Die Vereinbarung zwischen EDF und den Kernaktionären von Alpiq enthält eine bislang unerwähnte Klausel.
Es erschien seltsam: Im laufenden Jahr dürfte die Stromproduzentin Alpiq (Alpiq 71 -0.98%) so schlechte Jahreszahlen schreiben wie wohl nie zuvor. Dennoch entscheidet sich die französische EDF ausgerechnet jetzt, ihr 25%-Paket an Alpiq abzustossen. Dabei ist die Erholung bereits absehbar: Ab 2021 werden Alpiqs Geschäftszahlen aufgrund der steigenden Strompreise wieder deutlich besser ausfallen. Der Aktienkurs bildet das jedoch nicht ab. Der Zeitpunkt für einen Verkauf könnte also besser sein.
EDF schien das nicht zu kümmern: Sie liess sich auf einen Deal mit anderen Kernaktionären von Alpiq und dem Infrastrukturfonds der Credit Suisse (CSGN 12.225 0.16%) ein. Diese kaufen dem französischen Staatskonzern die Titel für 70 Fr. ab, wie die Schweizer Vertragsparteien am Freitag mitteilten. Der Preis sorgte bei Beobachtern für Erstaunen, weil er so tief ist. Bei den Publikumsaktionären von Alpiq sorgte er für Ärger, denn sie sollen für ihre Titel ähnlich viel erhalten. Im Zuge der Transaktion will das Unternehmen nämlich ganz von der Börse gehen.
Einen entscheidenden Punkt erwähnten Alpiq und ihre Kernaktionäre jedoch weder in ihren Medienmitteilungen noch an der gemeinsamen Medienkonferenz am Freitag: Tatsächlich erhält EDF für ihre Titel wohl nämlich mehr als 70 Fr. Das geht aus der Mitteilung von EDF hervor, die ebenfalls am Freitag publiziert wurde, in der Schweiz bislang aber keine Beachtung gefunden hat. Darin heisst es: «Die Vereinbarung zum Kauf der Aktien beinhaltet mögliche Earn-out-Mechanismen.» Konkret bedeutet das: Sofern Alpiq in der kommenden Zeit gewisse Erfolgsgrössen erreicht, werden weitere Zahlungen an EDF fällig. Die Franzosen werden also sehr wohl vom absehbaren Aufschwung bei Alpiq profitieren.
Und die Publikumsaktionäre? Die Tatsache, dass ihnen diese Klausel verschwiegen wurde, lässt zumindest vermuten, dass es keine solchen Absichten gab. Mit Bekanntwerden der Klausel könnte der Druck aber steigen, auch den Publikumsaktionären mehr zu bieten als 70 Fr. Anleger sollten also unbedingt von einem Verkauf der Alpiq-Titel absehen. Selbst ein Kauf könnte sich noch lohnen. Spannend ist diesbezüglich, was genau in der Earn-out-Klausel steht und über wie viele Jahre Nachzahlungen anfallen würden. Dazu war am Dienstag nichts Weiteres in Erfahrung zu bringen.
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