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07:18 Uhr - 17.04.2020

Historischer Einbruch von Chinas Wirtschaft

Das chinesische Bruttoinlandprodukt ist in den ersten drei Monaten 6,8% geschrumpft. Die Erholung ist langsam.

Chinas Bruttoinlandprodukt (BIP) ist im ersten Quartal 2020 gegenüber der Vorjahresperiode 6,8% geschrumpft. Das ist der grösste Rückgang seit das BIP vor 28 Jahren erstmals vierteljährlich vom Gemäss Daten des Nationalen Statistischen Büros erfasst wurde.

Pandemie und Handelskrieg bremsen

Die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt hat in den vergangenen Monaten nicht nur mit voller Wucht die Folgen der Covid-19-Pandemie zu spüren bekommen. Sie leidet auch unter der seit beinahe zwei Jahren anhaltenden schwächeren externen Nachfrage unter anderem infolge von Handelsstreitigkeiten.

Nachdem Ende 2019 das neuartige Virus in der zentralchinesischen Wirtschaftsmetropole Wuhan ausgebrochen war, ordnete Peking in den folgenden Wochen zur Eindämmung der Epidemie landesweit die Schliessung von Fabriken, Transportverbindungen oder auch Einkaufszentren an.

Der Umsatz des Einzelhandels brach im ersten Quartal 19% ein, während die Sachinvestitionen 16,1% zurückgingen. Die Industrieproduktion ist in demselben Zeitraum 8,4% gefallen. In den ersten drei Monaten 2020 hat sich das BIP gegenüber dem Vorquartal 9,8% zurückgebildet.

Vorsichtiger Optimismus

Daten vom März weisen allerdings auf das allmähliche Erreichen der konjunkturellen Talsohle hin. Während etwa der von den verarbeitenden Industrien erwirtschaftete Mehrwert in den ersten zwei Monaten noch 13,5% zurückgegangen ist, ist er im März nur noch 1,1% geschrumpft. Die Immobilienpreise sind im März gegenüber Februar 0,1% gestiegen.

Die allmähliche Normalisierung ist die Folge des in den vergangenen sechs Wochen von der Regierung angeordneten schrittweisen Ausstiegs aus dem landesweiten Lockdown. «Wir erwarten, dass sich die Erholung in den BIP-Daten vom zweiten Quartal niederschlagen wird», meint Louis Kuijs, der Asienökonom von Oxford Economics, in einem Kommentar.

Doch er warnt angesichts der zurückhaltenden Kauffreude der einheimischen Konsumenten wie auch der schwachen Exporte gleichzeitig auch vor zu übergrossen Erwartungen. Er geht davon aus, dass das BIP erst im vierten Quartal deutlich zulegen wird.

Arbeitslosigkeit als Gefahrenherd

Gemäss Schätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) vom Dienstag wird Chinas Wirtschaft im laufenden Jahr 1,2% wachsen. Das wäre das schwächste Plus seit 1990, als das BIP gemäss Daten der Weltbank infolge eines vorangegangenen massiven Inflationsschubs und gleichzeitiger politischer Unruhen 3,9% schrumpfte. 2019 expandierte die mittlerweile weltweit zweitgrösste Volkswirtschaft 6,1%.

Chinas Arbeitslosenquote ging im März leicht zurück, auf 5,9%, nachdem sie im Februar noch 6,2% betragen hatte. Die Zentralregierung hat vor allem aus Sorge um die soziale und damit auch die politische Stabilität unterstützende Massnahmen für kleinere und mittelgrosse Unternehmen eingeleitet. Angesichts der anhaltend angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt gehen Ökonomen des japanischen Finanzhauses Nomura davon aus, dass Peking in den kommenden Wochen ein grösseres Wachstumspaket ankündigen wird.

Unzuverlässige Daten

Gemäss Angaben des Ministeriums für Industrie und Information vom 15. April haben mittlerweile 84% aller kleineren und mittelgrossen Unternehmen ihre Produktion wieder aufgenommen. Im Falle von grösseren Konzernen sind es über 90%. Das sagt allerdings wenig über die Auslastung der Fabriken aus.

Wie immer sind offizielle chinesische Statistiken mit Vorsicht zu geniessen. Es gab wiederholt Fälle, dass gerade  Provinzregierungen übertrieben Wachstumsraten an das Nationale Statische Büro lieferten.

So gab es im März kurz nach Ankündigung des Anfang des Lockdown-Endes vereinzelte Meldungen, dass staatliche Konzerne ihre auf Hochtouren gestellten Maschinen leer laufen liessen. Damit sollte die in der Erfassung des BIP wichtige Stromproduktion wohl ein höheres Wirtschaftswachstum vortäuschen.

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