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13:05 Uhr - 22.01.2016

Looser-VRP: «Müssen die Strategie anpassen»

Rudolf Huber, VR-Präsident und Interim-CEO der Looser Holding, sieht operativen wie strategischen Handlungsbedarf, wie er gegenüber FuW sagt.

Die Looser (LOHN 39 1.17%) Holding befindet sich in einer schwierigen Phase. Die breit diversifizierte Industriegruppe mit einem Jahresumsatz von rund 410 Mio. Fr. und einem Börsenwert von nur noch 150 Mio. Fr. leidet in besonderem Masse unter der Stärke des Frankens. Das haben die zur Wochenmitte publizierten Eckdaten zum vergangenen Geschäftsjahr wie erwartet zum Ausdruck gebracht. Doch die Probleme sitzen tiefer. Das zeigt sich auch darin, dass die Valoren der familienkontrollierten Gesellschaft seit längerem von Investoren verschmäht werden. Die Kursentwicklung seit Herbst 2006, als die Aktien von der Berner Börse an die SIX wechselten, ist katastrophal.

Per Ende vergangenen Jahres verringerte sich mit dem Verkauf der kleinen Einheit Temperierung zwar die Anzahl Bereiche auf drei. Doch das Portfolio bleibt heterogen: Das Segment Türen deckt vor allem die jeweiligen Heimmärkte der Marken, Deutschland und Polen, ab. Die Industrieleistungen umfassen Verkauf und Vermietung von Baumaschinen und Baucontainern, fast ausschliesslich in der Schweiz. Als drittes Segment kommt Beschichtungen hinzu, mit Lacken und Farben primär für Schreinereien und Möbelhersteller. Vor allem Beschichtungen leidet unter der Frankenstärke.

Industrieller CEO gesucht

Derzeit läuft eine Überprüfung der strategischen Ausrichtung, und die nächste Verwaltungsratssitzung steht kurz bevor. VR-Präsident Rudolf Huber, seit September auch CEO ad interim, dämpft im Gespräch mit «Finanz und Wirtschaft» aber die Erwartungen: «Wir werden voraussichtlich noch keine Entscheidungen treffen, sondern zunächst die wichtigsten Fragen erörtern, um eine Entscheidungsbasis zu schaffen.» Die neue Strategie werde im Juni stehen. Das sei ein realistischer Zeithorizont. Erst dann soll die Suche nach einem CEO beginnen. Für Huber steht jetzt schon fest: «Abhängig von der Strategie sieht das Stellenprofil für die operative Leitung der Gruppe anders aus. Bleibt es bei der heutigen Aufstellung des Portfolios, braucht es aus meiner Sicht weiterhin einen industriell geprägten Manager, der sich auskennt mit der Materie und Einfluss auf operative Entscheidungen nehmen kann.»

Es sieht aber nicht danach aus, dass gleich alles auf den Kopf gestellt wird. Huber erklärt, die Looser Holding solle eine mittelgrosse, diversifizierte Industriegruppe bleiben, die Aktivitäten in attraktiven Nischenmärkten hält und mit führenden Marktpositionen profitables Wachstum erzielt. «Das steht nicht grundsätzlich zur Diskussion. Fest steht aber auch, dass wir in den vergangenen Jahren die Ziele, vor allem was profitables Wachstum betrifft, nicht erreicht haben. Wir müssen besser werden und wir müssen strategische Anpassungen vornehmen.»

Huber gesteht ein, dass die Komplexität wegen der Unterschiedlichkeit der Geschäftsbereiche eine Herausforderung sei. Aus wie vielen Bereichen das Portfolio künftig bestehen soll, und welche Geschäftsfelder attraktiv sind und Erfolg versprechen, das seien die zentralen Fragen.

«Sind kein Sanierungsfall»

«Aber wir sind kein Restrukturierungs- oder Sanierungsfall. Wir sind solide finanziert, arbeiten aber einfach im Moment nicht so gut», führt er aus. Möglich ist vieles, sowohl der Verkauf einer weiteren Einheit als auch die Stärkung bestehender Geschäfte durch Zukäufe. Ohne dass etwas Konkretes ansteht – Huber sieht grundsätzlich die Möglichkeit, eine Übernahme im Bereich von 50 bis 100 Mio. Fr. zu finanzieren.

«An eine Kapitalerhöhung denken wir nicht», beruhigt der VR-Präsident. Der Verkauf der Einheit Temperierung habe 2015 zu einem Mittelzufluss von rund 20 Mio. Fr. geführt. Zudem generiere saisonal bedingt das zweite Halbjahr meist mehr Cash als das erste. Damit dürfte die Nettoverschuldung von zuletzt rund 119 Mio. Fr. per Ende 2015 unter 100 Mio. Fr. zu liegen kommen. «Es besteht also Raum für die Aufnahme von Fremdkapital», stellt Huber fest.

Unabhängig vom Portfolio besteht operativ Verbesserungspotenzial in den einzelnen Bereichen. Vor allem im Bereich Beschichtungen können nach Einschätzung Hubers die Prozesse noch verbessert und die Effizienz gesteigert werden. Die Produktion sei nach den Investitionen in den letzten Jahren auf modernstem Stand. Er ist der Ansicht, dass eine komplette Verlagerung ins Ausland da keinen Sinn mache. Im Bereich Industriedienstleistungen müsse die Nähe zum Kunden noch intensiviert werden, es sei mehr Flexibilität und Schnelligkeit nötig, denn durch die Frankenstärke habe sich die Konkurrenz aus dem grenznahen Ausland intensiviert. Und im Geschäft mit Türen sei die Ertragskraft nicht ausgeschöpft, die Margen dürften schon 2016 höher sein als im Vorjahr, erwartet Huber.

Im Rahmen der Strategieüberprüfung legt Huber Wert auf die Feststellung, dass das Verhältnis zwischen VR und Familie sehr gut sei. Die zwei Familienstränge der Gründer sind durch zwei Mitglieder im sechsköpfigen VR vertreten (Thomas Lozser und Marcella Looser-Paardekooper). «Die Familien sind damit voll integriert in die Tätigkeit des Gremiums, das Commitment der Familie ist sehr gross, der Dialog intensiv. Er gibt keine Konflikte zwischen den Familienaktionären und dem VR», beschreibt Huber die Situation. Über die Entwicklung des Aktienkurses sei selbstverständlich niemand glücklich, weder in der Familie noch im VR.

«Familien bringen sich ein»

Im Falle von strategischen Weichenstellungen sollten die beiden Verwaltungsräte der Familien ein Gefühl dafür haben, wie die Familien jeweils etwa einen Verkauf eines Geschäftsbereiches oder eine Akquisition beurteilen würden. Die Familien können sich wie alle anderen Aktionäre einbringen. Am Schluss muss dann der Verwaltungsrat entscheiden, konstatiert Huber. «Aber ich glaube nicht, dass die Familienaktionäre Vorbehalte gegen strategische Änderungen haben», schliesst er.

Looser kam im Herbst 2006 von der Berner Börse an die SIX. Aus Sicht der Publikumsaktionäre ist es höchste Zeit, dass der sechsköpfige Verwaltungsrat das Ruder herumreisst und die Wende zum Besseren schafft. Sonst rückt die Industriegruppe Looser immer näher in den Kreis jener Gesellschaften, für die sich mangels Masse und Perspektiven eine Notiz an der SIX immer weniger lohnt.

 

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