Wert nicht aus. Im Branchenvergleich gibt es Finanzinstitute, die effizienter zu wirtschaften verstehen. Das Management hat heute betont, dass es keine schnelle Revolution im Retailbanking gäbe. Es brauche Zeit, um den Wert zu verbessern.
Trotz erfüllter Pflicht, die Kür, die für Kursphantasie sorgt, lässt auf sich warten. Auf den heutigen Zahlenkranz haben Valiant mit Abgaben reagiert. Mit einem Plus von knapp über 10% liegen Valiant zwar vor vielen Kantonalbanken, jedoch hinter dem Gesamtmarkt zurück.
Für die Aktien spricht neben ihrer im Branchenvergleich günstigen Bewertung von einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (2022) von 12 und einem Kurs-Buchwert-Verhältnis von 0,6 zwar ihre überdurchschnittlich hohe Dividendenrendite von 5,2%. FuW traut der Retailbank aktuell jedoch nicht zu, mit dem Markt mithalten zu können und stuft Valiant deswegen von «Halten» auf «Verkaufen» ab. Bis die Retailbank aus ihrer Expansionsstrategie nicht nur Wachstum generiert, sondern auch Aktionärswert schafft, bleiben Anleger besser an der Seitenlinie.
Die komplette Historie zu Valiant finden Sie hier.»
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