Zurück zur Übersicht
18:22 Uhr - 21.11.2017

Leonhard Fischer: Vom Grosskapitalisten zum Kleinsparer-Berater

Er war einst in Deutschland jüngster Bank-Topmanager, dann in der Schweiz Chef des hier marktführenden Versicherers – nun wird er Advokat des Fondssparens. 

Leonhard Fischer präsentiert eine neue Lösung für ein altes Problem und will deutsche Sparer, die zunehmend frustriert über Nullzinsen auf Bankkonten sind, für das Fondssparen begeistern. Banker und Versicherungsmanager war Fischer schon: als Youngster und dann Chef des Investment Banking der Dresdner Bank (Dresdner Kleinwort Wasserstein) respektive der Allianz (ALV 199.35 1.45%) bis 2002 und anschliessend bis 2006 als CEO der «Winterthur»-Versicherung.

Nun, mit 54 Jahren, will er die deutsche Sparkultur revolutionieren. Zusammen mit dem Medienmacher Kai Diekmann – ein Freund aus Schulzeiten in Bielefeld – plant Fischer, nächsten Sommer den «Zukunftsfonds» zu lancieren und über die Zeit bis zu 20 Mrd. € von privaten Anlegern einzusammeln. Das Duo plant eine «sichere und zugleich kostengünstige Kollektivgeldanlage».

Details sind wenige bekannt. Die Kosten des Fonds sollen weniger als 1,4% p. a. des Geldvolumens betragen, wie die Protagonisten der Onlineausgabe der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» anvertrauten. Die Deutschen lassen ihr Geld traditionell mit Vorliebe auf ihrem Sparkonto, Wertschriftenanlagen sind wenig verbreitet.

Bereitschaft für Neues orten die beiden «älteren Wilden» bei den arrivierten Menschen der digitalaffinen Generation. Das Start-up will deshalb den Produktvertrieb primär online über eine Investmentplattform organisieren. Die komplexe Anlagethematik leicht verständlich darzulegen und in einladender Form an die potenziellen Kunden zu bringen, wird Sache von Diekmann sein. Für diese Aufgabe geschärft wurde er in seinen Funktionen als Chefredaktor der deutschen Massenblätter «Welt am Sonntag» und «Bild». Einen ersten Fuss in der Start-up-Szene hat Diekmann dank einer Beratertätigkeit für den Taxidienst Uber. Fischer will sich damit bewähren, die erhofften 20 Mrd. € des deutschen «Zukunftsfonds» erfolgreich zu investieren.

In der Schweiz hinterliess er zwischen 2003 und 2006 Spuren. Fischer wurde vom Verwaltungsrat der Credit Suisse (CSGN 16.3 2.19%) als Taktgeber bei der Tochtergesellschaft «Winterthur»-Versicherung eingesetzt, für deren Sanierung die Bank eben erst 3,7 Mrd. Fr. einsetzen musste.

Zuvor war «Lenny» Fischer – wie er seit seinen ersten Berufsjahren bei J. P. Morgan genannt wird – auch international aufgefallen, weil er nach dem Wechsel zur Desdner Bank im Rekordtempo ins Topmanagement aufstieg und dort als jüngstes Geschäftsleitungsmitglied aller kotierten deutschen Finanzunternehmen gefeiert wurde. Nach Übernahme der Dresdner Bank durch den Allianz-Konzern war Fischer kurzzeitig im Führungsgremium des deutschen Versicherers aktiv.

Die Übernahme der Dresdner Bank durch die Allianz für mehr als 25 Mrd. € ist als «einer der grössten Irrtümer der deutschen Finanzwelt» in die Geschichte eingegangen, nicht zuletzt wegen des von Fischer verantworteten Investmentbanking. «Ein Stern verglüht», hiess in deutschen Medien über den damals 39-Jährigen.

Da kam die Berufung in die Schweiz gelegen. Oswald Grübel, der 2003 als Co-CEO von Credit Suisse wirkte, übertrug dem smarten Aufsteiger die Revitalisierung der «Winterthur»-Versicherung. Bald stellte sich heraus, dass weder Grübel noch Fischer die Geduld und die Nerven für das Führen des langatmigen Versicherungsgeschäfts hatten. Nach Jahren der Spekulation über eine Wiederplatzierung des Unternehmens an der Börse kam Mitte 2006 der Verkauf für gut 12 Mrd. Fr. an den französischen Versicherungskonzern Axa (CS 25.39 1.68%) zustande.

Fischer wechselte zum belgischen Beteiligungshaus RHJ International, wo er ein Finanzimperium aufzubauen versuchte. 2009 wurde der britische Vermögensverwalter Kleinwort Benson übernommen, 2014 die deutsche BHF Bank. Das neue Konstrukt hielt jedoch nicht lange. 2016 gingen wesentliche Teile an die privat gehaltene französische Finanzgruppe Oddo. Jetzt nimmt Fischer neuen Anlauf.

Hat Ihnen der Artikel gefallen? Lösen Sie für 4 Wochen ein FuW-Testabo und lesen Sie auf www.fuw.ch Artikel, die nur unseren Abonnenten zugänglich sind.

Seite empfehlen



Kopieren Sie den Link [ctrl + c] und fügen Sie ihn in ein E-Mail ein [ctrl + v]. Aus Sicherheitsgründen ist kein Versand von E-Mails direkt vom VZ Finanzportal möglich.