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16:50 Uhr - 19.02.2021

Cembra wartet auf die Zündung

Die Konsumkreditbank hat 2020 weniger Gewinn erzielt. Setzt die wirtschaftliche Erholung ein, dürfte sie rasch profitieren.

Robert Oudmayer fiel es sichtbar schwer, seine Frustration zu verbergen. Der sonst so gelassene CEO der Cembra (CMBN 97.20 -1.22%) Money Bank wirkte anlässlich der Bilanzpräsentation vom Freitag bei Fragen über Prognosen für das laufende Jahr so, als ob er sich die Antwort selbst schon viel zu oft gegeben hätte. «Ich weiss es ganz einfach nicht», wiederholte er. «Ich weiss nicht, wie lange die Krise dauert, ich weiss nicht, wie schnell unser Umsatz auf das frühere Niveau zurückfindet.» Vermutlich wüsste er nichts lieber.

Cembra ist in der Warteschlaufe. Die Coronapandemie macht sich in allen Geschäftsbereichen negativ bemerkbar. Die schweizweite Nachfrage nach Konsumkrediten ist eingebrochen, der Absatz von Neuwagen genauso, und die Reiserestriktionen sorgen dafür, dass Kreditkarten nur noch innerhalb der Landesgrenze genutzt werden. Für Cembra, deren Kassen immer dann klingeln, wenn die Konsum- und Reiselust besonders gross ist, ein denkbar schlechtes Szenario. Das belegen die Zahlen für das vergangene Jahr.

Kartengeschäft unter Druck

Dank der Integration der 2019 gekauften Konkurrentin Cashgate hat Cembra 3,6% mehr Ertrag geschrieben, blieb damit aber hinter den Erwartungen zurück. Das rührt auch daher, dass sie anders als in früheren Jahren bei den Konsumkrediten mit 8% Negativwachstum schlechter abgeschnitten hat als der Gesamtmarkt (–3%). Unter anderem führt Cembra das auf eine selektivere Kreditvergabe und einen gewissen Kannibalisierungseffekt durch die Cashgate-Integration zurück. Die Fahrzeugfinanzierungen erwiesen sich dank einem stabilen Absatz von Gebrauchtwagen als resistent. Allerdings verlor Cembra Marktanteile an Leasing-Konkurrenz, die den Markt mit aggressiven Preisen aufmischte.

Dass die Einnahmen am Ende kleiner ausfielen als erwartet, liegt aber primär an den Kreditkarteneinnahmen. Auf den ersten Lockdown folgte ein zweiter, die Reiseaktivitäten blieben das ganze Jahr lang tief. Weil Cembras Karten typischerweise im Urlaub genutzt werden und die Bank auf diese Transaktionen auch noch bessere Margen erzielt, litten die Einnahmen doppelt. 5% tieferen Transaktionsvolumen steht ein 14% tieferer Ertrag gegenüber. Die Kommissionseinnahmen, die in stabilen Jahren mehr als die Hälfte zum Ertrag aus dem Kartengeschäft beitragen, brachen 29% ein.

Parameter unverändert gut

Das Kartengeschäft bleibt für Cembra trotz Krise ein attraktives. Mit neuen Partnerschaften setzt sie die Voraussetzungen für künftiges Wachstum, das veränderte, bargeldlose Zahlungsverhalten sorgt für die nötige Nachfrage. Doch die Frage nach dem Wann ist auch hier zentral.

Anleger hatten die Cembra-Aktie vor der Krise auf immer neue Höchststände getrieben, zu verfänglich waren das immer verlässliche Wachstum, die sinnvolle Akquisition von Cashgate, die stabilen Margen, die hohe Rentabilität des Geschäfts und die kaum vorhandenen Risiken. Dann lehrte Corona sie das Fürchten. Derzeit notieren die Titel 20% unter dem Höchst. Der Kursverlauf zeichnet die Intensität der Pandemiebekämpfung durch die Regierung nach.

An den Parametern hat sich jedoch nichts geändert. Cembra bleibt hoch effizient, rentabel und überaus solide kapitalisiert. Die Wachstumsstory ist intakt, wenn auch verschoben. Das bietet Chancen für einen Einstieg. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis von 16 für 2021 ist zwar tief, hat aufgrund der unsicheren Entwicklung im laufenden Jahr aber kaum Aussagekraft. Mit den Zeichen der Erholung dürften Anleger die Stärken Cembras wiederentdecken.

Zu diesen Stärken gehört eine gewisse Krisenresistenz. Den temporären Einbussen zum Trotz ist das Kreditbuch von guter Qualität. Die Verlustrate lag 2020 mit 0,9% sogar tiefer als von 2016 bis 2018. Die im Frühjahr 2020 strikter gestaltete Kreditvergabe habe man bereits lockern können, sagte Oudmayer. Auch an den 25 bis 30 Mio. Fr. Gewinnbeitrag durch Cashgate ab 2021 hat sich nichts geändert. Die Aktien haben wie die Konjunktur reichlich Aufholpotenzial, das sie früher oder später nutzen werden.

Die komplette Historie zu Cembra finden Sie hier. »

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