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15:55 Uhr - 19.01.2016

Grossaktionäre sollen ABB zu Divisionsverkauf drängen

Grossaktionäre sollen auf einen Verkauf des am wenigsten rentablen Geschäftsbereichs Power Grids im Herbst hinarbeiten. Der Preis soll hohe 12 bis 15 Mrd. $ betragen.

Die schwedische Wirtschaftszeitung «Dagens Industri» meldet mit Hinweis auf informierte Kreise, Grossinvestoren würden einen Verkauf der Division Power Grids favorisieren. Die Aktionäre würden ABB (ABBN 16.42 1.99%) drängen, die strategische Überprüfung des Bereichs, die seit September läuft, bis Ende Sommer abzuschliessen und dann den Verkauf anzustreben.

Als Verkaufspreis werden vergleichsweise hohe 12 bis 15 Mrd. $ genannt. Gemäss AWP hat auch die Bank of America (BAC 14.416 -0.3%) in einer neuen Studie zu ABB den Verkauf von Power Grids im gleichen Preisrahmen aufgebracht.

Mögliche Käufer fänden sich vor allem in Asien (etwa State Grid Corporation of China, Mitsubishi Hitachi Power Systems, Toshiba (6588 5.2 -5.28%) oder Shanghai Electric Group), weil Konkurrenten wie Siemens (SIE 82.18 1.05%) oder General Electric (GE 28.7201 0.81%) aus kartellrechtlichen Gründen nicht zum Zug kommen könnten.

Power Grids ist die grösste Division von ABB. Sie wurde aber erst jetzt, Anfang 2016, gebildet und umfasst im Wesentlichen das Geschäft mit Stromnetzen (Übertragung und Verteilung). Im September hatte ABB eine neue Unternehmensstruktur mit vier statt fünf Divisionen für 2016 angekündigt.

Power Grids seit September auf dem Prüfstand

Gleichzeitig wurde Power Grids damals auf den Prüfstand gestellt, denn ihre Marge ist mit 4,7% (Basis Ebita 2014) deutlich niedriger als beim Rest des ABB-Geschäfts. Für Power Grids seien «alle Optionen offen», sagte damals Konzernchef Ulrich Spiesshofer, was in der Regel bedeutet, dass auch ein Verkauf ins Auge gefasst wird. ABB will die Gerüchte gemäss AWP nicht kommentieren. Schon im September stellte Spiesshofer aber einen Entscheid zu Power Grid für 2016 in Aussicht.

Zu den grossen Investoren von ABB zählt unter anderem die Beteiligungsholding Cevian, die im letzten Jahr eine Beteiligung am Industriekonzern aufgebaut hat und gemäss den letzten Beteiligungsmeldungen mehr als 5,2% an ABB hält. Sie begrüsste im September die Umstrukturierungen und speziell die Überprüfung der Power-Grids-Division. Cevian ist bekannt als aktive Investorin. Ein Verkauf von Power Grids würde voll auf ihrer Linie liegen.

Investor AB mit Cevian im Boot?

Noch bedeutender als Cevian ist Investor AB, das Finanzvehikel der schwedischen Familie Wallenberg, das derzeit gut 10% an ABB hält. Investor AB ist schon seit Jahrzehnten Aktionär von ABB und hat auch im Verwaltungsrat Einsitz. Ferner hält das US-Fondshaus BlackRock 4,2%.

Über die Haltung von Investor AB zur ABB-Strategie ist nichts bekannt, auch nicht, ob Investor AB mit Cevian (ebenfalls mit schwedischen Wurzeln) zusammenspannt. Die Wallenbergs haben ihre Finanzbeteiligungen bisher eher passiv verwaltet.

Doch seit dem Generationenwechsel in der Familie (Hinschied von Peter Wallenberg Senior im letzten Jahr) und der Ernennung eines neuen CEO vor Jahresfrist soll Investor AB zu einer etwas aktiveren Bewirtschaftung ihrer grossen Industriebeteiligungen neigen, sagen Beobachter. Insofern ist es möglich, dass auch Investor AB einer solchen Grosstransaktion positiv gegenübersteht, jedenfalls verweist «Dagens Industri» auf mehr als nur einen Aktionär, ohne sie aber zu nennen.

Mit dem Verkauf von Power Grids würde sich das Gesicht von ABB deutlich ändern, das Geschäft mit Automation, Robotik und Antrieben gewänne an Bedeutung. Die Power-Grids-Division hat, wenn die neue Vierdivisionenstruktur auf die Zahlen von 2014 umgelegt wird, einen Umsatz von 12,6 Mrd. $ erwirtschaftet, was 32% des Konzernumsatzes entspricht.

zoomDer Betriebsgewinn von Amortisationen betrug 2014 allerdings bloss 0,6 Mrd. $ (12% des Konzern-Ebita), was einer Marge von 4,7% entspricht. 2015 hat sich die Profitabilität etwas erholt, dürfte aber nach wie vor deutlich unter derjenigen der übrigen drei ABB-Divisionen liegen, die Margen zwischen 12 und 16% aufweisen.

Geringe Marge – hoher Preis

Könnte ABB Power Grids tatsächlich zu 12 bis 15 Mrd. $ verkaufen, wäre das im Verhältnis zum Börsenwert sehr attraktiv. Die 12 bis 15 Mrd. $ entsprechen pro Aktie zwischen 5.30 und 6.60 Fr., das ist rund ein Drittel des Börsenkurses. Und das, obwohl durch einen Verkauf nur rund 15% des Gewinns wegfallen würden.

zoomDazu kommt noch, dass die Aussichten für Stromübertragung und -verteilung (T&D, Transmission and Distribution, ein bedeutender Teil von Power Grids) gemäss einer Studie von Credit Suisse (CSGN 18.62 1.2%) in den meisten Regionen eher getrübt sind. Nach einer langen Wachstumsperiode droht nun eine mehrjährige Stagnation. Der chinesische Markt ist zudem für ausländische Unternehmen nur in Teilsegmenten bewirtschaftbar, weil lokale Anbieter den dortigen Markt beherrschen.

Ein Verkauf von Power Grids, wenn er denn im Herbst kommt, dürfte die ABB-Aktien definitiv beflügeln.

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