Michael Mueller, der CEO von Valora, erklärt im Interview mit der FuW, dass er im Foodsegment akquirieren und sich von Bereichen trennen will, die nicht zum kleinflächigen Detailhandel passen.
Der neue CEO des Handelskonzerns Valora (VALN 226.8 0.49%) mit knapp 2,9 Mrd. Fr. Umsatz baut die Kioske um und die Brezelbuden aus.
Herr Mueller, Sie haben die Analysten enttäuscht. Für 2014 haben Sie die Ziele heruntergesetzt und rechnen mit einem Betriebsergebnis Ebit von 66 bis 70 Mio. Fr.
Die langfristige operative Guidance haben wir beibehalten. 2016 bedeutet dies rund 90 Mio. Fr. Ebit. Wichtig ist die Orientierung am durchschnittlichen freien Cashflow von mindestens 50 Mio. Fr. jährlich.
Seit März sind Sie CEO, vorher waren Sie CFO. Was haben Sie seither bewirkt?
Im Mai haben wir Valora Services, den Pressevertrieb und die Presselogistik in der Schweiz und Luxemburg, erfolgreich verkauft und damit einen wichtigen Schritt bei der Fokussierung auf die Retailaktivitäten vollzogen. Valora steckt mitten in einem Veränderungsprozess, der durch meinen Vorgänger eingeläutet wurde.
Ihr Vorgänger Rolando Benedick ist eine starke Persönlichkeit. Ist er ein Übervater?
Ein Übervater ist er nicht, sondern er ist mein Verwaltungsratspräsident und ein sehr wichtiger Sparringpartner.
Werden Sie zukaufen? Vor Valora waren Sie vor allem im Finanzbereich tätig, unter anderem zuständig für Mergers & Acquisitions.
Ich habe früher nicht nur im M&A gearbeitet, sondern auch in der strategischen Unternehmensberatung, wobei M&A immer auch ein Teil davon war.
Jelmoli wurde unter Ihnen veräussert. Soll Valora auch verkauft werden?
Das ist gar kein Thema.
Plant Valora nach dem Kauf von Ditsch/Brezelkönig weitere Zukäufe?
Wir werden mit dem Unternehmen organisch wie auch anorganisch wachsen.
In welchen Bereichen werden Sie kaufen?
Der Fokus wird auf Hochfrequenzlagen, im kleinflächigen Detailhandel und im Foodbereich liegen.
Sie haben nach dem Verkauf von Valora Services 70 Mio. Fr. mehr in der Kasse. Zudem haben Sie diese Woche den Syndikatskredit von 100 auf 200 Mio. Fr. erhöht. Werden Sie dies für Akquisitionen brauchen?
Diese Zahlen kann man nicht einfach addieren. Die Umwandlung in einen neuen Kredit gibt uns mehr Flexibilität für künftige Entwicklungen, sei das für Investitionen in bestehende Geschäfte oder für Zukäufe.
Wo will Valora geografisch expandieren?
Im Kioskbereich werden wir uns stark auf die bestehenden Länder Schweiz, Deutschland, Luxemburg und Österreich beschränken. In den übrigen Bereichen, wo Food im Zentrum steht, wollen wir auch in neue Länder vorstossen.
In welche Länder wollen Sie mit Ditsch/Brezelkönig nach der Schweiz und Deutschland expandieren?
Da sind wir geografisch sehr offen. Das prüfen wir derzeit.
Wie viele Filialen von Ditsch/Brezelkönig wollen Sie dieses Jahr eröffnen?
In der Schweiz sind rund sechs und in Deutschland circa zehn geplant. Ende Jahr werden wir insgesamt über 250 Filialen führen.
Die Analysten monierten das schwache Wachstum von Ditsch/Brezelkönig von 3%.
Wir sind aber auf Plan mit unserem Wachstum. Entscheidend ist der Gewinnbeitrag, und der ist hoch. Die hohe Ebit-Marge von 13% erreichen wir dank der Kontrolle über die voll integrierte Wertschöpfungskette mit der Produktion.
Wollen Sie nach der Sparte Valora Services weitere Bereiche abstossen, zum Beispiel Valora Trade? Der Vertrieb von Markenartikeln passt nicht mehr zu Ihrer Strategie.
Wir haben klar kommuniziert, dass Valora Trade nicht zum Kerngeschäft der Gruppe gehört. Es wird separat geführt. Wir sind bei Trade mitten in einer Restrukturierung. Wir wollen das Geschäft wieder profitabler machen. Dabei überprüfen wir sämtliche Bereiche bezüglich ihrer zukünftigen strategischen Ausrichtung und ihres Beitrags in der Division.
Stossen Sie einzelne Teile von Trade ab?
Trade ist eine Ansammlung von KMU. Wir haben schon jetzt einzelne grosse Distributionsverträge aufgehoben, etwa in Skandinavien. Es läuft eine sehr umfangreiche Repositionierung. Kooperationen könnten auch eine wichtige Rolle spielen.
Valora Trade ist für die Umsatzgrösse von Valora aber bedeutend.
Entscheidend ist für uns die Profitabilität. Der Anteil von Ditsch/Brezelkönig am Umsatz ist klein, der Ebit-Beitrag mit einem Drittel aber bedeutend.
Wie steht es mit Spettacolo? Wollen Sie die Kaffeebars verkaufen oder ausbauen?
Das Kaffeebargeschäft ist ein sehr gutes Geschäft. Wir haben in diesem Segment eine starke Marktposition und wollen sie in der Schweiz weiter ausbauen.
Weshalb ist es so ruhig geworden um die Convenience-Shops Avec?
Wir haben stark in Avec investiert und einige Kioske auch in Avec umgewandelt. Das neue Frischeangebot und die Tankstellenshops werden eine Rolle für das Wachstum spielen. Derzeit führen wir 120 Convenience Stores, vierzig an Tankstellen und rund achtzig an Bahnhofslagen.
Die Kioske sehen bald wie Avec aus. Mehr als die Hälfte im Kiosk ist mit Food und Getränken bestückt. Presseprodukte werden immer stärker verdrängt.
Das ist kein schleichender Prozess. Bei der Umwandlung der Kioske reduzieren wir je nach Standort den Regallaufmeter der Presse um bis zu 50% und ersetzen die Fläche durch Food, Getränke und Dienstleistungen. Das Kernsortiment Tabak und Presse ist aber immer noch ein Frequenzbringer, es bringt Kunden in den Kiosk. Derzeit haben wir 175 Kioske umgewandelt. Bis 2015 ist das Ziel mindestens 300.
Lohnen sich Dienstleistungen wie Geldüberweisung, Debitmasterkarten, Versand von Paketen am Kiosk?
Ja, sehr. Dienstleistungen wie das Abholgeschäft für Versandhändler wollen wir stärker ausbauen. Wir wollen noch weitere Finanzdienstleistungen am Kiosk anbieten, die aber noch nicht spruchreif sind.
Die Paninibilder sind nicht mehr so erfolgreich wie früher.
Das stimmt, aber das ist für das Gesamtergebnis nicht so relevant. Erfolgreich waren wir damit durch den exklusiven Vertrieb über Services in Österreich, den haben wir 2012 verkauft.
Sie haben 350 Kioske in Agenturen umgewandelt. Die Kioskfrau wurde zur Unternehmerin. Wie lohnt sich das für Valora?
Der Umsatz an den umgewandelten Kiosken steigerte sich. Davon profitieren Valora und die Agenturleiterin.
Was muss die Kioskfrau selbst bezahlen?
Sie arbeitet auf eigene Rechnung und stellt das Personal selbst an. Sie muss eine eigene GmbH gründen. Dafür braucht sie ein Startkapital von rund 20 000 Fr.
Ist die Integration der deutschen Convenience Conceptshops mit 1300 Kioskverkaufsstellen abgeschlossen?
Nein. Das dauert länger, als wir dachten. Bei einer Vervielfachung der Verkaufsstellen ist dies aufwendiger und komplexer. Wir sind mitten drin im Prozess.
Sie besetzen an den Bahnhöfen und den Flughäfen die allerbesten Lagen, dort, wo es die höchste Kundenfrequenz gibt. Weshalb ist die Performance der Kioske so gering und ist in den letzten Jahren gar gesunken?
Der Hauptgrund für die Veränderung der Profitabilität am Kiosk ist der Presserückgang. Wir haben in der Vergangenheit deswegen signifikant Marge verloren, darum wandeln wir die Kioske auch um. Wir wollen den Presserückgang kompensieren mit einem neuen Angebot von Food und Dienstleistung.
Bei Food ist die Konkurrenz riesig. Da muss Ihnen zum Kiosk noch etwas einfallen.
Da spielt unsere spezielle Kombination Food, Tabak, Presse und Dienstleistungen an Topstandorten eine Rolle. Damit differenzieren wir uns am Kiosk.
Die Dividendenrendite war bisher attraktiv. 2014 wird der Gewinn tiefer liegen. Wird auch die Dividende tiefer sein als jetzt?
Nein. Die absolute Dividendenhöhe 2013 von 12.50 Fr. je Aktie gilt als Untergrenze.
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