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07:53 Uhr - 20.04.2015

China pumpt mehr Liquidität in Geldkreislauf

Mit der Senkung des Mindestreservesatzes sollen Liquiditätsengpässe im Interbankenmarkt behoben, der Konsum angeregt und der Börsenrally weiterer Schnauf verliehen werden.

Nachdem jüngste chinesische Konjunkturdaten auf ein sich deutlich verlangsamendes Wirtschaftswachstum hingewiesen hatten, kam die über das Wochenende von der Notenbank angekündigte geldpolitische Lockerung nicht ganz überraschend. Erstaunt hat allerdings das Ausmass der Massnahme. Neu müssen die Geschäftsbanken der weltweit zweitgrössten Volkswirtschaft noch 18,5% ihrer Reserven in liquiden Mitteln halten, also 1 Prozentpunkt weniger als zuvor. Dank diesem Schritt dürften nach Schätzung der Bank of America Merrill Lynch zusätzliche 1,2 Bio. Yuan in den Geldkreislauf fliessen.

Aktienmarkt tritt ins Zentrum

Die People’s Bank of China (PBoC) hat den Mindestreservesatz bereits Anfang Februar 0,5 Prozentpunkte gesenkt, nachdem sie in den drei Monaten zuvor bereits den Leitzins zwei Mal hintereinander heruntergesetzt hatte. Damit sind fürs Erste nicht nur sich abzeichnende Liquiditätsengpässe im Interbankensystem aus dem Weg geräumt worden. Nur wenige Stunden vor der geldpolitischen Lockerung hatte die chinesische Marktaufsichtsbehörde (CSRC) besonders risikoreichen fremdfinanzierten Aktiengeschäften den Kampf angesagt. Vieles weist darauf hin, dass diese beiden Massnahmen koordiniert worden sind.

Die Regierung, der sowohl die Notenbank wie auch die Marktaufsichtsbehörde direkt unterstehen, misst in ihrem laufenden Prozess der Anpassung wirtschaftlicher Strukturen dem Aktienmarkt eine zunehmend wichtige Rolle zu. Während jetzt einerseits gegen den für die Stabilität des Bankensystems gefährlichen missbräuchlichen Margenhandel vorgegangen worden ist, soll gemäss den Analysten der britischen Grossbank HSBC die zusätzlich in die Wirtschaft fliessende Liquidität dafür sorgen, dass die steile Rally an den chinesischen Börsen nicht abreisst. Nachdem die Kurse der an ausländischen Börsen kotierten chinesischen Titel am Freitag deutlich nachgelassen hatten, legte die Börse Schanghai am Montag in den ersten Minuten im Handel rund 0,5% zu, doch verlor sie in der ersten Tageshälfte schliesslich 0,4%.

Wertsteigerung soll Konsum anfeuern

Der Hauptindex des grössten asiatischen Aktienmarktes hat seit vergangenem November beinahe 100% gewonnen. Diese stürmische Entwicklung steht im Kontrast zum sich verlangsamenden Wirtschafswachstum, zu den sinkenden Immobilienpreisen und dabei vor allem auch dem jüngst zur Schwäche neigenden Einzelhandel. Durch die dank den hohen Aktienpreisen erreichte Wertsteigerung der Privatvermögen soll offensichtlich der Konsum angekurbelt werden. Dieses volkwirtschaftliche Ziel ist angesichts der mittlerweile hohen Aktienbewertungen nicht ohne Risiken, doch ist es infolge der reichlich vorhandenen Liquidität auch nicht unrealistisch. Das vor allem auch, weil in den vergangenen Wochen eine rekordhohe Zahl von Chinesen neue Anlagekonten eröffnet hat. Ein Crash zum jetzigen Zeitpunkt könnte wohl auch soziale Spannungen nach sich ziehen. Xiao Gang, Chef der Marktaufsichtsbehörde CSRC, hat am Freitag Investoren denn auch einmal mehr darauf hingewiesen, dass Aktienkurse nicht nur steigen, sondern auch fallen können.

Weitere geldpolitische Lockerungen erwartet

Das jetzt freigesetzte Geld soll durch eine gezielte Erteilung von Krediten vor allem in die ärmeren ländlichen Gebiete und auch in den lange vernachlässigten Agrarsektor fliessen. Tao Wang, Chinaökonomin der UBS, geht davon aus, dass die PBoC bis Ende 2015 den Leitzins 0,5 Basispunkte senken wird.

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