Der Backwarenhersteller verzeichnet im dritten Quartal weniger Umsatz und muss warnen, dass der Gewinn noch tiefer ausfallen wird als zuletzt prognostiziert.
Es ist die zweite Warnung vor einem Gewinneinbruch innerhalb von vier Monaten. Der kriselnde Backwarenhersteller Aryzta (ARYN 15.87 -23.59%) muss mitteilen, dass das Betriebsergebnis auf Stufe Ebitda im Geschäftsjahr 2018, das Ende Juli schliesst, 9 bis 12% tiefer ausfallen werde als zuletzt noch erhofft. Das bedeutet konkret, der Ebitda dürfte in dieser Periode alles in allem bis zu 30% einbrechen. Die Aktien haben nach Handelseröffnung zum Vortag bis fast ein Drittel verloren, womit sie allein in diesem Jahr schon mehr als 60% im Minus liegen.
Verlust an Glaubwürdigkeit
Das Kursdesaster zeigt an, dass die neue Führung um Verwaltungsratspräsident Gary McGann und CEO Kevin Toland bereits ein beträchtliches Mass an Glaubwürdigkeit eingebüsst hat. Beunruhigend ist zudem die jüngste Umsatzentwicklung, über die der Backwarenhersteller ursprünglich erst nächste Woche informieren wollte: Im dritten Quartal des Geschäftsjahres sank der Umsatz auf organischer Basis 1,2%. Effekte aus Veräusserungen in Höhe von 8,9 Prozentpunkten und aus Währungsveränderungen in Höhe von 6,7 Prozentpunkten mitberücksichtigt, ergab sich ein Rückgang von 16,8%.
Die Begründungen für die rückläufige Entwicklung von Umsatz und Ebitda sind die gleichen, wie sie früher im Jahr schon erwähnt wurden: In Europa ist Aryzta von vermehrtem Insourcing betroffen, bisherige Kunden holten und holen die Produktion zu sich zurück. Dazu kommen schwache Konsumausgaben in Grossbritannien und anhaltend hohe Butterpreise. In der Amerika drücken höhere Distributions- und Lohnkosten auf das Ergebnis.
Was kostet das Sparprogramm?
Die Unternehmensführung hat nun ein Sparprogramm angekündigt, mit dem die Kosten über die nächsten drei Jahre 200 Mio. € gesenkt werden sollen. Was auffällt: Die Anlagen- und Kostenbasis soll damit an das aktuelle Umsatzniveau angepasst werden – was impliziert, dass man nicht mehr mit markantem Wachstum rechnet. Die vormalige, Ende März 2017 abgesetzte Führung hatte jeweils noch darauf hingewiesen, dass mit bestehenden Kapazitäten 1 Mrd. € mehr Umsatz drinliege. Insofern sich solche Kapazitäten nicht auslasten lassen, werden sie aber zu einer Belastung.
Was ebenfalls auffällt: Die Führung will nicht sagen, was das Sparprogramm an Kosten verursacht. Insbesondere die cashwirksamen Kosten wären von Interesse. Denn Aryzta ist finanziell schwer angeschlagen: Per Ende Januar betrugen die Nettoschulden das 4,2-Fache des relevanten Ebitda. Mit den Banken wurde vereinbart, dass dieses Verhältnis per Ende Juli nicht mehr höher als 4 und per Ende Juli 2019 nicht mehr höher als 3,5 sein darf. Es stellt sich die Frage, ob Aryzta die Kreditklausel wird einhalten können.
Verletzung der Kreditklausel möglich
Zuletzt standen die Nettoschulden auf 1,62 Mrd. €. Mit der jüngsten Warnung ist davon auszugehen, dass der Ebitda im laufenden Geschäftsjahr auf noch 295 bis 305 Mio. € zu liegen kommt. Auf dieser Basis würde sich das angesprochene Verhältnis auf deutlich über 5 stellen – was eine markante Verletzung der Kreditverpflichtungen bedeutete. Aryztas Management hat allerdings in Aussicht gestellt, die Schulden auch über Veräusserungen zu reduzieren. Es bestätigt nun, dass das Programm dazu «auf Kurs» sei. Allerdings will es selbst auf Nachfrage den früher genannten Zielwert nicht wiederholen: Wie noch im März bestätigt, wollte es im laufenden Geschäftsjahr aus Veräusserungen eigentlich Mittel von über 450 Mio. € hereinholen, bis dato wurden Einnahmen von 140 Mio. € realisiert.
Ein gewichtiger Brocken wäre der Verkauf der umstrittenen 49%-Beteiligung am französischen Tiefkühlspezialisten Picard, der geschätzt rund 300 Mio. € einbringen könnte, wenn es gut läuft. Dass sich Aryzta soeben, nach vergangenem Dezember, eine zweite Sonderdividende von Picard hat auszahlen lassen, weckt aber Zweifel, dass bald ein Verkaufserfolg gemeldet werden kann. Es macht auch einen hilflosen Eindruck, wenn das Management herausstreicht, dass die Ausschüttungen von Picard «die Bilanz stärken». So beläuft sich die aktuelle resp. die zweite Sonderdividende für Aryzta auf rund 38 Mio. €, was bei einer milliardenhohen Verschuldung ein recht kleiner Betrag ist.
Eindruck der Hilflosigkeit
«Finanz und Wirtschaft» hat immer wieder betont, dass eine Kapitalerhöhung zur finanziellen Restrukturierung sinnvoll wäre. Das Management hat davon jeweils Abstand genommen. Mit dem Kurszerfall wird eine Kapitalerhöhung allerdings zusehends problematisch, weil die Verwässerung des Gewinns je Aktie immer stärker ausfallen würde. So bleibt die Erkenntnis, dass Aryzta selbst verschuldet in einen Teufelskreis geraten ist, aus dem schwer herauszufinden ist und dessen Ende sich nicht voraussagen lässt. Darum ist der Rat weiterhin: fernhalten von den Aktien und den Anleihen.
Die komplette Historie zu Aryzta finden Sie hier. »
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