Ricardo Guadalupe, Chef der Uhrenmarke Hublot, äussert sich zu den Änderungen der Baselworld, zum Brexit sowie zu den eigenen Zielen für 2019.
Herr Guadalupe, heute beginnt die Uhren- und Schmuckmesse Baselworld, erstmals ohne den weltgrössten Uhrenhersteller Swatch Group. Ihre Erwartungen?
Wie ich gehört habe, hat die neue Leitung der Baselworld einige gute Ideen, um die Messe wieder populärer zu machen. Dennoch mache ich zu Basel und zur Uhrenmesselandschaft Schweiz einige Fragezeichen.
Weshalb?
Ich glaube, dass längerfristig nur eine der beiden Uhrenmessen überleben wird.
Der Salon International de la Haute Horlogerie SIHH in Genf ist fokussiert auf Richemont sowie eingeladene Marken. Hat dies mehr Überlebenspotenzial?
Auch Genf muss sich Gedanken machen, wie es sich für die Zukunft aufstellen will. Der SIHH muss sich ebenfalls weiterentwickeln. Wünschenswert wäre es, wenn die Organisation sich von Richemont abkoppeln würde und offener gegenüber der gesamten Branche würde. Das könnte eine Chance sein.
Um die Baselworld abzulösen?
Es geht nicht primär darum, Basel gegen Genf oder umgekehrt auszuspielen. Fakt ist, dass unsere Branche einen grossen Event benötigt. Alle wichtigen Industrien haben einen Anlass, an dem die ganze Branche zusammenkommt, sogar die Tech-Branche trifft sich zur CES in Las Vegas. Es ist wichtig, die Industrie, die Beteiligten und die Presse zusammenzubringen.
Trotz Digitalisierung?
Digitalisierung hat unsere Welt verändert. Aber dies steht einer Messe nicht entgegen. Man muss allerdings Erlebniswelten generieren und sich weniger an die Branche selbst als an die Endkunden richten.
Der Umsatz von Hublot ist 2018 auf 600 Mio. Fr. gewachsen. Wie ist 2019 angelaufen?
Wir werden kaum an das Ergebnis des Vorjahres herankommen, als wir beim Umsatz zweistellig zulegen konnten. Wir haben für 2019 ein Wachstum von 6% budgetiert, wobei wir in den vergangenen Jahren unsere Vorgaben stets übertreffen konnten. Ich denke, dass ein Plus von 7 bis 8% erreichbar ist. Damit würden wir erneut einen Rekordumsatz erzielen. In den ersten drei Monaten sind wir fast 9% gewachsen, aber wir sehen eine Verlangsamung des Geschäfts.
Was sind die Gründe dafür?
Vor allem in den USA sehen wir einen Rückgang. Seit dem Beginn des Handelskriegs mit China reisen deutlich weniger chinesische Touristen in die Vereinigten Staaten. Ich war vergangene Woche in Las Vegas. Unsere dortige Boutique, die sonst gut läuft, habe ich noch nie so leer erlebt.
Wie sieht die Lage in China aus?
Wir sind weiterhin sehr zufrieden. Im vergangenen Jahr war der Grossraum China erstmals für den grössten Umsatzanteil verantwortlich. Wir sind überzeugt, dass das Potenzial dort riesig ist. Chinesische Konsumenten sind schon heute der grösste Käufer von Luxusgütern.
In Frankreich demonstrieren seit Monaten jedes Wochenende die Gelbwesten. Was heisst das für die Branche?
Wir leiden unter dieser Situation. Unsere Boutique an der Place Vendôme müssen wir jeden Samstag schliessen. Seit Anfang Jahr ist unser Umsatz in Frankreich um 15% gefallen. Frankreich muss eine Lösung für dieses Problem finden. Das kann so nicht weitergehen.
Dafür sind in Grossbritannien zuletzt die Exportzahlen in die Höhe geschnellt. Eine Folge des Brexit?
Die gesamte Branche und auch Hublot waren bestrebt, vor Ende März zusätzliche Uhren nach Grossbritannien zu liefern. Niemand weiss, ob je nach Ausgang des Brexit ab Anfang April die Einfuhrformalitäten deutlich komplizierter werden. Wir wollen auf der sicheren Seite sein.
Stellen Sie für 2019 einen bestimmten Trend in der Uhrenbranche fest?
Es geht weiterhin in die Richtung, dass wir Uhren produzieren müssen, deren Wert vom Käufer wahrgenommen wird. Heute kauft niemand mehr eine Uhr, um die Zeit abzulesen, das macht man auf dem Smartphone. Die mechanische Uhrenindustrie muss Zeitmesser herstellen, mit denen sich der Käufer identifizieren kann – sei es über das Design, die Mechanik oder das Material.
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