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15:57 Uhr - 26.01.2017

Vergütungen durchleuchtet

Für Geschäftsleitungen kotierter Schweizer Unternehmen wurden 2016 höhere Vergütungen bewilligt als 2015. Eigentliche Lohnerhöhungen gab es aber trotzdem meist nicht, wie eine Untersuchung zeigt.

Während der Generalversammlungssaison 2016 haben die Aktionäre der etwas über zweihundert SPI-Unternehmen für Vergütungen an die Geschäftsleitung für die Geschäftsjahre 2015/2016/2017 einen maximalen Gesamtbetrag von 2,18 Mrd. Fr. genehmigt. Das sind knapp 8% mehr als während der Generalversammlungssaison 2015 für die Geschäftsjahre 2014/2015/2016. Das zeigt eine Auswertung des auf Entlohnungsfragen spezialisierten Beratungsunternehmens HCM. Der Anstieg ist gemäss Axel May, Senior Partner bei HCM, «mehrheitlich getrieben durch Erweiterungen der Geschäftsleitung, Restrukturierungen oder Änderungen in der Bewertung von aktienbasierten Vergütungsinstrumenten».

Der Median der genehmigten Maximalbeträge der Vergütungen an die Geschäftsleitung stieg pro Unternehmen von 3,7 Mio. Fr. für das Geschäftsjahr 2015 auf 4,18 Mio. Fr. für das Geschäftsjahr 2016. Der Medianbetrag liegt genau in der Mitte zwischen höheren und tieferen Beträgen. Für das Geschäftsjahr 2017 beläuft sich die bewilligte Maximalsumme auf 4,14 Mio. Fr.

Erstmals liegen auch Zahlen vor, wie die genehmigten Beträge genutzt wurden: Von der bewilligten Summe von 3,7 Mio. Fr. wurden für das Geschäftsjahr 2015 tatsächlich 3,37 Mio. Fr. gewährt, wie aus den 2016 veröffentlichten Geschäftsberichten hervorgeht.

Zwei Extreme

Die Unternehmen nutzen die genehmigten Maximalbeträge aber stark unterschiedlich aus. So gewährte die Mess- und Kontrolltechnikgesellschaft Inficon (IFCN 414.5 0.12%) ihrer Geschäftsleitung im Geschäftsjahr 2015 nur gerade 22% der bewilligten Summe. Das andere Extrem ist Evolva (EVE 0.54 1.89%), ein Hersteller von Nahrungsmittelzusatzstoffen, die 106% des genehmigten Betrags zusprach. Solche Fälle seien aber eine Ausnahme, sagt May.

Unternehmen können höhere Vergütungen gewähren als bewilligt, indem sie auf den statutarisch vorgesehenen Zusatzbetrag zurückgreifen. Das geschieht etwa dann, wenn während eines Geschäftsjahres Mitglieder der Geschäftsleitung ausgewechselt werden und in der Folge höhere Vergütungen ausgerichtet werden müssen.

Ein Fragezeichen besteht aber immer noch dazu, welche Beträge die Geschäftsleitungen tatsächlich realisieren konnten und zur Verfügung hatten. Die realisierten Beträge können von den gewährten abweichen, je nachdem, wie sich der Wert von aktienbasierten Vergütungsinstrumenten zwischen Gewährungszeitpunkt und Auszahlungs- oder Ausübungszeitpunkt verändert.

Ventil für Aktionäre

Gemäss May drängen vor allem Stimmrechtsberater darauf, dass die Unternehmen nicht nur über gewährte, sondern auch über realisierte Vergütungen Auskunft geben. Das gebe eine bessere Sicht darauf, was Geschäftsleitungen wirklich erhalten hätten.

So heiss diskutiert die Höhe der Vergütungen für Führungskräfte in der Öffentlichkeit wird, so unumstritten sind sie bei den Aktionären an der Generalversammlung. Bei den bindenden Abstimmungen ergab sich 2016 beim Verwaltungsrat eine Zustimmungsquote von durchschnittlich 93%, bei der Geschäftsleitung von 92%. Interessant ist, dass bei den konsultativen Abstimmungen zu den Vergütungsberichten, in denen Unternehmen Philosophie, Mechanismen und Prozesse der Vergütungsentscheidungen darstellen, durchweg niedrigere Zustimmungsraten herausschauen – 2016 im Durchschnitt 87%.

Die durchschnittliche Lücke zwischen den Ergebnissen aus bindenden und konsultativen Abstimmungen beträgt gemäss HCM gut fünf Prozentpunkte. In immerhin 19% der SPI-Unternehmen beläuft sie sich aber auf mehr als zehn Prozentpunkte. May sieht in den diesen konsultativen Abstimmungen «ein Ventil für die Aktionäre», mit dem sie ihr Unbehagen über die Mechanismen hinter den zuvor bindend genehmigten Maximalvergütungen ausdrücken können.

Wichtige Stimmrechtsberater

Stark beeinflusst werden die Zustimmungsquoten bei Vergütungsthemen – insbesondere in konsultativen Abstimmungen – von den Empfehlungen der Stimmrechtsberater. «Unternehmen mit weniger Ablehnungsempfehlungen verzeichnen grundsätzlich höhere Zustimmungsraten», stellt May fest.

Welche Trends sieht May bei den Entlohnungssystemen in seiner Beratungspraxis? Ein erster Trend ist, dass der Anteil langfristiger Vergütungsinstrumente zunimmt. Damit soll dem durch Quartals- und Halbjahresberichte geförderten kurzfristigen Erfolgsdenken der Manager ein Riegel geschoben und ihr Fokus auf eine nachhaltige langfristige Unternehmensentwicklung gelenkt werden.

Ein zweiter Trend ist, dass Salärsysteme zunehmend von persönlichen Jahreszielen entkoppelt werden. Deren Erreichung werde immer mehr mit individuellen Entwicklungsmassnahmen – etwa dem Besuch von Fortbildungen – gefördert. Variable Vergütungsbestandteile würden stattdessen immer häufiger mit dem Geschäftserfolg des Unternehmens in Verbindung gebracht.

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