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12:18 Uhr - 09.03.2015

Siegen lernen heisst auch imitieren lernen

Mit seinen 32 Jahren verantwortet Jerry Huang das Marketing des Verbrauchergeschäfts von Huawei. Seine Methoden sind nicht immer orthodox, sein Erfolg aber gibt ihm recht.

Wenn Jerry Huang über Huawei spricht, hört man die Weisheit des langgedienten Angestellten – dabei ist er Anfang dreissig. Huang verantwortet für den chinesischen Konzern Huawei das Marketing für die Consumer Business Group, also den Teil des Unternehmens, der Smartphones, Tablets und Smartwatches für Verbraucher verkauft. Es ist der kleinere Teil der riesigen Huawei, die vor allem für ihr Netzausrüstergeschäft bekannt ist. Im jüngsten Bericht für das Geschäftsjahr 2013 lag der Konzernumsatz bei 239 Mrd. Yuan, also 35 Mrd. Fr. Der Consumer-Bereich steht für ein Viertel des Umsatzes – und für hohe Ambitionen. «Wir wollen ein Marktführer im Bereich der Wearables sein», erklärt Huang etwa ohne Wimpernzucken. Huawei hat gerade eine Smartwatch vorgestellt, nur wenige Tage bevor Apple (AAPL 126.6 0.15%) eine intelligente Uhr zeigt. Den 32-Jährigen ficht das nicht an. Ambitionen von Huawei, Apple oder Samsung (SMSD 448.1 -1.39%) würden Verbrauchern das Thema Smartwatch erst schmackhaft machen, sagt er, durch und durch Marketing-Mann.

Dabei hat Huang bei Huawei im Produktmanagement begonnen. Und ist mit dem Unternehmen gross geworden. 2005, im Alter von 22 Jahren, startete er seine Karriere im Industrial Design, später im weltweiten UMTS-Vertrieb. Er wechselte schnell auf die Managementseite. In Japan leitete er das Marketing- und Produktgeschäft, damals schon für die Verbrauchersparte. «Angestellte haben bei uns weltweit jede Menge Möglichkeiten», sagt er. Als er bei Huawei begann, zählte das Unternehmen 13 000 Beschäftigte, nicht viel für chinesische Verhältnisse. Inzwischen hat Huawei auf der ganzen Welt mehr als 100 000 Mitarbeiter. Huang weiss aber auch, dass der Erfolg mit Smartphones & Co. im Westen wahrlich kein Selbstläufer für das Unternehmen wird. «Viele Kunden assoziieren schlechte Qualität mit Produkten aus China», sagt er. «Wir müssen diese Einstellung der Klientel verbessern.»

Einen ersten Schritt zu besserem Ansehen hat Huang in Barcelona geleistet. Die Smartwatch, die Huawei zum Start des Mobile World Congress in der Hauptstadt Kataloniens vorgestellt hat, war der Überraschungsstar der Messe. Zwar gab es Uhren, die nicht nur die Zeit messen, sondern etwa E-Mails anzeigen, auch von LG oder Alcatel OneTouch. Doch damit, dass Huawei das Spielfeld betritt, hatten die wenigsten gerechnet. Mit der Uhr zielen die Chinesen ebenso wie Apple ins hochpreisige Segment. «Wir wollen, dass man unsere Smartwatch jederzeit trägt – genauso wie eine klassische Uhr», sagt Huang. Und so sieht die Huawei-Uhr einem klassischen Zeitmesser sehr ähnlich. Allzu viele Details allerdings lässt sich Huang nicht entlocken. Wie die gesamte Branche warten die Chinesen erst einmal darauf, was Apple Anfang nächster Woche zeigt.

Nicht nur Apple gibt für Huawei den Takt vor. Im Heimatmarkt China spürt Huawei den Erfolg von Xiaomi. Das Unternehmen gilt als Shootingstar unter den Handyherstellern – und verkauft Geräte nur online. Siegen lernen heisst im Reich der Mitte oft auch: imitieren lernen. Seit vergangenem Jahr also hat Huawei eine eigene Marke namens Honor, die nur über Online-Kanäle zu haben ist. Der Erfolg schlägt sich in den Zahlen nieder. Der Smartphone-Absatz von Huawei ist im vergangenen Jahr 45% auf 75 Mio. Stück gewachsen. In der Schweiz, so erklärt Huang, gibt es Honor über den virtuellen Laden von Digitec, in Kürze auch via Mobilezone (MOB 11.9 0.42%).ch.

Wenn der junge Manager berichtet, im elegant geschnittenen Anzug und mit Fitnessarmband, ist ihm die Begeisterung für die Produkte, aber auch für das Unternehmen anzumerken. Warum? «Huawei befindet sich zu 100% in den Händen der Angestellten», sagt er. «Jeder von uns sollte also stolz sein, beitragen zu können, das Unternehmen zu verbessern», erklärt Huang. Wieder ganz in seiner Rolle als Werbeprofi.

 

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