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11:15 Uhr - 22.07.2015

Schindler im Clinch

Die Übernahmekommission untersagt die vorgesehene Opting-in-Klausel des Aufzugs- und Fahrtreppenherstellers. Die Statutenänderung verstosse gegen das Börsengesetz und sei «systemfremd».

Karl Hofstetter, Chefjurist von Schindler (SCHN 153.8 -1.41%), und die Übernahmekommission (UEK) sind sich gar nicht einig. Anfang Juli hatte Hofstetter mit seinem Auftraggeber, Alfred N. Schindler, Verwaltungsratspräsident des gleichnamigen Aufzugs- und Fahrtreppenherstellers, die rechtliche «Innovation» namens Opting-in vorgestellt: eine Klausel, die die Pflicht für ein öffentliches Übernahmeangebot unter gewissen Bedingungen (wenn ein Dritter 50% oder mehr der Aktien hält) wiederaufleben lassen soll.

An einer ausserordentlichen Generalversammlung am 11. August wollte Schindler die Klausel in die Statuten einbringen. Dort ist bereits die Opting-out-Klausel verankert, die ­einem Unternehmen erlaubt, die gesetzlich festgelegte Angebotspflicht, die ab einem Aktienanteil von einem Drittel gilt, für sich auszuschliessen.

«Lex Schindler» gemäss UEK nicht gesetzeskonform

Ein fünfköpfiger Ausschuss der Übernahmekommission unter dem Vorsitz von Präsident Luc Thévenoz hat nun der «Lex Schindler» einen Riegel geschoben. In einer fünfzehnseitigen Verfügung stellt sie fest, dass die von Schindler beabsichtigte Statutenänderung gegen das Börsengesetz verstosse. Die Absicht des Konzerns sei zwar «redlich und grundsätzlich begrüssenswert, geht sie doch in Richtung des Schutzes von Minderheiten». Doch die vorgeschlagene Lösung sei «systemfremd» und würde jeder Gesellschaft in einer ähnlichen Situation die Möglichkeit geben, sich ihr eigenes massgeschneidertes System zu schaffen.

Das Gesetz erlaube kotierten Gesellschaften zwar, einige Vorschriften zu modifizieren oder, eben mit dem Opting-out, völlig wegzubedingen. Doch es erlaube «keine massgeschneiderten Lösungen ausserhalb des recht­lichen Rahmens».

Hofstetter hatte gegenüber «Finanz und Wirtschaft» festgehalten, die Opting-in-Klausel sei rechtlich abgeklärt. In einer Stellungnahme betont das Unternehmen, die vorgeschlagene Statutenänderung sei das Ergebnis «sorgfältiger Abklärungen mit namhaften Aktienrechtsprofessoren». Der Entscheid der UEK sei nicht nachvollziehbar.

Anfechtung oder nicht?

Schindler kann innerhalb von fünf Börsentagen gegen die Verfügung Beschwerde bei der Eidg. Finanzmarktaufsicht Finma erheben. Der Verwaltungsrat hat heute Mittwoch eine Sitzung anberaumt. Er wird entscheiden, ob das Unternehmen den Entscheid anfechtet und ob die ausserordentliche Generalversammlung abgesagt oder eventuell verschoben wird.

Der Industriekonzern hatte Anfang Juli mit Blick auf den «Fall Sika» angekündigt, die Statuten mit der massgeschneiderten Klausel zu ergänzen. Geplant war, dass ein Aktionär, der 50% oder mehr des Aktienkapitals erwirbt, allen Aktionären und Inhabern von Partizipationsscheinen ein freiwilliges öffentliches Kaufangebot unterbreiten muss. Sonst könne er nicht als Aktionär mit Stimmrecht im Aktienbuch eingetragen werden.

Schindler ist wie Sika (SIK 3379 -1.17%) in Familienhand: Die Familien Schindler und Bonnard sowie Nahestehende halten mit 42% des Kapitals rund 70% der Stimmen. Der «Fall Sika» machte Schlagzeilen, weil die Familienaktionäre ihre Kontrollmehrheit Ende 2014 an Saint-Gobain (SGO 42.925 -0.34%) verkauften. Dabei liessen sie sich ihr Aktienpaket (16% des Kapitals, 53% der Stimmen) mit einer satten Prämie vergolden, während die Drittaktionäre leer ausgingen.

Die komplette Historie zu Schindler finden Sie hier. »

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