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16:20 Uhr - 03.03.2020

Ermotti muss sich weiterbilden

Der Noch-UBS-Chef soll Präsident des Rückversicherers Swiss Re werden. Doch kann er auch Assekuranz?

Da hat er alle überrascht. Im November räumt Sergio Ermotti den Chefsessel bei UBS (UBSG 10.78 2.52%). Fest hatte sich die Erwartung gebildet, er werde Verwaltungsratspräsident (VRP) Axel Weber an der Spitze der grössten Schweizer Bank ablösen. Nun wird Ermotti VRP – doch nicht von UBS, sondern einem anderen Finanzriesen: Swiss Re (SREN 94.96 1.87%), dem nach Prämienvolumen grössten Rückversicherer der Welt.

Der Konzern teilte es am Dienstag mit, doch von Ermotti selbst war kaum etwas zu hören. Einzig in der Mitteilung wurde er mit den Standardphrasen von Freude und Dankbarkeit zitiert. Und dann der Schlüsselsatz: «Es ist mir eine Ehre, in die Fussstapfen von Walter Kielholz zu treten.» Es war denn auch der Übervater und oberste Strippenzieher des Zürcher Finanzplatzes, der an der Telefonkonferenz für Medien am Dienstag allein sprach.

Kielholz folgt der Tradition

Schon früh im Suchprozess habe man mit Ermotti Kontakt aufgenommen, so Kielholz, denn seit über einem Jahr lief wiederum die Suche nach einem Nachfolger für den Tessiner bei UBS. Kielholz wird nächstes Jahr siebzig. «Es ist eine alte Tradition, dass der VRP von Swiss Re dann zurücktritt», sagte Kielholz. Dass er sich in der Vergangenheit noch kritisch über diese Alterslimite äusserte, «war eine sture Reaktion meinerseits gegen diejenigen, die mich vor zwei oder drei Jahren in Rente schicken wollten», erklärte Kielholz jovial.

Doch nun folgt ihm nicht nur kein interner Kandidat – eine Lösung, die man von einem internationalen Finanzriesen eigentlich hätte erwarten dürfen. Sondern sein Nachfolger ist zudem eingefleischter Banker, kein Versicherungsfachmann. Kielholz sagte, es habe intern VR-Mitglieder gegeben, die in Frage gekommen wären. Doch sie hätten sich selbst aus dem Rennen genommen. Von der Konkurrenz einen  Topshot abzuwerben – z. B. von dem anderen globalen Rückversicherer, Munich Re –, wäre laut Kielholz zudem «abenteuerlich» gewesen.

Vertieftes Wissen im Versicherungsgeschäft wäre sicherlich ein Vorteil gewesen, so Kielholz, aber Ermotti sei mit vielen Teilen des Geschäfts aus der UBS-Zeit bereits vertraut: Asset Management, Tiefzinsumfeld, Anlagenotstand, Kontakt zu globalen Finanzgesellschaften, Regierungen und Regulatoren. UBS hat im institutionellen Geschäft meist dieselben Kunden, «auch wenn wir nicht mit den glamourösen Ultrareichen verkehren».

Auch in den UBS-VR?

Zudem habe Ermotti Zeit. Nach der Generalversammlung 2020 wird er als normales VR-Mitglied ins Geschäft eingeführt. 2021, wenn er für Kielholz übernimmt, werde er «der am besten vorbereitete Präsident sein, den der Konzern je hatte». Vertraglich ausgeschlossen ist dagegen ein weiteres Präsidiumsmandat. Undenkbar also, dass Ermotti Swiss Re und irgendwann auch UBS führen wird. Nicht ausgeschlossen ist aber ein VR-Mandat bei UBS. Er würde es Kielholz gleichtun, der zunächst von 2003 bis 2009 Präsident von Credit Suisse (CSGN 10.755 0.51%) war, um dann ins Präsidium von Swiss Re zu wechseln und bis 2015 als normales Mitglied im CS-VR zu bleiben.

Die jahrzehntelange personelle Verzahnung zwischen CS und Swiss Re ist mit dem Einzug des UBS-Mannes Ermotti gebrochen. Diese Zeit der alten «Schweiz AG» gebe es sowieso schon lange nicht mehr, meint Kielholz. Nur «die alten Kerle» würden sich noch daran erinnern.

Woran sich Ermotti auch neu gewöhnen muss, ist das Gehalt: Als CEO von UBS bekam er für 2019 12,5 Mio. Fr. Swiss-Re-VRP Kielholz erhielt 2018 3,9 Mio. Grundsätzlich sei Ermotti ein glücklicheres Händchen bei Swiss Re gegönnt als zuletzt bei UBS. Seit Jahren liefert die global grösste Verwalterin von Privatvermögen ungenügende Ergebnisse, was sich im Aktienkurs spiegelt, der sich derzeit wieder dem historischen Tief nähert. Ermotti ist es nicht gelungen, die Eigenkapitalrendite von 10% zu liefern, ab der eine Grossbank gemeinhin als wertschaffend für die Aktionäre gilt.

Ein Problem, das im vergangenen Jahr auch Swiss Re hatte. Nach einem katastrophalen Ergebnis versucht der Konzern die Anleger mit einer dennoch satten Dividende und einem Aktienrückkaufprogramm bei Laune zu halten. Auch etwas, was Ermotti aus UBS-Zeiten kennt. Dank der getroffenen Sanierungsmassnahmen ist bei Swiss Re 2020 anders als bei UBS mit einem deutlich verbesserten Ergebnis zu rechnen. «Finanz und Wirtschaft» geht von einem Gewinnanstieg auf 2,5 Mrd. $ bzw. 8.75 Fr. je Aktie aus.

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