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10:17 Uhr - 15.09.2015

«Ganz andere Situation als bei Asienkrise»

Indonesiens Präsident Joko Widodo hat wie er im Interview behauptet, keine Angst vor Chinas Wachstumsflaute.

Indonesiens Präsident Joko Widodo hat keine Zweifel: Die Welt steht nicht vor einer weiteren Asienkrise. «Die fundamentale Situation der Länder in der Region ist ganz anders als 1998 – viel besser», meinte der Präsident im Gespräch mit «Finanz und Wirtschaft» in Jakarta. Jüngste Warnungen von Analysten und Kommentatoren wies er vehement zurück. «Das wirtschaftliche Wachstum in der Region Südostasien ist viel stärker als damals, mehr als 4%», so der Regierungschef. «Unsere Region ist stabil.»

Trotz des Falls des indonesischen BIP-Wachstums unter die Grenze von 5% zeigte sich Widodo unbesorgt über die wirtschaftliche Entwicklung seines Landes. «Indonesien ist im Umbruch», meinte er. Reformen wie die Kürzung der Treibstoffsubventionen und einschneidende Massnahmen zur Reduktion der weit verbreiteten Korruption würden dazu beitragen, dass das Bruttoinlandprodukt Indonesiens schon im kommenden Jahr wieder über 5% steigen werde.

Dank eines von ihm eingeführten elektronischen Überweisungssystems sei die Überwachung der Zahlung öffentlicher Gelder möglich geworden. «Die Mittel aus der Staatskasse gehen heute direkt an den Empfänger und versickern nicht mehr irgendwo in der Bürokratie», so Widodo. Keine Sorge bereiten dem Präsidenten die Abwertung der chinesischen Währung und die Abkühlung der Konjunktur in China. Die Volksrepublik ist ein wichtiger Handelspartner Indonesiens und anderer Länder im Verbund südostasiatischer Staaten, Asean. «Wir können das absorbieren», erklärt der Präsident zuversichtlich.

Mit über 250 Mio. Einwohnern ist Indonesien der grösste Staat der Asean. Die Entwicklung der Nation wird jedoch von einer Reihe von Problemen gehemmt, allen voran einer überbordenden Bürokratie, Korruption, ungenügender Infrastruktur und einem Mangel an gut ausgebildeten Arbeitskräften. Widodo betont, er und seine Regierung arbeiteten gezielt am Abbau dieser Wachstumshemmnisse. Der Widerstand in Bürokratie und Verwaltung gegen die Reform von Abläufen, die seit Jahrzehnten gepflegt werden, sei aber gross.

Trotzdem zeigte sich der Präsident überzeugt, seine Vision von Indonesien als Technologiestandort verwirklichen zu können. Sein Ziel sei es, das Land für europäische Unternehmen als Standort noch attraktiver zu machen. «Wir brauchen mehr Investoren, gerade in der verarbeitenden Industrie», so Widodo.

Für das auf Jahresende vorgesehene offiziellen Inkrafttreten der Wirtschaftsgemeinschaft Asean Economic Community (AEC) sei Indonesien gerüstet. «Wir stehen dem Zusammenschluss sehr positiv gegenüber», meinte er. Die AEC will Handelsschranken und andere Hemmnisse zwischen den zehn Mitgliederstaaten der Asean möglichst ganz abbauen und langfristig den freien Verkehr von Waren und Personen erlauben. Dadurch wird ein Markt mit potenziell 600 Mio. Verbrauchern geschaffen, 40% davon Indonesier. Befürchtungen indonesischer Kommentatoren, sein Land könne von billigen Arbeitskräften überrannt werden, wies Widodo als unbegründet zurück.

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