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16:53 Uhr - 29.08.2022

Batteriehersteller fahren mit hohem Tempo

Die Elektromobilität beflügelt die Nachfrage nach Akkus. Chinesische und südkoreanische Anbieter dominieren den Markt. Europa wacht auf.

Abhängigkeiten wirtschaftlicher Art sind spätestens mit der Coronapandemie durch zahlreiche Lieferengpässe schmerzhaft ins Bewusstsein getreten. In jüngerer Zeit hat sich dies durch aggressives Gebaren autokratischer Länder – Russland, China – weiter verschärft. Unter diesem Blickwinkel regt sich auch am Markt für Batterien von Elektrofahrzeugen zunehmend Unwohlsein.

Chinesische Hersteller dominieren ihn mehr und mehr. Unter den zehn grössten finden sich gemäss dem südkoreanischen Marktforscher SNE Research nicht weniger als sechs, darunter der Marktführer CATL (Contemporary Amperex Technology Limited). Er beherrscht mehr als ein Drittel des Marktes, Tendenz steigend. Im ersten Halbjahr 2022 hat er die über Akkus angebotene Speicherkapazität mehr als verdoppelt und seinen Marktanteil gut sechs Prozentpunkte ausgebaut.

China mit voller Kraft

Die anderen chinesischen Anbieter vergrössern ihren Marktanteil ebenfalls. Ein Beispiel ist die Technologiegruppe BYD, an der Warren Buffetts Berkshire Hathaway einen Anteil von gut 20% hält. Der Hersteller von Elektroautomobilen, Elektrotechnik und Technologie für erneuerbare Energien hat sein in Fahrzeugen installiertes Batteriespeichervolumen im Halbjahresvergleich mehr als verdoppelt (vgl. Tabelle).

Schneller als der Markt wächst auch Gotion High-tech – eines der vier chinesischen Unternehmen, das sich Ende Juli zum Start des Programms China-Switzerland Stock Connect an der Schweizer Börse kotieren liess. Über die Ausgabe von Global Depositary Receipts (GDR) – jeder steht für fünf der in China gehandelten A-Aktien – sammelte Gotion an der SIX 685 Mio. $ ein, ausschliesslich von institutionellen Anlegern. Diese unterliegen einer Sperrfrist von hundertzwanzig Tagen. Ob danach an der SIX ein halbwegs liquider Handel in die Gänge kommt, ist ungewiss.

Während China im Batteriemarkt weiter an Bedeutung gewinnt, verlieren die koreanischen Granden LG Energy Solutions (im Januar von LG Chem abgespalten), SK On (privat) und Samsung SDI in ihrer Gesamtheit an Gewicht – im ersten Halbjahr 2022 hielten sie noch gut ein Viertel (vgl. Grafik). Ebenfalls eingebüsst hat der japanische Mischkonzern Panasonic. Mit Blick auf das Korea-Trio schreibt SNE Research, angesichts der wachsenden Nachfrage im chinesischen Binnenmarkt müssten die Gesellschaften in ihrer Marktstrategie flexibler werden.

Kräftiges Marktwachstum

Der Markt für E-Automobil-Akkus wächst rasant. Der Übergang zur Elektromobilität ist in vollem Gange, die Tage des Verbrennungsmotors scheinen gezählt zu sein – die Regulierung drängt ihn ins Aus. Nach Plänen der EU zum Beispiel sollen ab 2035 sämtliche Neuwagen in der Union emissionsfrei sein.

Gemäss Schätzungen wird der weltweite Absatz von E-Fahrzeugen bis 2030 im jährlichen Schnitt mehr als 20% wachsen. Der Marktforscher Markets and Markets zum Beispiel prognostiziert einen Sprung von gut 8 Mio. Stück im laufenden Jahr auf 39 Mio. bis 2030. Das dürfte dann einem Marktanteil von über 30% entsprechen. Für die EU erwartet der Berater McKinsey bis dann gar 80%, wie Senior Partner Andreas Tschiesner dem Magazin «Auto, Motor und Sport» sagte.

Dafür braucht es Akkus, Akkus und Akkus – sowie laufend neue Fabriken und immer mehr Rohstoffe und Abbaumöglichkeiten. Wie bei allen Prognosen kann auch da Bremsendes und Beschleunigendes dazwischenkommen. Kräftig steigen sollte die Nachfrage nach Batterien so oder so. Allein letztes Jahr hat sie sich gemäss der Internationalen Energieagentur (IEA) mehr als verdoppelt; fast 60% davon entfielen auf China.

Und Europa? Der alte Kontinent hat auch in dem Gebiet lange geschlafen. Inzwischen ist er aber erwacht, denn China dominiert nicht nur die Produktion von Akkus, sondern nach IEA auch die nachgelagerte Lieferkette. «Aber es wird weltweit investiert», stellt die Agentur fest. Darin spiegelt sich das Ansinnen von Politik und Wirtschaft, sich bei Batteriezellen nicht zu abhängig zu machen von den Akteuren aus China und Südkorea.

Eine europäische Zellfertigung ist in diesen Überlegungen ein zentrales Element. Meist in Kooperation mit den grossen Playern, teils aber auch gemeinsam mit lokalen Anbietern wie der 2016 in Schweden gegründeten Northvolt, ist die europäische Automobilindustrie inzwischen daran, entsprechende Kapazitäten zu errichten.

Fabriken für Europa

Auffallend ins Zeug legt sich Volkswagen. «Die Batterie wird neben der Software der grosse Werttreiber im Auto – deshalb geben wir sie nicht aus der Hand», rechtfertigte der scheidende CEO Herbert Diess die Pläne. Mit PowerCo gründete Volkswagen eine eigene Tochtergesellschaft, die die Batterieaktivitäten weltweit verantworten wird. 20 Mrd. € sollen bis 2030 gemeinsam mit Partnern investiert werden. «Vom nächsten Jahr an könnten Finanzinvestoren dazukommen», zitiert das «Handelsblatt» CFO Arno Antlitz. Denkbar sei mittelfristig auch ein Teilbörsengang.

Allein in Europa will Volkswagen bis 2030 sechs (hochstandardisierte) Zellfabriken mit je 40 GWh Kapazität in Betrieb haben. Pro Fabrik sollte das für 600’000 bis 700’000 Neuwagen reichen. An der Grundsteinlegung des ersten Werks in Salzgitter Anfang Juli hiess es selbstbewusst: «Die PowerCo wird zum Global Battery-Player.»

Bereits konkreter sind die Börsenpläne von Northvolt. Die Schweden haben gerade bestätigt, in den nächsten zwei Jahren eine Publikumsöffnung anzustreben.

Wer heute schon in Batteriehersteller investieren will, kommt an asiatischen Gesellschaften kaum vorbei. Die Kursverläufe ähneln einander: Anfang 2020 hatte ein Boom eingesetzt, der meist Ende vergangenen Jahres gipfelte. Wegen der Wachstumsfantasie sind die Bewertungen eher hoch. Gewinne sind ebenso wenig garantiert wie es eine ausreichende Rohstoffversorgung ist. Anleger müssen zudem mit höherer Volatilität rechnen und sollten eher längerfristig orientiert sein.

Sowohl in China als auch in Südkorea braucht es für einen direkten Aktienkauf freilich einen lokalen Broker-Account. Einen problemlosen Zugang zu chinesischen Titeln gibt es aber über Hongkong – sofern dort eine Zweitkotierung besteht, wie im Fall von BYD. Als Alternative bieten sich allenfalls Stock-Connect-Programme der Börsen Schanghai und Shenzhen mit der Börse Hongkong an (analog zu dem mit der SIX). Für CATL gibt es eines.

Gerücht um Warren Buffett

Das langjährige Buffett-Investment BYD hat nach Bloomberg eine Kaufempfehlungsquote von 89%; am Markt kursieren allerdings Gerüchte über Ausstiegspläne von Buffett. Die Wachstumsaussichten sind gut, mit weniger als 10% bleibt die Ebitda-Marge auf mittlere Sicht jedoch bescheiden. CATL haben eine noch etwas höhere Kaufempfehlungsquote. Analysten setzen die Wachstumsraten des Umsatzes aber etwas niedriger an als die von BYD; dafür rechnen sie mit weiterhin höheren Ebitda-Margen um 15%.

Zugang zu südkoreanischen Investments gibt es über Depositary Receipts. Im Fall von Samsung SDI – einer 20%-Tochter von Samsung Electronics und auch Anbieter von Bildschirmtechnologie – werden solche Aktienzertifikate unter anderem in Frankfurt gehandelt. Samsung SDI haben eine Kaufempfehlungsquote von 94%. Für die kommenden Jahre wird mit deutlich zweistelligen Wachstumsraten sowie mit Margen zwischen 16 und 17% gerechnet.

Als breiter gestreute Alternative zu Einzelwerten bieten sich Exchange Traded Funds (ETF) an. Beispiele sind der Global X China EV & Battery (Symbol: CAUT), der Global X Lithium & Battery (LITU) und der WisdomTree Battery Solutions (VOLT). Ein gutes Branchenabbild liefert ausserdem der als Tracker-Zertifikat erhältliche Solactive Battery Energy Storage Index.

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