Zurück zur Übersicht
07:01 Uhr - 03.08.2015

Zurich-CEO: «Gewinn steigern und Dividende erhöhen»

Der Versicherer wird von Währungseffekten gebremst. Die derzeit geprüfte Akquisition der britischen RSA würde gleich zwei Schwachstellen beheben.

Zurich Insurance (ZURN 294.3 -0.03%) hat das erste Semester wohl mit ordentlich guten Zahlen abgeschlossen, denn sonst würde der grösste Schweizer Versicherer nicht – wie vor wenigen Tagen bekannt gemacht – gerade jetzt die Übernahme der britischen RSA Insurance prüfen. Eine Grossakquisition würde gleich zwei Schwachpunkte verbessern: die betriebliche Effizienz und die Stagnation des Gewinns. Seit 2010 hält sich der Überschuss zwischen 23 und 25 Fr.  je Aktie.

Semesterzahlen wohl eher flau

Zurich prüft GrosseinkaufDer Versicherungskonzern schaut sich die britische RSA an. Der Milliardendeal würde ohne Kapitalerhöhung finanziert. Die Dividende ist nicht infrage gestellt.
Lesen Sie hier mehr.
Am 6. August veröffentlicht der Konzern die Semesterzahlen. Von der Zurich-Gruppe wird erwartet, an die ansprechenden Leistungswerte des ersten Quartals angeknüpft zu haben. Die Assekuranzbranche hatte im zweiten Quartal nur geringe Katastrophen- und anderweitige Grossschäden zu bezahlen. In Teilen des Versicherungsmarktes herrscht jedoch Tarifdruck, und die Niedrigzinslage drückt das Anlageresultat. Deshalb müssen die Erwartungen gezügelt werden.

In den ersten drei Monaten hat der Konzern Geschäftsvolumen und Ertragskraft in lokalen Währungen berechnet zwar stabil gehalten. Wegen des Erstarkens des Dollars mussten damals jedoch ein Umsatzrückgang um 3% auf 18,7 Mrd. $ und eine Gewinnabschwächung um 4% auf 1,2 Mrd. $ ausgewiesen werden. Die Währungsbelastung hat im zweiten Quartal angehalten. Für die Gewinnumrechnung in die Heimwährung des Konzerns wirkt jedoch ein günstiger Effekt, denn der Dollar hat im Jahresvergleich gegen den Franken zugelegt.

10%-Renditeziel für Akquisitionen

Zu RSA Insurance will Zurich-Konzernchef Martin Senn im Gespräch mit «Finanz und Wirtschaft» nicht konkret Stellung beziehen. Er macht jedoch klar, dass jede Akquisition das Ziel von 10% Gesamtrendite auf dem einzusetzenden Eigenkapital erreichen müsse: «Wenn nicht im ersten Jahr der Übernahme, so doch nach kurzer, überblickbarer Zeit.»

Noch liegt keine Übernahmeofferte vor. Durch die Integration von RSA, die gemessen an der Marktkapitalisierung etwa ein Sechstel so gross wie der Schweizer Konzern ist, würden in Grossbritannien und Irland Synergieeffekte erreichbar. In Skandinavien kämen starke, rentable Marktpositionen neu dazu, und in Kanada und Lateinamerika verbreiterte sich der Konzern merklich in der Schadenversicherung.

Die hohe Ausschüttungsrendite von rund 6% (im Falle einer unverändert 17 Fr. betragenden Dividende) ist zusammen mit der stattlichen Solvenz des Unternehmens primäres Attraktivitätsmerkmal der Zurich-Aktien. Senn will deshalb jegliche «Volatilität der Dividende» vermeiden. Eine Kürzung der Ausschüttung komme nicht in Frage. «Das würden die Investoren nicht goutieren.»

Günstigen Fremdkapitalhebel nutzen 

Zur Finanzierung eines Grossdeals müsste Zurich mehrere Milliarden Dollar Fremdkapital beschaffen. Das passt zu den im Mai bekannt gemachten Plänen, die Gesamtkapitalkosten durch eine massvolle Ausweitung hybrider Kapitalformen zu drücken. Das in der Solvenzwertung anrechenbare Fremdkapital soll von 24% auf einen Anteil von 30% des zählenden Risikokapitals ausgedehnt werden.

Übliche Festzinsanleihen wie auch nachrangige Obligationen lassen sich derzeit dank reger Nachfrage privater und institutioneller Anleger zu niedrigen Zinscoupons platzieren. So gelänge dem Konzern wohl eine günstige Akquisitionsfinanzierung. Wahrscheinlich ist so auch keine Kapitalerhöhung nötig.

Die Stärke des Unternehmens zeige sich darin, meint der Konzernchef, dass seit Jahren eine im Branchenvergleich überdurchschnittlich hohe Dividende bezahlt werde und dennoch Überschusskapital im Umfang von 3 Mrd. $ entstanden sei. Senn bestreitet nicht, dass einige Wettbewerber durch eine deutliche Steigerung der Ausschüttung mit der angebotenen Dividendenrendite näher an Zurich herangerückt sind, die das Ausschüttungsniveau seit fünf Jahren unverändert auf 17 Fr. je Aktie gehalten hat. Der Konzern wolle deshalb «den Gewinn steigern, um über die Zeit auch die Dividende anheben zu können».

Mit der Eigenkapitalrendite von zuletzt gut 11% ist der Zurich-Konzern im wichtigen Mass der Kapitaleffizienz den Konkurrenten nicht mehr voraus. Senn weist darauf hin, dass im Vergleich der Renditezahl – auf die Eigenkapital und Gewinn gleichermassen wirken – die überdurchschnittlich kräftige Kapitalisierung des Unternehmens berücksichtigt werden sollte.

Geschäftsumfeld wird kniffliger

Ein gut gefülltes Kapitalpolster und eine risikominimierende Kombination der Versicherungssparten seien die Grundvoraussetzung für dauerhaften Erfolg. «Die betrieblichen Herausforderungen der Assekuranzbranche werden noch zunehmen», warnt Senn. Der Preisdruck, der im Rückversicherungsmarkt wegen Überkapazität nun schon seit Jahren herrsche, schwappe zunehmend auf den allgemeinen Schadenversicherungsmarkt über. Der Prämiendruck mache sich nicht nur im Retailgeschäft, sondern in einigen Märkten auch verstärkt im Firmenkundenbereich bemerkbar. «Betriebliche Optimierungen werden ermöglichen, zu geringeren Kosten eine für die Kunden bessere Qualität zu bieten.»

Der Zurich-Konzern setzt gemäss Senn nicht auf Kunden, die einzig auf den Preis fixiert sind und jedes Jahr zum Anbieter mit den niedrigsten Prämien wechseln. «Erfolg suchen wir als Beratungs- und Dienstleistungspartner, weshalb eine Kombination von Servicequalität, Verlässlichkeit und Skaleneffekten das Rezept ist.»

Niedrigzinslage als «gewaltige» Belastung

In der finanziellen Altersvorsorge und der Lebensversicherung immunisiert sich der Konzern so weit wie möglich gegen Zinsrisiken. Das Management fördert deshalb den Absatz reiner Risikopolicen zur Deckung von Todesfall- und Invaliditätsgefahren sowie den Vertrieb von Lebensversicherungen auf Basis von Anlagefonds, für die der Konzern nur begrenzte Zinsgarantien auf das eigene Buch nehmen muss. «Die aktuelle Niedrigzinslage belastet die Assekuranz gewaltig», stellt Senn unmissverständlich fest. Ein Viertel der seit März im EU-Raum emittierten Anleihen wies einen Negativzins auf.

Wenig problematisch sei es, falls die Renditen am Kapitalmarkt – wie heute von vielen Ökonomen erwartet – graduell und nur zögerlich stiegen. «Das ist sogar unser Wunschszenario, weil dann Neugeldanlagen endlich wieder zu besseren Konditionen möglich sind», betont der Zurich-CEO. In der Bilanz nähme der Wert des Obligationenbestands zwar ab, auf der anderen Seite würde aber auch der ökonomische Wert der Verpflichtungen schrumpfen.

Eine grosse Herausforderung für die Versicherungsbranche wäre laut Senn ein schockartiger Anstieg der Inflation und damit auch der Marktzinsen, weil das nicht rasch genug in die Versicherungskontrakte eingebaut werden könnte.

Vermögensumschichtung zu weniger liquiden Anlagen

Bereits im vergangenen Jahr wurde die Anlagestrategie für das rund 200 Mrd. $ umfassende Konzernvermögen, das zur Deckung der Versicherungszusagen dient, leicht angepasst. Durch Investitionen in Unternehmensanleihen, Immobilien und Aktien wurde dabei auch das Risiko leicht erhöht.

«Derzeit findet nur noch eine Umlagerung von liquiden in weniger liquide Anlagen statt, bei der wir aber keine zusätzlichen Risiken mehr eingehen», betont Senn. Weil die Fristigkeit der Investments auf die Laufzeit der zu deckenden Versicherungsverträge gepasst werde, bleibe Zurich Insurance auch bei Änderungen des Zinsniveaus in der ökonomischen Betrachtung, wie sie der Schweizer Solvenztest vornimmt, in weitgehend geschützter Balance.

Die komplette Historie zu Zurich finden Sie hier. »

Hat Ihnen der Artikel gefallen? Lösen Sie für 4 Wochen ein FuW-Testabo und lesen Sie auf www.fuw.ch Artikel, die nur unseren Abonnenten zugänglich sind.

Seite empfehlen



Kopieren Sie den Link [ctrl + c] und fügen Sie ihn in ein E-Mail ein [ctrl + v]. Aus Sicherheitsgründen ist kein Versand von E-Mails direkt vom VZ Finanzportal möglich.