Der bekannte US-Ökonom mahnt, dass die Notenbanken ihre Bilanzen zurückfahren müssen.
Der Druck auf die Zentralbanken, ihre Politik zu normalisieren, steigt immer mehr. Einen Tag nachdem die OECD die führenden Notenbanken dazu aufgefordert hat, stösst der renommierte Ökonom John Taylor ins gleiche Horn.
Es sei besonders wichtig, dass die Zentralbanken ihre Bilanzen normalisieren, sagte er am Donnerstagabend an einem Vortrag an der ETH Zürich. Das müsse weltweit geschehen und in vorhersehbaren, kleinen Schritten. Taylor sprach auf Einladung der Schweizerischen Nationalbank.
Er ging dabei dem häufig geäusserten Vorwurf nach, dass die Notenbanken mit ihren unkonventionellen geldpolitischen Massnahmen, die sie vor knapp zehn Jahren eingeführt haben, in erster Linie einen Abwertungswettlauf betreiben würden.
Der Ökonom Allan Meltzer hatte ihn vergangenes Jahr an der Zentralbankenkonferenz in Jackson Hole der versammelten weltweiten Notenbankelite an den Kopf geworfen.
Taylor präsentierte dazu alte und neue Forschungsergebnisse. Ihr Ergebnis: Meltzer hatte weitgehend recht.
Geldpolitische Kettenreaktion
Nachdem die grosse Rezession 2008 ausgebrochen war, senkten die führenden Notenbanken die Leitzinsen. Dass dies mehr oder weniger gleichzeitig geschah, lasse darauf schliessen, dass sie damit auf einen gemeinsamen Schock reagierten.
Taylor zitiert jedoch wissenschaftliche Untersuchungen, die zu dem Ergebnis kommen, dass die Notenbanken in ihrem Handeln tatsächlich einander folgten.
Das sei geschehen, um die Wechselkurseffekte, die die Zinssenkung in einem Land auf die Währung eines anderen Landes auslöste, auszugleichen. Der Überlaufeffekt der Geldpolitik habe sich durch dieses Handeln, das an eine Kettenreaktion erinnert, noch verstärkt, sagt Taylor.
Dieser Mechanismus lässt sich auch für die Bilanzerweiterung über Wertpapierkäufe resp. quantitative Lockerung (QE) nachweisen. In einer Modellrechnung ermittelt Taylor Koeffizienten, die bestätigen, dass zwischen der Bilanzverlängerung und den Wechselkursen ein eindeutiger Zusammenhang besteht.
Fährt beispielsweise Japans Notenbank die Sichtguthaben der Banken auf der Passivseite der Bilanz nach oben, wertet sich der Yen zum Dollar ab. Geht die US-Notenbank entsprechend vor, steigt der Yen zum Dollar, etc.
Für Taylor steht fest, dass die Zunahme der Wechselkursvolatilität in den letzten Jahren auf die quantitative Lockerung der Notenbanken zurückzuführen ist. Auch die Volatilität der internationalen Kapitalströme sei als Folge davon gestiegen.
Zurück zu einer regelbasierten Politik
Notenbanken müssten daraus die Konsequenzen ziehen. Am besten wäre es, wenn sie zu einer auf klaren Regeln basierten Politik übergingen. Jedes Land müsse die erforderlichen geldpolitischen Leitlinien definieren und kommunizieren. Die Öffentlichkeit werde ihre Politik daraufhin besser verstehen. Die Zeit, das geldpolitische Konzept zu reformieren, sei gegenwärtig günstig.
Zunächst müsse auf internationaler Ebene damit begonnen werden, die Geldpolitik zu normalisieren. Nicht nur die in den USA, auch in der Eurozone und Japan.
Taylor plädiert dafür, die Bilanzen so weit abzubauen, dass die Bankreserven wieder zu einer manövrierfähigen Masse für die Zinspolitik werden. Gegenwärtig sei das nicht der Fall. Zinspolitik und Bilanzpolitik würden unabhängig voneinander betrieben.
Die Geldpolitik solle hingegen idealerweise zu ihrem ursprünglichen Zustand zurückkehren: Wenn das Fed den Leitzins senken möchte, genügt es, die Bankreserven heraufzufahren, so erreicht es über ein gesundes Angebots-Nachfrage-Verhältnis den erwünschten Zinseffekt. Aber bis dahin ist noch ein weiter Weg zurückzulegen.
John B. Taylor ist Professor an der Stanford University in Kalifornien.
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