Mark Mobius, «Mr. Emerging Markets», wittert in den aufstrebenden Märkten neue Chancen, wie er im Interview mit «Finanz und Wirtschaft» erläutert.
Kaum jemand hat auf dem Gebiet der aufstrebenden Märkte so viel Anlageerfahrung wie Mark Mobius. Der Executive Chairman der Emerging-Markets-Abteilung von Franklin Templeton Investments erklärt im Gespräch mit «Finanz und Wirtschaft», wie er auf die politischen Konflikte und die Gewalt in einigen Schwellenländern reagiert.
Herr Mobius, die schlechten Nachrichten aus den Emerging Markets reissen nicht ab. Was sollen Anleger tun?
Da sich Nachrichten heutzutage so schnell über den Globus verbreiten, müssen Anleger aufpassen, dass sie nicht in die Irre geführt werden. In den über vierzig Jahren als Investor in den Emerging Markets habe ich gelernt, dass negative Schlagzeilen einen positiven Aspekt haben, denn sie eröffnen Kaufgelegenheiten.
Haben denn die Konflikte und Unruhen in Ländern wie der Ukraine, Thailand oder Nigeria kein Krisenpotenzial?
Als das Militär in Thailand die Macht übernahm, stiegen die Aktienkurse. Die Börse hat sich längst an Militärputschs gewöhnt. Die Gewalt der Terrorgruppe Boko Haram in Nordnigeria ist schrecklich, doch in den Grossstädten im Süden verläuft das Leben in normalen Bahnen. Niemand würde die USA als Investitionsstandort in Frage stellen, nur weil es in Boston ein Bombenattentat gab.
Seit März haben sich die Emerging Markets kräftig erholt. Ist das nur ein Aufbäumen, oder war das erst der Anfang?
Ich glaube, das ist der Anfang einer längeren Phase der Stärke. Denn es ist einiges im Gange. Das Wichtigste ist wohl das Reformprogramm von China. Die Öffnung bisher vom Staat dominierter Wirtschaftszweige für private Unternehmen und die Landreform werden China zu einer unerwarteten Wachstumsdynamik verhelfen, die auf der Innovationskraft der Privaten beruht. Der Umbau wird zwar immer wieder für negative Schlagzeilen sorgen, da mehr Gesellschaften in Konkurs gehen. Doch die Richtung stimmt. Und dann ist da noch Indien, wo mit dem neuen Premier Narendra Modi Aufbruchstimmung herrscht. Es sind zahlreiche längst fällige Reformen geplant, und die Chancen stehen gut, dass Modi sie umsetzen kann.
Die indische Börse hat schon viel vorweggenommen. Ist der Zug abgefahren?
Die anfängliche Euphorie war wohl etwas übertrieben. Ein Kauf hat also keine Eile. Warten Sie eine Korrektur ab.
Und die Streiks und Demonstrationen in Brasilien machen Ihnen keine Sorge?
Die Frage ist, was die Anliegen der Demonstranten und die Folgen davon sind. In Brasilien gehen die Menschen gegen eine korrupte und ineffiziente Regierung auf die Strasse. Wenn sich dadurch etwas ändert, ist das positiv. Derzeit ist die Börse stark von den Wiederwahlchancen der Präsidentin Dilma Rousseff abhängig. Wenn die Popularität der Präsidentin sinkt, steigen die Aktienkurse.
Wie beurteilen Sie das Währungsrisiko?
Natürlich kann man makroökonomische Ungleichgewichte etwa in der Türkei nicht einfach ignorieren. Aber die Wahrscheinlichkeit einer ausgewachsenen Krise ist klein, da die Zentralbanken über genügend Währungsreserven verfügen. Eine schwache Währung hat auch etwas Gutes. Sie befeuert die Exporte und hilft einigen Unternehmen. Ein Beispiel ist die indische IT-Gesellschaft Tata Consultancy Services. Die Angestellten erhalten die Löhne in Rupien, aber der Umsatz ist in Dollar. Für Anleiheninvestoren ist eine Abwertung in der Regel schmerzhaft, bei Aktien können Kursgewinne die Währungsverluste wettmachen.
Welche Aktien gehören in ein Schwellenländerportfolio?
Es kommen nur Titel von Unternehmen mit guter Corporate Governance in Frage, die einen starken Cashflow, eine hohe Nettogewinnmarge sowie eine hohe Eigenkapitalrendite und Rendite auf dem investierten Kapital erzielen. Zu meinen Lieblingsaktien gehören PetroChina, AmBev und Samsung (SMSD 394.45 0.68%). Wir investieren auch in Titel, die in den Industrieländern kotiert sind, wie etwa Richemont (CFR 90.35 -0.5%) oder Avon Cosmetics.
Wie verhalten sich Ihre Kunden nach dem schwierigen letzten Jahr?
Anfang Jahr waren viele US-Investoren in Emerging Markets untergewichtet, doch jetzt kommen sie zurück. In den Frontier-Markets- und den Small-Cap-Fonds hatten wir auch 2013 Zuflüsse. Den Frontier-Markets-Fonds mussten wir für neue Investoren sogar schliessen. Es bestand das Risiko, dass er zu gross wird für die noch kleinen Märkte.
Fällt der S&P 500, leiden auch die Emerging Markets. Sind Sie für die entwickelten Märkte ebenfalls so optimistisch?
Nur weil die Hausse fünf Jahre alt ist, muss sie nicht zu Ende sein. Natürlich sind die Kurs-Gewinn-Verhältnisse gestiegen, doch das geringe Gewinnwachstum hat einen einfachen Grund: Die Unternehmen sitzen auf viel Bargeld, worauf der Ertrag klein ist. Da im gesamten System wegen der expansiven Geldpolitik viel Geld darauf wartet, investiert zu werden, bin ich bullish für Aktien. Wenn endlich auch die kleinen und die mittelgrossen Unternehmen an günstige Kredite gelangen, kommt die Wirtschaft richtig in Fahrt.
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