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12:21 Uhr - 23.12.2016

Brückenbauer zwischen Aufbauhilfe und Rendite

Peter Fanconi: Wenn der frühere Private-Banking-Chef von Vontobel und heutige VR-Präsident von Blue Orchard von Mikrofinanz spricht, blüht er auf. 

«Sie müssen mich unterbrechen», sagt er «das Thema ist so faszinierend, ich könnte stundenlang darüber sprechen.» Dann erzählt Peter A. Fanconi von der Frau in Kambodscha, die Brot verkaufen will und einen Backofen braucht. Vom Bauern in Vietnam, der ohne Kredit weder genug Saatgut noch Dünger bekäme und seine Ernte gegen einen kleinen Aufpreis auch gleich noch versichert.

Von den 4000 Schülern in einem Internat in Afrika, deren Disziplin und Lerneifer, anders als manchmal an unseren Schulen, mustergültig sind – jeder Schüler weiss, das ist seine einzige Chance, sich selbst, seine Eltern und Geschwister weiterzubringen.

Rund 30 Mio. Kleinstkredite zwischen 50 und 5000 $ hat das Schweizer Finanzunternehmen Blue Orchard über seine lokalen Büros weltweit vergeben. Vor sechzehn Jahren gegründet, hat der helvetische und globale Pionier knapp 4 Mrd. $ in nachhaltige Anlagen zur Armutsbekämpfung  und Wirtschaftsförderung investiert – «Bottom up, mehrheitlich in Ländern, in denen es keine Finanzintermediäre gibt. Man kann zwar an eine Bank gelangen, aber die gibt kein Geld ohne Sicherheit, und lokale Konsumkreditanbieter heissen nicht ohne Grund Shark Lenders, weil sie überrissene Zinsen verlangen.»

Auch wenn Sicherheiten nach westlichem Muster fehlen, sind die Ausfallraten ungleich niedriger als in den Industrieländern – «bei Blue Orchard in den doch schon vielen Jahren, in denen wir aktiv sind, deutlich weniger als 1%», hält Fanconi fest. Die ersten Gelder kamen von Personen, die philanthropische Motive hatten: von Stiftungen und vermögenden Familien.

Heute ist Mikrofinanz ein Teil, wenngleich noch immer der grösste, des sogenannten Impact Investing: nachhaltige Kapitalanlagen mit erweiterten Leistungen wie Versicherungen, Aus- und Weiterbildung, Wohnungsbau und Energieversorgung. Der Sektor wächst rasant um 20 bis 30% jährlich. Allein die Mikrokredite erreichten Ende 2015 ein Volumen von knapp 12 Mrd. $.

Mittlerweile ist Impact Investing eine eigene Anlageklasse, breit diversifiziert und kaum korrelierend mit klassischen Anlagen. Investoren sind Institutionelle wie Banken, Pensionskassen und Staatsfonds, aber zunehmend auch Private, meist über Fonds, wie auch Blue Orchard sie anbietet und verwaltet, der grösste mit einem Vermögen von rund 700 Mio. $.

Auf Rendite müssen Investoren nicht verzichten, «im Gegenteil», führt Fanconi aus: «Gemessen am Index für unsere Industrie, der zehn Jahre zurückreicht, rentieren Impact Investments 3,6% jährlich. In unseren Fonds sind es seit sechzehn Jahren 4,3% p. a., nach Abzug der Gebühren.» Kein Wunder, dass im Umfeld von Niedrigzinsen und Anlagenot Grossinvestoren und Regierungen den früheren CEO und heutigen VR-Präsidenten reihenweise einladen, über das Thema alternative Investments zu sprechen.

Als Fanconi zu Blue Orchard stiess, blickte er bereits auf eine vielseitige Finanzkarriere zurück. Zwei Mal gründete er ein Unternehmen, das er jeweils nach einiger Zeit erfolgreich verkaufte: die Private-Equity-Firma Map Group, die an PwC Schweiz ging, wo Fanconi dann das Corporate Financing mitverantwortete, und den Hedge-Funds-Anbieter Harcourt, der das Interesse von Vontobel (VONN 53.95 0.56%) weckte, wo der verheiratete Vater einer Tochter das Private Banking leitete.

2011 folgte der nächste Sprung, «eine Weiterentwicklung», wie er den Wechsel ins Impact Investing nennt. «Hier finden mein  unternehmerisches Denken, meine soziale Verantwortung, meine Bankkenntnisse sowie meine Erfahrungen mit institutionellen und privaten Anlegern wie Puzzle-Teile zusammen.»

Zupackend und mit strategischem Geschick erfüllt er seit 2013 eine weitere anspruchsvolle Aufgabe: das VR-Präsidium der Bündner Kantonalbank. So eine Chance sei für einen Bündner eine besondere Ehre, sagt er, «da kann man nicht Nein sagen».

 

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