Der Chef von Leonteq, Jan Schoch, spricht im FuW-Interview über die Fehler, die der Derivatspezialist 2016 gemacht hat, und erklärt, warum er in Zukunft Macht abgeben will.
Leonteq (LEON 33.95 -6.6%) hat erwartungsgemäss ein schlechtes Jahr hinter sich. Jan Schoch, CEO des Unternehmens, sagt im Interview, wie es dazu gekommen ist und dass es erst noch schlimmer werden könnte, bevor die Aktionäre wieder eine Dividende sehen.
Herr Schoch, 2016 verzeichnet Leonteq erstmals einen Gewinnrückgang. Dem nicht genug: 2017 könnten Sie sogar Verlust machen?
2017 könnte ein Verlustjahr werden. Wir hatten einen schwachen Start, unser Ertrag mit strukturierten Produkten ist zurückgegangen. Die bestehenden Kostenreduktionen reichen allein nicht aus, um ein profitables Jahr zu haben, wenn sich der Ertrag nicht verbessert.
Die Aktionäre müssen sich also nach 2016 auch für 2017 auf eine Nulldividende einstellen?
Das ist heute natürlich noch offen, die Dividende für 2017 wird der Verwaltungsrat zur Generalversammlung 2018 vorschlagen. Grundsätzlich aber müssen wir erst auf den Gewinnpfad zurückfinden, um wieder eine Dividende ausschütten zu können.
Welche Fehler haben Sie gemacht?
Es waren auch Einschätzungsfehler. Wir sind davon ausgegangen, dass sich die Partnerschaften schneller entwickeln würden und dass wir die Restriktionen bei manchen Partnern schneller lösen würden. Zusammen mit einer Verschlechterung des Marktumfelds Ende 2016 hat dies zu einem Ertragsrückgang geführt. Zusätzlich haben wir höhere Kosten, weil wir 2016 weiter Personal eingestellt und in Wachstumsprojekte investiert haben.
Bei der Gewinnwarnung im Dezember präsentierten Sie zusätzlichen Kosten für Personal, Räumlichkeiten und ehemalige Geschäftsleitungsmitglieder. Diese Sondereffekte müssen Ihnen doch schon am Investorentag im November bekannt gewesen sein.
Das meiste war absehbar. Aber die Gewinnwarnung lag nicht an den Kosten, sondern am Umsatzertrag. Der ist in den Wochen nach dem Investorentag rund 70% eingebrochen. Entsprechend mussten wir die Gewinnwarnung herausgeben.
Damals sagten Sie, Leonteq wolle 10 Mio. Fr. einsparen. Jetzt kommen nochmals 18 Mio. hinzu. 2017 sollen die Kosten aber erst noch einmal steigen. Wieso?
2017 senken wir bereits die Kosten, haben aber auch zusätzliche einmalige Faktoren. Diese fallen auch an, um die Kostensenkungsmassnahmen einzuführen. Beispielsweise wollen wir nicht mehr benötigte Bürofläche in Zürich, London und Singapur untervermieten oder selbst in kleinere Räumlichkeiten umziehen. Eine substanzielle Kostensenkung werden wir dadurch erst 2018 sehen.
Bauen Sie nochmal Stellen ab?
Das werden wir in den nächsten Wochen entscheiden. Klar ist: Wir werden flexible Arbeitszeitmodelle einführen und sparen bei Räumlichkeiten, Werbung und Spesen.
Wie wollen Sie andererseits den Ertrag steigern?
Erstens werden wir vermehrt mit Partnern zusammenarbeiten, die von ihrer Bilanz her weniger Restriktionen haben, grosse Produktvolumen zu emittieren. Zweitens werden wir auch die bestehenden Partner besser dabei unterstützen, einen breiteren Produktmix herauszugeben. Und drittens fokussieren wir stärker auf Partner, die die Produkte selbst vertreiben. Unser neuer Partner Crédit Agricole (ACA 11.485 0.61%), der erheblich grösser ist als andere Partner, ist dafür ein gutes Beispiel.
Ist das die Zukunft? Grosse Partner, die grosse Volumen und einen breiten Produktmix selbst vertreiben?
Wir schätzen alle unsere Partner, aber bei weniger Restriktionen lässt sich unser Geschäft besser umsetzen. Das sind unsere Wunschpartner.
Gehört dazu auch PostFinance? Im Markt geht das Gerücht um, die Bank könnte der nächste Partner sein.
Wir können uns nicht zu Spekulationen äussern.
Sie verkleinern die Geschäftsleitung von elf auf sechs Mitglieder, zusätzlich bekommen Sie einen Stellvertreter. Ist das eine Konzession an einige Investoren, die Sie am liebsten von der Leonteq-Spitze weghaben wollen?
Wir hören unseren Investoren zu – allen. Es hat auch bei mir eine Reflexion stattgefunden. Deswegen habe ich dem Verwaltungsrat vorgeschlagen, den Posten eines stellvertretenden CEO zu schaffen. Wir müssen die Firma richtig aufstellen – inklusive mir selbst. Das verlangt drastische Massnahmen, die wir getroffen haben. Wir haben die Kritik im Markt gehört und sie oft als berechtigt wahrgenommen. Wie wir aber die Verbesserung herbeiführen, das lässt sich die Geschäftsleitung nicht von aussen vorschreiben, das haben wir selbständig entschieden.
Wie werden Sie sich die Arbeit mit Ihrem Vize aufteilen?
Ich werde mich auf die Beziehungen zu unseren bestehenden und zukünftigen Partnern und Kunden fokussieren. Zusätzlich werde ich mich um die zukünftige Strategie kümmern. Der Deputy CEO wird sich um rückwärtige, interne Bereiche kümmern; um welche genau, das hängt dann auch von der Person ab.
Ist diese Person schon bestimmt?
Sie steht noch nicht fest. Es wird aber eines der fünf Geschäftsleitungsmitglieder sein.
Vor der Gewinnwarnung im Dezember wurde die Leonteq-Aktie in auffallend hohen Volumen gehandelt. Gab es eine Untersuchung?
Grundsätzlich dürfen wir uns zu eventuellen Anfragen von Regulatoren nicht äussern und tun dies auch nicht. Die Geschäftsleitung hat im fraglichen Zeitraum keinerlei Handel betrieben. Seit 1. Dezember bis 10. Februar gilt zudem unsere Black-out-Periode, in der Leonteq-Aktien generell von Mitarbeitern nicht gehandelt werden dürfen. Wir haben eine sehr restriktive Politik, was den Handel der Mitarbeiter mit der eigenen Aktie anbelangt.
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