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12:53 Uhr - 14.01.2016

Sieben Fragen und Antworten zum Börsengewitter

Die Erholung der Aktienmärkte dauerte gerade zwei Tage, nun befinden sie sich wieder auf Sinkkurs. Was sind die Gründe – und wie sollen Anleger darauf reagieren?

Nach der jüngsten Erholung sind die Börsen wieder auf Tauchkurs. Was ist der Auslöser?

Diesmal ist der Katalysator nicht China, denn dort haben sich die Aktienkurse stabilisiert. Diesmal stehen die USA im Fokus der Anleger. Für Verunsicherung sorgte der Wochenbericht des US-Energieministeriums, der weiter hohe Öl-Lagerbestände in den USA ausweist. Dies wiederum schickte den Ölpreis auf Talfahrt. Am Donnerstagmorgen fiel der Preis für ein Fass der Sorte Brent erstmals seit zwölf Jahren kurzzeitig unter 30$.

Ein tiefer Ölpreis sollte sich doch positiv auf die Wirtschaft auswirken?

Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Bei einem niedrigen Ölpreis profitieren energieintensive Branchen wie Chemie, Minen und Transport. Derzeit herrscht aber die Sorge vor, dass der tiefe Ölpreis ein Ausdruck des schwächelnden Wachstums ist, sowohl in China wie auch weltweit. In den USA befürchtet man, dass das Land in eine Rezession fallen könnte.

In den vergangenen Monaten waren Kursstürze jeweils gute Kaufgelegenheiten. Auch dieses Mal?

In der Tat hat «Buy the Dip», das Kaufen in Schwächephasen, in den vergangenen Jahren sehr gut funktioniert. Dieses Mal scheint es genau umgekehrt zu sein. Bereits Erholungsphasen werden dazu genutzt, Positionen abzubauen – wie diese Woche.

Ist die neuerliche Verkaufswelle nur ein kurzes Gewitter – oder eine längere Schlechtwetterperiode?

Anders als in der vergangenen Woche ist die aktuelle Korrektur nicht aus heiterem Himmel aufgetreten. Neben China mit seinem schwächelnden Wachstum enttäuschten auch die jüngsten Konjunkturdaten aus Japan. Dort sanken die Investitionsaufträge deutlicher als erwartet. Das drückt zusätzlich auf die Kaufstimmung unter den Investoren – und das deutet nicht auf eine schnelle Trendwende nach oben hin. Dazu kommt, dass Anleger aus den Jahren 2009 bis 2014 in ihren Portfolios noch immer Kursgewinne verzeichnen und deshalb in schwierigen Phasen potenzielle Verkäufer sein könnten.

Was sagen die Anlageexperten?

Sie plädieren durchs Band weg für Zurückhaltung. Der Chefstratege von LGT Capital, Mikio Kumada, sagt im FuW-Interview, dass Anleger vermehrt mit Schwächen rechnen müssen. Er sieht die langjährige Aktienhausse derzeit als gealtert an, nicht aber bereits als tot. Christoph Geyer, Markttechniker bei der Commerzbank, schliesst einen Test der Tiefstände von August und September nicht aus. Auch die Zürcher Kantonalbank geht davon aus, dass Unsicherheiten in diesem Jahr die Finanzmärkte wiederholt bewegen werden. «Die ersten Handelstage dürften nur ein Vorgeschmack gewesen sein», sagt Chefökonom Anastasios Frangoulidis. Bereits bestätigt sieht Thomas Stucki, Anlagechef der St. Galler Kantonalbank (SGKN 353.5 -0.35%), seine Aussage von vergangener Woche. Nach der von China verursachten Korrektur an den Weltbörsen prognostizierte er, dass sich die Märkte von dem Rückschlag nicht so schnell erholen würden. Und: Weitere Fieberschübe seien in den kommenden Tagen nicht ausgeschlossen – ein erster ist bereits eingetroffen.

Sollen Anleger jetzt ihre Aktien verkaufen?

Panik ist immer ein schlechter Ratgeber. Wer Aktien aus langfristigen Überlegungen hält, sollte in solchen Phasen nicht verkaufen. Eine Korrektur, die heute gross wirkt, nimmt man im langfristigen Vergleich oft gar nicht mehr wahr. Auf lange Sicht lohnt es sich deshalb, die Nerven zu bewahren und sein Portfolio abzusichern.

Und was, wenn man vom Ende der langjährigen Hausse ausgeht?

Dann sieht die Lage anders aus, und es kann es durchaus Sinn machen, einzelne qualitativ wenig überzeugende Positionen zu liquidieren. Mit der auf diese Weise gewonnenen Liquidität lassen sich bei fortgesetzter Korrektur gute und überzeugende Titel wieder zu attraktiven Kursen kaufen.

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