Der grösste Hersteller von Vakuumventilen wächst in neue Dimensionen. Das dritte Quartal erfüllt «nur» die hohen Erwartungen.
«Unsere Welt beginnt nach der siebten Kommastelle»: So beschreibt Heinz Kundert, CEO von VAT Group (VACN 133.3 -3.69%), den Einsatzbereich für Vakuumventile in der Halbleiterindustrie. Die von Chipherstellern wie Intel (INTC 39.76 0.23%) und Samsung (SMSN 1216 1.84%) gefertigten Mikroprozessoren werden zusehends kleiner.
Und sie finden sich in Gegenständen, die den Alltag immer stärker prägen: Smartphones, Flachbildschirme, Elektrofahrzeuge. Ohne Vakuum, das in der Halbleiter-Produktion für grösstmögliche Sauberkeit sorgt, gäbe es diese Dinge nicht.
VAT beliefert Applied Materials, LAM und andere Unternehmen, die für Intel & Co. riesige Halbleiteranlagen fertigen, mit hochwertigen Vakuumventilen. Die aus Edelstahl oder Aluminium bestehenden Komponenten sind bis viereinhalb Tonnen schwer, bis vier Meter lang und bis über fünf Meter hoch. Die Preise reichen von 100 Fr. für kleine, einfache Ventile bis zu mehreren hunderttausend Franken für hochkomplexe Komponenten.
Staubfrei
Seit der Gründung 1965 hat das Unternehmen mit Sitz in Haag (Kt. SG) eine ungewöhnliche Marktposition erobert. Fast jedes zweite Vakuumventil stammt aus der Produktion von VAT. Ihr Marktanteil ist grösser als derjenige der folgenden sieben Konkurrenten zusammen. Keiner von ihnen ist europäisch.
CEO Kundert führt den Erfolg auf mehrere Faktoren zurück: hohe Funktionalität der Produkte, die einen einfachen Service ermöglicht; Präzision in der Fertigung; höhere Lebensdauer. Zudem müssen die Anforderungen der Kunden an absolute Sauberkeit erfüllt werden.
Am Schluss des Herstellprozesses werden die Teile in einer grossen «Waschmaschine», die 1,5 Mio. Fr. kostet, gereinigt. Alle Mitarbeiter in der Produktion tragen Handschuhe. Manche arbeiten in astronautenähnlichen Reinraumanzügen.
Der Hauptsitz in Haag ist eineinhalb Jahre nach dem Initial Public Offering (IPO) des Unternehmens im April 2016 kaum wiederzuerkennen. VAT ist enorm gewachsen. Allein dieses Jahr sind 180 neue Mitarbeiter eingestellt worden, der Bestand stieg ein Fünftel.
Umsatz steigt 60% in zwei Jahren
In Zukunft wird der Betrieb in Haag nur noch optimiert, der Ausbau findet an einem zweiten Standort in Malaysia statt. Dort soll die Produktionsleistung bis in drei Jahren von 60 bis 70 Mio. Fr. auf 400 Mio. gesteigert werden.
Dazu muss VAT geeignete Zulieferbetriebe finden. Diese haben ebenfalls hohe Anforderungen zu erfüllen; auch sie werden in einem langwierigen Prozess von den Chipanlagenherstellern zertifiziert.
Seit dem IPO wird VAT von Aufträgen überhäuft. Die Nachfrage nach Vakuumventilen ist massiv gestiegen, angetrieben durch die Digitalisierung und massiv höhere Speicherkapazitäten. Die Chipbranche und die Zulieferindustrie erleben einen Boom wie selten (vgl. dazu Seite 15).
Auch im Display-Sektor tut sich viel. Die OLED-Technologie setzt sich durch. Sie ermöglicht es etwa, Texte auf dem Smartphone im Sonnenlicht zu lesen.
So stieg der Umsatz von VAT im vergangenen Jahr aus eigener Kraft fast ein Viertel auf 508 Mio. Fr. 2017 wird aller Voraussicht nach noch besser ausfallen.
Aufträge wachsen weniger stark im dritten Quartal
Per Ende September hat der Umsatz mehr als ein Drittel zugenommen, der Auftragseingang 40%. Wie erwartet hat sich die Wachstumsrate im dritten Quartal aufgrund der hohen Vorjahresbasis abgeschwächt. Vom zweiten zum dritten Quartal (sequenziell) sind die Bestellungen 6% gesunken. Selbst für VAT wachsen die Bäume nicht in den Himmel.
Aufgrund des hohen Auftragsbestands von 179 Mio. Fr. (+6%) per Ende September besteht jedoch keine Gefahr, dass die Jahresziele nicht erreicht werden. Nach wie vor rechnet die Unternehmensleitung mit einem Umsatzwachstum von 30% auf etwa 660 Mio. Fr.
Mit dem Jahresende wird VAT über eine Produktionskapazität von 800 Mio. Fr. verfügen. Finanzchef Andreas Leutenegger wollte die Zahl an einer Telefonkonferenz am Dienstag aber nicht als Umsatzprognose für das kommende Jahr verstanden haben.
Kaum Druck auf die Marge
Was die Profitabilität betrifft, peilt VAT eine zum Vorjahr unverändert hohe Betriebsgewinnmarge von 31% an. Vakuumventile sind systemkritische Komponenten, kosten den Kunden aber verhältnismässig wenig. Daher hält sich der Preisdruck im Rahmen.
Im ersten Halbjahr hatte VAT 30% ausgewiesen. Für die zweite Jahreshälfte sind also 32% zu erwarten, dank besserem Produktmix und Effizienzgewinnen in der Fertigung.
Das Unternehmen wird für 2017 eine mindestens unverändert hohe Dividende zahlen können. Aufgrund des beträchtlichen freien Cashflows besteht berechtigte Hoffnung auf 3 bis 4% Dividendenrendite in den nächsten Jahren.
Günstig sind die mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 27 bewerteten Aktien seit geraumer Zeit nicht mehr. Die Chance, dass die rege Nachfrage nach Vakuumventilen bis 2019 anhält, ist allerdings gross.
Die komplette Historie zu VAT finden Sie hier. »
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